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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist bei euch Sitte?“
    „Ja.“
    „Und vorhin sagtest du, daß das Fell des Besiegten dem Sieger gehöre?“
    „Ja. Wenn aber mehrere Sieger vorhanden sind, so bekommt es der vornehmste. Der bin ich, und die Felle dürfen ja nicht zerschnitten werden.“
    „Sonderbar! Du bist also auch ein Sieger?“
    „Natürlich! Oder war ich etwa nicht auch zugegen?“
    „Und sogar der vornehmste der Sieger bist du?“
    „Ja, denn ich bin Scheik.“
    „Da irrst du außerordentlich, du weißt doch, was ich bin?“
    „Ja, ein Effendi.“
    Er sagte das in ziemlich wegwerfendem Ton.
    „Der Effendi gibt es sehr verschiedene“, erklärte Schwarz. „Es stehen Hunderte von Effendis unter mir, deren niedrigster weit mehr ist und weit mehr weiß, als du weißt und bist. Der vornehmste der Sieger bin also ich! Und übrigens hast du nicht das geringste Recht, dich Sieger zu nennen. Du schimpfst diese Tiere, aber was ist dein Mut gewesen, verglichen mit dem ihrigen! Als du ihre Stimmen hörtest, wolltest du fliehen.“
    „Das war ein Scherz. Ich bin doch geblieben.“
    „Ja, als ich dir sagte, daß die Flucht gefährlich werden könne, und weil du hörtest, daß ich mit dem Löwen kämpfen wolle. Als dann der ‚Herr mit dem dicken Kopf‘ kam, hast du dich mit den Deinigen verkrochen, und selbst dann, als die Tiere tot waren, hast du dich erst dann in ihre Nähe gewagt, als das Feuer wieder brannte und du dich überzeugt hattest, daß die Gefahr vorüber sei.“
    „Effendi, willst du mich beleidigen?“
    „Nein; ich will dich nur vor Überhebung warnen und vor unrechtlichen Eingriffen in das Eigentum andrer. Es sind nur drei, denen diese Löwen gehören, die drei, welche gekämpft haben, nämlich ich, Hadschi Ali und Ibn el Dschidri. Kein andrer hat etwas mit den Trophäen zu schaffen.“
    „Das dürfen wir andren nicht zugeben. Magst du ein Effendi aller Effendis sein, du bist doch nur ein Giaur, der kein Recht unter uns besitzt. Wir sind Moslems und nehmen die Felle. Und weigerst du dich, so – – –“
    Er hielt inne.
    „So – – – nun, was wird dann?“
    „So werden wir dich zwingen!“ antwortete der Scheik in drohendem Ton, indem er eine Bewegung mit der Hand machte, in welcher er das Messer noch hielt.
    Da trat Schwarz nahe an ihn heran, legte ihm die Hand auf die Achsel und sagte: „Ihr habt euch vor dem Löwen versteckt, und wir haben ihn besiegt. Meinst du wirklich, daß wir uns vor euch fürchten, die Angst vor dem hatten, den wir erlegten? Wenn ihr nicht augenblicklich die Messer einsteckt, so schieße ich euch sofort nieder!“
    Er zog einen Revolver hervor, und in demselben Moment verschwanden alle Messer.
    „Und noch etwas will ich dir sagen“, fuhr er fort; „du hältst deine Religion für die richtige und ich die meinige. Jeder hat das Recht und sogar die Pflicht, dies zu tun; darum versuche ich es nicht, deine Meinung zu bekämpfen, am allerwenigsten aber werde ich dich ob derselben schmähen. Dasselbe kann und muß ich auch von dir verlangen. Nennst du mich noch einmal einen Giaur, so beantworte ich diese Beleidigung damit, daß ich dir meine Kamelpeitsche über das Gesicht ziehe und du die Narbe dann zeitlebens zu deiner Schande zu tragen hast! Verlasse dich darauf; ich halte mein Wort!“
    Einem Beduinen Schläge anzubieten ist die denkbar größte Beleidigung. Der Scheik fuhr zurück; seine Leute murrten.
    „Effendi“, rief er, „weißt du, was du sagst?“
    „Ja, ich weiß es, und was ich sage, das tu ich auch. Du nanntest mich Giaur, und ich drohte dir dafür mit der Peitsche. Wir sind also quitt. Sorge nun dafür, daß die Rechnung nicht wieder von neuem beginnt, und wage es nicht, diese Löwen, an denen du keinen Anteil hast, wieder anzurühren! Wir werden sie hinüber an unser Feuer schaffen; ihr mögt hier bei dem eurigen bleiben, wie es vorher gewesen ist, ehe euch die Angst von demselben verscheuchte.“
    Mußte schon die hohe, breite Figur des Deutschen den schmächtigen Araber imponieren, so gab sein Auftreten ihnen überdies zu erkennen, daß er ihnen nicht nur körperlich überlegen sei. Keiner von ihnen wagte, noch ein Wort zu sagen. Sie zogen sich zurück, bis der Platz am Feuer frei war; dann setzten sie sich an dasselbe nieder. Was sie dort leise sprachen, hörten die andern nicht; aber die Blicke, welche sie nach dem zweiten Lagerplatz warfen, ließen vermuten, daß sie über kein freundliches Thema verhandelten.
    Die acht Dschellabi, welche sich zu Schwarz

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