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260 - Fly me to the moon

260 - Fly me to the moon

Titel: 260 - Fly me to the moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Strand von Iisboa zog.
    In der Sprache seines Stammes bedeutete Iisboa »die Verheißungsvolle«. Natal fand, dass ein Name nie passender gewesen war – wenn sich die Verheißung tatsächlich bewahrheitete. Vielleicht hatte Biroo auch nur wirres Zeug gefaselt, als er seinem besten Freund das Geheimnis anvertraute, das ihn im letzten Jahr immer und immer wieder zur Nachbarinsel gezogen hatte. Im Nachhinein betrachtete Natal die Male, die Biroo tagelang verschwunden war, als Indiz dafür, dass an der Geschichte etwas dran sein mochte. Doch wo die Wahrheit endete und die Fantasie begann, das würde erst dieser Ausflug zeigen.
    Er hatte mit niemandem gesprochen, sondern war klammheimlich in den Einbaum gestiegen. Die von Biroo beschriebenen Küstenmerkmale fand er schon während der Anfahrt. Die Sonne stand noch nicht im Zenit, als er mit nackten Sohlen über den warmen, grobkörnigen Sand des Strandes lief und dort in den Wald eintauchte, wo Biroo es auch so viele Male getan haben musste.
    Im Grunde wusste Natal, dass er Mardi hier nicht antreffen würde. Nicht die echte Mardi jedenfalls. Die befand sich daheim im Dorf und versorgte das Kind, das ihr Ehemann ihr vor vier Monden geschenkt hatte. Wen er statt ihrer tatsächlich hier vorfinden würde, wusste Natal nicht, aber irgendetwas an Biroos eindringlicher Art der Schilderung, am Leuchten in seinen ansonsten von der Krankheit stumpf gewordenen Augen hatte Zweifel in Natal gesät, ob denn wirklich alles nur erfunden und Illusion gewesen sein mochte.
    Er würde wohl nie wieder einen Menschen sehen, der mit einem so seligen Lächeln starb, Mardis Namen auf den Lippen.
    Auch Natal hatte Träume. Und eine unbändige Sehnsucht nach…
    ja, wie sollte er es nennen? Er war immer und überall auf der Jagd nach seinem Traum. Schon immer gewesen. Er wollte sich nicht damit zufriedengeben, dass der Mensch nur lebte, um das Notwendigste zum Essen herbeizuschaffen, sich ein Dach über dem Kopf zu errichten, eine Frau zu nehmen und Bälger zu zeugen… Das allein war so verflucht banal. Er suchte nach einem höheren Sinn.
    Das, was der Schamane an Zauber betrieb und an Magie besang, kam seinem Verständnis nach Mysterien schon sehr nah. Aber selbst das war es nicht genau, was er für sich persönlich anstrebte.
    Er wollte einmal ein Wunder sehen.
    Ein unumstößliches Wunder.
    Und die Furcht, das Geheimnis seines Freundes Biroo am Ende als schnöden Betrug zu entlarven, begleitete Natal über die geheimnisumwitterte Insel Iisboa.
    Der Schrumpfkopf schlug im Takt seiner Schritte gegen seine Lenden. Irgendwo mitten im Wald setzte sich Natal auf den Stamm eines Baumes, den ein Sturm entwurzelt hatte. Die schorfige Rinde bot Halt, ohne dass sie sich schmerzhaft ins Fleisch drückte.
    Natal pflückte den Schädel seines Freundes vom Gürtel und betrachtete ihn in der hohlen Hand. »Ich vermisse dich, alter Weggefährte.«
    »Ich dich auch«, sagte Biroo.
    Natal erschrak so sehr, dass der Schrumpfkopf seiner Hand entglitt und zu Boden purzelte.
    »Pass doch auf!«
    Natal angelte sich den Schädel, ohne hinzusehen. Indes fuhr sein Blick dorthin, woher die Stimme erklungen war.
    Biroo stand an eine Palme gelehnt und grinste breit herüber.
    Zuerst war der Schock groß – aber dann erhob sich Natal von seinem Sitzplatz und ging mit schlotternden Knien auf den toten Freund zu. »Bist du… aus dem Totenreich zurückgekehrt, Bruder?«
    »Ich war tot?«
    »Das weißt du nicht mehr?« Natal stand jetzt dicht vor dem Geist, der quicklebendig wirkte. Nicht so, wie Natal sich Geister bis dahin vorgestellt hatte. Er war überzeugt, ihn sogar berühren zu können, wenn er nur den Mut dazu aufgebracht hätte.
    »Was tust du hier?«
    »Ich bin wegen dir gekommen.« Natal bekämpfte den Drang, sich zu kneifen, weil er einfach nicht begreifen konnte, dass Biroo wie das blühende Leben vor ihm stand – der Freund sah nicht aus wie in den letzten Tagen und Stunden vor seinem elenden Tod, sondern so, wie Natal ihn auch in Erinnerung behalten wollte.
    »Wegen mir? Also wusstest du, dass ich da bin.«
    Natal schüttelte heftig den Kopf. Beide Köpfe, wenn man es genau nahm, denn auch der Schrumpfkopf des Freundes, den er am langen Haarschopf hielt, tanzte wild hin und her. »Ich wollte mich mit eigenen Augen davon überzeugen, was du mir auf dem Sterbebett von dir und Mardi erzählt hast.«
    »Mardi… ja, ich erinnere mich. Bist du allein?«
    »Warum fragst du?«
    Biroo lächelte. »Ich will dir nichts

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