260 - Fly me to the moon
Möglichkeit, sie mit dem Shuttle zum nächsten Festland zu bringen…
»Leicht«, sagte sie, die immer noch nicht ihren Namen verraten hatte. Sie zeigte auf einen Baum, der an Größe alle anderen seiner Umgebung überragte. »Dort, nur ein paar Minuten Fußmarsch, liegt meine Höhle.«
»Eine Höhle…«
»Ja, nicht sehr komfortabel, aber bei Regen und Sturm besser als gar kein Dach über dem Kopf.«
Vogler nickte fasziniert.
Auch Clarice lächelte, wie er mit einem Seitenblick feststellte. Offenbar hatte die geheimnisvolle Fremde auch ihre Sympathie errungen.
»Vielleicht statten wir dir noch einen kurzen Besuch ab – um uns zu verabschieden«, sagte er. »Aber wir können nichts versprechen. Unter Umständen muss es… schnell gehen.«
»Euer Schiff hat es eilig.«
»So könnte man sagen«, mischte sich Clarice ein. »Aber wir tun, was wir können. Ich würde deine Höhle gerne sehen.« Sie machte eine kurze Pause, dann fragte sie: »Du hast immer noch nicht erzählt, unter welchen Umständen es dich hierher verschlagen hat. Bist du Opfer eines Schiffbruchs?«
»So ähnlich«, wiegelte die Insulanerin ab. »Es würde euch nur langweilen, die ganze Geschichte zu hören.«
Niemals! , dachte Vogler.
Niemals , schienen die Lippen von Clarice lautlos zu formen.
Lächelnd entfernte die Fremde sich aus dem Steinkreis.
Vogler erwachte wie aus einer Trance, als ihre Schritte verklungen waren und ihre schemenhafte Gestalt mit dem Wald verschmolz.
»Was für ein Mann«, seufzte Clarice.
Vogler musterte sie irritiert. »Das ist jetzt nicht dein Ernst!«
»Warum?«, fuhr Clarice auf; heftiger als er es von ihr gewohnt war. »Bist du etwa eifersüchtig?«
Vogler blinzelte verstört. »Eifersüchtig? Wenn das eine neue Strategie ist, um mich auf die Palme zu bringen…«
»Als Waldgeborener wäre das doch eh dein Lieblingsplätzchen, oder? Was hast du dagegen, wenn ich mal einen anderen Mann kennen lerne?«
Vogler trat an den Steinwall. Sein Blick schien die Dunkelheit jenseits davon durchdringen zu wollen. Aber der Schein des Feuers verlor schon nach wenigen Metern an Kraft. Das Sternenlicht reichte nicht aus, die Finsternis aufzulösen. Jedes Schrittgeräusch aus Richtung der Bäume war verklungen. Die Frau war längst verschwunden.
Denk logisch , rief Vogler sich zur Ordnung. Clarice scheint einen Mann gesehen zu haben, ich dagegen eine Frau. Dafür muss es eine Erklä-
rung geben!
»Vielleicht ist sie… oder er … ein Mutant« , sagte er nachdenklich.
»Ein Wesen, das uns beide täuschte. Dir gaukelte es den perfekten Mann vor, und mir…«
»… eine Frau zum Verlieben«, beendete Clarice den Satz. »Wie funktioniert das? Hypnose? Telepathie?«
»Es wäre nicht der erste Telepath, dem wir begegnen«, erwiderte der Marsianer. »Aber das Wesen scheint noch mit anderen Tricks zu arbeiten. Hast du den Geruch bemerkt?«
»Ja!« Clarice nickte eifrig. »Wie nach Blüten! Denkst du, das war eine Art von Pheromonen? Damit wir das sehen, was wir am liebsten sehen wollen ?«
»Gut möglich.«
»Aber die eigentliche Frage ist: Welche Absicht verfolgte das Wesen mit seinem Auftritt? Hätte es einen Angriff geplant, hätte sich die Gelegenheit dazu sicher ergeben.«
»Möglicherweise«, Clarice verzog das Gesicht in einer Weise, die Vogler verriet, dass ihr selbst missfiel, was sie da in den Raum stellte, »wollte es uns auch nur ausspionieren, unsere Wehrhaftigkeit testen… um dann zu einem späteren Zeitpunkt zuzuschlagen. Allerdings …«
»Ja?«
»… tendiere ich eher dazu, dass es sich um einen völlig harmlosen, friedfertigen Kontakt gehandelt hat.«
Vogler musterte sie nachdenklich. »Vielleicht hast du recht. Trotzdem sollten wir auf der Hut sein und uns die Nacht über darin abwechseln, Wache zu schieben. Ich bin jedenfalls froh, dass wir seine Bitte abgelehnt haben, es mitzunehmen.«
Clarice nickte, und Vogler atmete auf. Der Besucher hatte seine Begleiterin ebenso betört wie ihn, aber mit dem Abzug des Wesens hielt erfreulich rasch die Vernunft wieder Einzug in ihren Gehirnwindungen.
»Wer opfert sich für die erste Schicht?«, fragte Clarice.
»Wenn es dir nichts ausmacht – du. Ich merke, dass ich immer noch nicht wieder ganz der Alte bin. Drei, vier Stündchen Schlaf würden mir gut tun.«
»Das kommt mir entgegen. Ich fühle mich noch erfreulich fit. Dann gute Nacht, Meister Vogler. Erholt Euch gut, denn auch ich werde eine Mütze voll Schlaf gebrauchen können. Irgendwann
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