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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von hier hinüberfliegt, so soll ich g'meint sein. Ich hab' mir natürlich g'dacht, daß wir auf unsrer Seiten hier mit dem Boot die Vögel aufstören werden.“
    „Dann hast du dich freilich verrechnet, denn ein aufgestörter Vogel wird nicht über unser Boot hinweg nach dem fernen rechten Ufer fliegen, sondern vielmehr das nahe, linke aufsuchen.“
    „Dann darf's nix gelten, weil meine Dummheit schuld ist, daß dich's 'troffen hat.“
    „Nein lieber Freund, es gilt. Gib dir keine Mühe! Sie würde unbedingt vergeblich sein.“
    „Wirklich?“
    „Ja.“
    „So lang mal her und gib mir aane Ohrfeigen, aber a tüchtige! Ich hab's verdient. Wann dir was Böses g'schieht, so werd' ich nie im Leben wieder Ruhe finden! Aber so ist's! Man denkt wunder wie g'scheit man ist und daß man den Sack bei allen vier Zipfeln hat, und doch macht man Fehler, die kein Schulbub' größer machen kann.“
    Er senkte den Kopf und zog die graue Bedeckung desselben so tief in die Stirn, daß man von seinem Gesicht nur die Nase sah. Aus der fortwährenden Bewegung, in welcher sich dieselbe befand, war zu schließen, daß er sich mit allerhand reuevollen Gedanken beschäftigte, denen er aber keinen Ausdruck gab. Er blieb von jetzt an in beharrliches Schweigen versenkt und erhob selbst dann den Kopf nicht, wenn eine Schar von Vögeln über ihn dahinrauschte. Das war das sicherste Zeichen, daß er ungewöhnlich tief in sich versunken sei.
    Der Strom floß rasch, und die muskulösen Arme der Neger setzten die Ruder so kräftig in Bewegung, daß es schien, als ob die Ufer an dem Boot vorüber förmlich aufwärts flogen. Dabei veränderte sich die Szenerie nicht im mindesten. Drüben, zur rechten Hand, sah man nur Schilf und wildes Zuckerrohr, während am linken Ufer der Wald ununterbrochen folgte.
    So verging die Zeit. Die Sonne hatte den Zenit längst hinter sich und warf bereits die Schatten der Bäume über die Flut. Da lenkte der Steuerer das Boot mehr dem rechten Ufer zu. Schwarz bemerkte das und fragte ihn nach der Ursache.
    „Die Seribah Omm et Timsah ist nahe“, antwortete der Jüngling. „Wenn wir unbemerkt vorüberkommen wollen, müssen wir uns möglichst nahe an das jenseitige Ufer halten.“
    Jetzt erhob der Graue den Kopf zum erstenmal wieder, um sich die gefährliche Gegend zu betrachten. Da schien seine Nase sofort einen Grund zu ganz besonderer Tätigkeit zu finden. Sie bewegte sich nach allen möglichen Richtungen und schnüffelte die Luft mit hörbarem Geräusch ein.
    „Was gibt's? Riechst du etwas?“ fragte Schwarz.
    „Ja. Du nicht?“ antwortete Pfotenhauer.
    „Nein. Ich bemerke nicht das geringste, was mir auffallen könnte. Auch die Neger arbeiten nur mit den Armen und nicht mit den Nasen. Die deinige wird sich also wohl im Irrtum befinden.“
    „Was? Wie meinst? Meine Nasen soll sich täuschen? Du, da kennst sie schlecht! Die nimmt mehr Luft ein, als ihr alle mit'nander. Auf sie kann ich mich verlassen.“
    „Nun, was riechst du denn?“
    „Es riecht nach Brand.“
    „Schwerlich! Ich merke nichts.“
    „Ja, du! Was willst auch merken mit deinem Naserl, was man kaum mit dem Fernrohr derkennen kann!“
    „Vielleicht hat dort am Ufer irgendwer ein Feuer angemacht, um sich einen Vogel, einen Fisch oder sonst etwas zu braten?“
    „Nein, das ist kein Braten; das riecht versengt, verbrannt, nach Holz und Lehm und Stein, wie wann ein Haus ang'steckt worden ist. Ich wett' auf meinen Kopf, daß da drüben links aan Gebäud' verbrannt ist.“
    Auch Schwarz spürte jetzt den Geruch; die Niam-niam wurden aufmerksam. Der Steuerer erhob sich auf seinem Platz, wandte das Gesicht dem linken Ufer zu, sog die Luft laut ein und sagte dann: „Es brennt auf der Seribah Omm et Timsah. Anderswo kann es nicht sein. Es ist ein großer Brand, denn der Rauch steigt so hoch auf, daß er dort über den Bäumen liegt.“
    Er deutete mit der Hand nach der betreffenden Stelle, an welcher man den Rauch dick über die Wipfel steigen sah. Die Schwarzen zogen die Ruder ein, so daß das Boot nur mit dem Strom trieb, und sahen den ‚Sohn des Geheimnisses‘ an, erwartend, was er tun oder befehlen werde. Er prüfte mit scharfen Sinnen die Gegend, die Luft, den Geruch und meinte dann: „Die ganze Seribah brennt. Das ist nur dann möglich, wenn man sie mit Absicht angezündet hat. Bricht in einem einzelnen Tokul Feuer aus, so liegt der Fluß nahe genug, es schnell zu löschen. Die Weißen haben sie vielleicht ganz verlassen, um weiter im

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