26 - Die Sklavenkarawane
Dein Feuer ist zu hell. Komm her zu mir!“
Der Posten wäre dieser Aufforderung gewiß nicht gefolgt; aber jetzt kam ihm auch die Stimme bekannt vor. Er machte eine Bewegung der Überraschung, ließ sein Gewehr fallen und sagte: „Allah schütze mich! Stehen die Toten auf? Bist du es wirklich, Onbaschi?“
„Ja, ich bin es.“
„Oder ist's dein Gespenst!“
„Nein; ich lebe. Fürchte dich nicht!“
„Aber du bist doch tot, ertrunken im Fluß und gefressen von den Krokodilen!“
„Fällt mir gar nicht ein! Ich bin mit Absicht in den Fluß gefallen. Jetzt habe ich dir etwas zu sagen, was für dich sehr wichtig und vorteilhaft ist. Aber wenn ich zu dir an das Feuer komme, könnte mich der andre Posten sehen.“
„O, ihr Propheten und Kalifen! Es geschehen noch Zeichen und Wunder! Der Onbaschi lebt; er ist nicht gestorben!“
„Schrei nicht so! Es ist nicht nötig, daß man hört, daß du mit jemand sprichst!“
Der Mann kam langsam und zögernd näher. Er traute doch nicht recht. Er war abergläubisch und hatte große Angst vor Geistern und Gespenstern. Er betrachtete den Onbaschi, ergriff ihn am Arm, drehte ihn herum, so daß er selbst mit dem Rücken gegen Schwarz zu stehen kam, und sagte dann aufatmend: „Allah sei Dank! Es ist kein Gespenst, sondern du bist es wirklich! Aber, Mann, sag mir doch, weshalb du ins Wasser gesprungen bist!“
„Aus Klugheit. Ich wollte fort von hier.“
„Fort von uns, die wir herrlich und in Freuden leben? Das nennst du Klugheit? Sind dir denn deine Gedanken – – –“
Er konnte nicht weitersprechen, denn Schwarzens Hände legten sich in diesem Augenblick so fest um seinen Hals, daß ihm der Atem verging.
„Binden!“ raunte der Deutsche den darauf wartenden Asakern zu, indem er den Überraschten noch weiter vom Feuer weg in die Dunkelheit hineinzog.
Sie kamen herbei und fesselten den Mann, welcher dann niedergelegt wurde. Nun erst nahm ihm Schwarz die Hände vom Hals, zog sein Messer, beugte sich über ihn, setzte ihm die Spitze desselben auf die nackte, unbekleidete Brust und drohte: „Sag kein lautes Wort, sonst ersteche ich dich!“
„Allah – – – Allah – – –“ hauchte der Gefangene nach Atem schnappend. „Überfallen, überfallen – – – betrogen von meinem eigenen Unteroffizier!“
Dieser letztere war weggetreten, um die zu erwartenden Vorwürfe nicht anhören zu müssen.
„Beruhige dich!“ antwortete Schwarz. „Ich beabsichtige nicht, dir Böses zu tun. Gehorchst du meinem Befehl, still zu sein und nicht zu rufen, so wird dir nichts geschehen. Erhebst du aber deine Stimme auch nur so laut, daß sie an deinem eigenen Feuer gehört werden kann, so wird der Mann, den ich hier lasse, dir das Messer augenblicklich in das Herz stoßen. Das merke dir!“
„Wer bist du denn, und was wollt ihr hier?“
„Das geht dich nichts an. Also wirst du schweigen, oder soll ich dir etwa einen Knebel in den Mund stopfen?“
„Nein, nein, da könnte ich ersticken! Ich schweige; ich sage kein Wort, keine einzige Silbe!“
„Das rate ich dir, dein Leben hängt an einem dünnen Haar!“
Nun setzte sich ein Asaker an das Feuer, ganz so, wie vorhin der Posten an demselben gesessen hatte. Ein zweiter Soldat kauerte sich bei dem im Dunkeln liegenden Gefangenen nieder und zog sein Messer, um es zum tödlichen Stoß bereitzuhalten. Ihm sagte Schwarz: „Schicke ich dann den Boten, so löst du ihm die Fesseln von den Füßen, daß er gehen kann, und bringst ihn zu mir. Aber an den Händen bleibt er gebunden, damit er dir nicht entkommen kann. Läßt du ihn fliehen, so ist es um dich selbst geschehen. Jetzt weiter!“
Nun kam Pfotenhauer mit den übrigen achtzehn herbei und sagte leise: „Das haben S' gut g'macht! Wann's bei den andern ebenso g'lingt, so können wir zufrieden sein!“
Da antwortete der ‚Vater der elf Haare‘ leise, aber in hörbar wegwerfendem Tone: „Hatt Sie dachte, daß es nicht kann gelungte? Herr Doktor Schwarz hatt beweiste schon bei Gelegenheiten, öfteren, daß er gekonnte anschleichte alle Feinde, seinige und unsrige mit Sicherheit, elegant und komfortabel.“
„Komfortable Sicherheit! Auch nit übel!“ brummte der Graue.
„Still!“ bat Schwarz. „Nicht etwa gar jetzt zanken!“
„Fällt mir gar nit ein!“ antwortete Pfotenhauer.
Der Onbaschi wollte auf das wohlverdiente Lob nicht verzichten und fragte: „Wie habe ich meine Sache gemacht, Effendi? Bist du mit mir zufrieden?“
„Sehr! Wenn
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