26 - Die Sklavenkarawane
gepackt.
Er riß sich von dem verendenden Tiere los, gar nicht darauf achtend, daß ein Stück Fleisch im Rachen desselben zurückblieb, und flog davon. Die Araber zeterten vor Wut und rannten ihm nach. Die Eile erlaubte ihnen nicht, von ihren Gewehren Gebrauch zu machen. Sie hätten stehenbleiben müssen, um zu zielen, und dabei nur Zeit verloren. Aber ihre Pistolen rissen sie heraus und drückten sie auf den kaum zwanzig Schritt vor ihnen befindlichen Neger ab. Ob eine Kugel getroffen hatte, war nicht zu ersehen, denn Lobo rannte weiter.
Aber er war matt bis auf den Tod, und sie besaßen noch ihre vollen Kräfte. Sie kamen ihm immer näher. Er sah sich nach ihnen um und bemerkte dies. Doch lieber zu den Krokodilen, als ihnen in die Hände fallen und zu Tode gepeitscht werden! Er lenkte also nach links ab, dem Ufer des Flusses zu.
Dieser machte hier eine Krümmung, an deren konkaver Seite die unmenschliche Hetze vor sich ging. Lobo erreichte das Wasser und warf sich, einen Todesschrei ausstoßend, hinein. Es spritzte hoch über ihn auf.
Wenige Augenblicke darauf langten seine Verfolger an derselben Stelle an. Sie blieben halten, die Augen auf das Wasser gerichtet.
„Er ist hineingesprungen, um uns zu entgehen!“ rief einer enttäuscht.
„Uns entgeht er, ja“, antwortete Abd el Mot; „aber die Krokodile werden ihn verschlingen. Paßt nur auf!“
Vom Ufer weg gab es eine vielleicht acht oder neun Ellen breite freie Strecke. Dann folgte die Spitze eines langgestreckten Omm-Sufah- und Schilffeldes, worauf wieder freies Wasser kam, welches von einer mitten auf dem Fluß an einer Schlammbank festgefahrenen Grasinsel begrenzt wurde.
Jetzt tauchte ganz in der Nähe der erwähnten Omm-Sufahecke der Kopf des Negers auf. Er sah sich nach seinen Verfolgern um.
„Schießt, schießt!“ rief Abd el Mot, worauf sein Nachbar das Gewehr an die Wange zog und schnell losdrückte.
Aber er war zu hitzig gewesen und hatte schlecht gezielt. Die Kugel schlug neben Lobo in das Wasser. Dieser hatte die Spitze erreicht und umschwamm dieselbe mit einigen raschen Stößen. Dort hielt er an, als er über irgend etwas, worauf sein Auge fiel, erschrecke. Dann stieß er einen lauten, durchdringenden Schrei aus, den man ebensowohl dem Jubel, als auch der Todesangst zuschreiben konnte, und verschwand hinter dem Schilffeld.
„Was schrie er?“ fragte einer der Araber.
„Er hat ein Krokodil gesehen“, antwortete Abd el Mot.
„Es klang, als ob er vor Freude geschrien hätte.“
„O nein, hier im Wasser gibt es nichts, worüber er sich freuen könnte. Da seht, dort kommt es geschossen. Seht ihr den Wasserstreif?“
Er deutete mit der ausgestreckten Hand nach der Grasinsel, von welcher aus sich eine Furche schnell über die freie Strecke nach dem Schilffeld bewegte. Die Spitze dieser Furche bildete die Schnauze eines riesigen Reptils.
„Ein Krokodil!“ riefen mehrere zugleich.
„Allah sendet ihn zur Hölle!“ schrie einer der Sklavenjäger. „Et Timsah wird ihn holen und verspeisen!“
Jetzt verschwand das Krokodil hinter dem Rohr, und im nächsten Augenblick hörte man einen wilden Schrei, dieses Mal ohne allen Zweifel den Schrei eines Menschen, welcher den Tod vor sich sieht.
„Es hat ihn; er ist dahin!“ rief Abd el Mot. „Ihm ist noch wohl geschehen, denn ich hätte ihn in einen Termitenhaufen eingegraben, daß ihm das Fleisch bei lebendigem Leibe bis auf die Knochen abgefressen worden wäre. Aber was ihm nicht geschah, das soll Tolo geschehen, der sich noch da im Wald befindet. Diese beiden Scheïtans haben mir die zwei besten Hunde getötet. Dafür wird nun Tolo eines doppelten Todes sterben!“
„Befindet er sich wirklich noch da?“ fragte einer.
„Ja. Ich habe auch ihn gesehen. Er war dem Lobo noch voraus. Zwei von euch mögen die Pferde aus dem Wald führen, um uns draußen zu erwarten.“
Dies geschah. Dann begann die Suche von neuem.
Die beiden Negerjäger, welche sich außerhalb des Waldes bei den Pferden befanden, mußten wohl über eine Stunde warten, bis die andern zu ihnen kamen, aber – ohne den Neger.
„Dieser Neger ist wie verschwunden“, knirschte Abd el Mot. „Wir haben bis jetzt nicht die geringste Spur von ihm entdeckt.“
„Aber du hast ihn doch vorher gesehen!“ wurde ihm gesagt.
„Ganz deutlich sogar! Aber welches Menschenauge kann die Fährte eines nackten Fußes im Wald erkennen! Dieser Wald ist übrigens groß und zieht sich stundenweit am Wasser hin. Wer soll da suchen
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