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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nit g'sungen, daß ich mich mal so auf die Ornithologie verinteressieren würd', und fünfzehn Jahre später auch noch nit. Ich selber hab' auch nit dran gedacht und erinnere mich noch heute mit Schreck an das erste ornithologische Abenteuer, das ich damals erlebte.“
    „Was war das?“
    „Das war – nun, dir kann ich's ja erzählen; sonst aber red' ich nimmer gern davon –, das war, da ich als Gymnasiast in der Quart g'sessen bin. Der Professor für die Naturgeschicht' hat mich nit gern g'habt, weil ich ihn in meiner Dummheiten immer nach Dingen g'fragt hab', die kein Mensch beantworten kann.“
    „Das kommt in diesem Alter häufig vor, ist aber meist ein Beweis von regem Wissensdrang.“
    „Wissensdrang? Der Professor hat's halt immer Voreiligkeit und Neugierd' g'nannt, und nur auf eine G'legenheit gesonnen, es mir heimzugeben. Das war zum Osterexamen. Ich hab' a neues Vorhemd ang'legt und den neuen blauseidenen Schlips drumherum und nachhero g'meint, daß ich mit diesem Staat das Examen schon b'stehen muß. Es ist auch ganz leidlich 'gangen, bis hin zu dera Naturg'schicht'n. Die Fragen wurden reihum g'richtet; als ich drankomm', erheb' ich mich, und was wird mich da der Professor fragen, he?“
    „Nun, was denn?“
    „Warum die Vögel Federn haben.“
    „Ja, da hat er dir's freilich heimzahlen wollen. Was hast du ihm denn geantwortet?“
    „Was ich g'antwortet hab'? Nun, zunächst hab' ich mir denkt, daß er – – – halt, dort sitzt er! Siehst du ihn?“
    Er war wieder aufgesprungen und deutete erregt nach dem Ufer, wobei seine Nase sich zur Seite bog, als ob sie sich ganz speziell für diese Gegend interessiere.
    „Wer? Wo?“ fragte Schwarz.
    „Dort oben auf dem Sunutbaum, ganz auf der Spitze.“
    „Ach so, ein Flußadler, ein prachtvolles Tier!“
    „Das ist er. Die Eingeborenen nennen ihn Abu Lundsch. Er frißt fast ausschließlich Fische, und weißt, wie die Leut' hier sein Geschrei verdolmetschen?“
    „Nein.“
    „Sef, Charif, jakull hut, hut. Wie heißt das auf deutsch?“
    „Im Sef und Charif verzehre ich Fische.“
    „Richtig! Auch hier hast wieder aan Zeichen von liebevoller Beobachtung der Natur. Die Negern sind gar nit so stupid und verständnisarm, wie man sie beschreibt. Wenn ich an deiner Stell' wäre, so tät ich a Buch zu ihrer Ehrenrettung verfassen.“
    „Das wird vielleicht geschehen, wenn ich die Zeit dazu finde.“
    Jetzt wurde die Aufmerksamkeit der beiden auf den Steurer gelenkt, welcher ein kurzes Kommandowort aussprach, worauf die Schwarzen ihre Ruder einzogen.
    „Wollen wir landen?“ fragte ihn Schwarz, natürlich nicht in deutscher Sprache.
    „Nein, Effendi“, antwortete er. „Hier landet man nie sofort, sondern man legt den Kahn erst für einige Zeit in das Schilf, um zu erspähen, ob sich keine Feinde am Land befinden.“
    „Und das willst du tun? Warum fahren wir nicht weiter?“
    „Weil wir sonst zu weit an die Seribah Omm et Timsah kommen, wo Abd el Mot wohnt. Sieht er uns, so macht er uns zu Sklaven.“
    „Das sollte er versuchen!“
    „Er würde es nicht nur versuchen, sondern wirklich tun. Ihr beide seid kühne und kluge Männer, und wir verstehen auch unsre Waffen zu gebrauchen; aber er hat über fünfhundert Sklavenjäger bei sich, die wir nicht überwinden können. Wir würden dreißig oder vierzig, vielleicht auch noch mehr töten, von den übrigen aber erdrückt werden.“
    Das klang so ruhig, klar und überlegt. Der Jüngling war gewiß seinen Jahren vorausgeschritten.
    „So meinst du, daß wir nur des Nachts vorüberfahren können“, fragte Schwarz.
    „Ja.“
    „Aber das können wir doch auch am Tag tun. Wir rudern schnell und nehmen das Segel dazu.“
    „Niemand kann wissen, wie der Wind in einer Stunde weht. Kommt er uns entgegen, so würde das Segel uns nur hindern, und auf die Ruder darf man sich nicht verlassen. Abd el Mot hat ein Schiff im Fluß liegen, welches er zwar geheimhält, aber ich weiß es doch. Er kann von seinem Ufer aus den Fluß aufwärts weit überblicken. Er würde uns also sehr zeitig bemerken und braucht dann nur das Schiff nach der Mitte des Flusses zu steuern und die Trommel schlagen zu lassen, um uns sicher zu bekommen. Nein, wir müssen hier anlegen und die Nacht abwarten, dann können wir die gefährliche Stelle passieren.“
    „Er kann uns auch dann zufällig bemerken.“
    „Wenn wir Schilf und Zweige quer über das Boot legen, wird man es für eine losgerissene schwimmende Grasinsel halten.

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