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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Es gibt Vögel, welche große Versammlungen und Unterredungen abhalten. Ich hab' kürzlich g'sehen, daß wohl an die dreißig Pfauenkraniche im Kreise standen und aaner in der Mitt' von ihnen, der in einem fort g'schrieen hat. Die haben Reichstag oder Abiturientenexamen g'habt, denn einzelne riefen, wann der in der Mitt' mal pausiert hat, ihr Kurnuknuknuknuk dazwischen, als ob sie auf seine Frag' die Antwort zu geben hätten. Vielleicht sind diese Antworten klüger ausg'fallen als manche, die man in unseren Schulen zu hören bekommt.“
    „Hoffentlich denkst du dabei nicht an dich selbst“, antwortete Schwarz, indem ein leises Lächeln um seine Lippen spielte.
    „Warum nit? Denkst etwa, daß ich stets hab' antworten können? Freilich sind die Fragen oft so g'stellt gewesen, daß man ganz verblüfft dag'standen hat. Da denk' ich gleich an damals, als ich in der Quarta g'sessen bin. Weißt das vielleicht schon?“
    „Daß du auch diese Klasse besucht hast, kann ich mir doch denken!“
    „Das mein' ich nit, sondern ich ziel' auf die Frag', welche ich damals bekommen hab'. Ich glaub's nit, daß ich es dir schon verzählt hab'. Es sollt' nämlich Examen sei, und ich hab' a sauberes Vorhemd umgebunden und die neue, bunte Krawatt' um den Hals. Als ich dann in den Spiegel schau, hab' ich 'dacht, daß es um mich gar nit fehlgehen kann. Aber es ist doch anders kommen.“
    „Wie denn?“ fragte Schwarz, als der Erzähler eine Pause machte.
    „Das wirst gar nit vermuten können. Der Naturg'schichtsprofessorn hat's nämlich auf mich g'spitzt gehabt, weil ich ihm immer mit Fragen 'kommen bin, die ka vernünftiger Mensch beantworten kann. Dafür hat er mich im Examen auszahlen wollen. Als die Reih' an mich 'kommen ist, bin ich voller Ehrerbietung aufg'standen und hab g'meint, daß man sich wohl über meine Kenntnisse wundern werd'. Aber was sagst dazu, wannst derfährst, daß der Professorn mich g'fragt hat, warum die Vögel Federn haben?“
    „Das war freilich hinterwärts gemeint!“
    „Ja, er hat mich tüchtig hereinlegen wollen.“
    „Jedenfalls ist es dir gelungen, dich brav herauszubeißen. Was hast du denn für eine Antwort gegeben?“
    „Zunächst hab' ich gar nix g'sagt, sondern nur das Maul aufg'macht, um meine sieben Gedanken in Ordnung zu bringen, und dann, als die Frag' zweimal wiederholt worden ist, hab' ich – – –“
    „Dir bahlak!“ raunte in diesem Augenblick der Schwarze den beiden Weißen zu, indem er mit der rechten Hand an der Stelle deutete, wo der Weg vom Fluß nach der Seribah aus dem Wald trat.
    Der Erzähler verstummte sofort, denn er erblickte zwei wohlbewaffnete Männer, welche dort standen und starren Blickes den Schutt- und Trümmerhaufen betrachteten. Sie schienen vom Schreck gelähmt zu sein; dann aber rannten sie unter lauten Ausrufen und lebhaften Gestikulationen auf die Brandstätte zu.
    „Zwei Weiße!“ sagte der ‚Vater des Storches‘, indem er ihnen mit den Augen folgte, wobei seine Nase sich zur Seite bog wie der Kopf eines Vogels, welcher von einem Ast herab eine verdächtige Erscheinung betrachtet. „Wo kommen s' her, und wer mögen s' sein?“
    „Europäer sind sie nicht“, antwortete Schwarz. „Ich halte sie für Leute, welche zur Seribah gehören. Ich vermute das aus dem Entsetzen, welches sie bei dem Anblick der Trümmerhaufen verrieten.“
    „Kannst recht haben! Sollten s' zur Schar des Abu el Mot gehören? Sollten s' etwa voraus sein, um seine Ankunft zu melden?“
    „Das ist möglich, sogar wahrscheinlich. Ich werde sie beobachten.“
    Er zog sein Fernrohr aus und richtete es auf die beiden so unerwartet Erschienenen. Sie rannten eine Zeitlang auf der Brandstätte umher; dann folgten sie eine kurze Strecke weit den Spuren der abgezogenen Sklavenjäger, und endlich liefen sie in höchster Eile westwärts davon.
    „Sie gehen nach dem Dorf der Dschur, um sich nach dem Vorgefallenen zu erkundigen“, sagte Schwarz, indem er das Rohr wieder zusammenschob. „Das gibt uns Zeit, nachzusehen, woher sie gekommen sind. Ich vermute, daß ihr Boot unten am Fluß liegt. Komm mit!“
    Als die beiden an das Wasser kamen, erblickten sie einen kleinen, schmalen, zweirudrigen Kahn, welcher mit einem Baststrick an eine in das Wasser ragende Baumwurzel befestigt war. Die Stelle, an welcher er lag, war vom Schilf frei. Die Ruder lagen auf dem Boden, sonst war er leer.
    „Es ist so, wie wir dachten“, sagte Schwarz.
    „Diese Kerls sind vorausgesandte Boten Abu el Mots. Es

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