260 - Fly me to the moon
spüren.
Vorsichtig zog er die Hand zurück.
Sofort schlug Aruula die Augen auf. Ihr Blick war getrübt, und vor dem ersten Wort kam zunächst ein weiteres Stöhnen über ihre Lippen, zog sie beide Beine zugleich unter der Felldecke an sich, weil wieder einmal ein dolchartiger Schmerz ihre Eingeweide durchbohrte.
»Ich… ich habe eine Bitte.«
So matt und welk wie ihre Stimme wirkte alles an ihr. Es brach Matt das Herz, sie in diesem Zustand zu erleben.
»Alles was du willst, Liebes.« Er versuchte sich seine Gedanken und Gefühle nicht anmerken zu lassen. Es hätte sie nur noch mehr belastet.
Ihre Augen glommen unter dem Tränenfilm, der darüber lag.
»Falls ich… und jetzt wehr nicht ab, lass mich reden … falls ich … sterbe…«
Er spannte sich an, wollte sie zum Schweigen bringen, aber ihre Hand schlüpfte unter der Decke hervor, bekam die seine zu fassen und drückte sie, um ihr Flehen zu unterstreichen.
»Ich möchte nicht…«, sie schluckte, als würde es sie selbst Überwindung kosten, es auszusprechen, »… nicht begraben werden. Verstehst du?«
Er schüttelte den Kopf. »Du wirst nicht begraben, weil du nicht –«
»Hör auf damit, bitte .« Wieder der Druck ihrer Hand, dazu ein liebevoll tadelnder Blick aus Augen, die sich unter neuem Schmerz zu schmalen Schlitzen zusammenzogen. »Ich möchte nicht sterben. Aber wenn es geschieht – verscharr mich nicht in irgendeine Grube wie… wie ein Tier. Ich will verbrannt werden. Versprichst du mir das? Bring meine Asche dorthin, wo ich so gerne noch mit dir gelebt hätte. Viele, viele gute Jahre …«
Sie hustete, und das zerriss sie schier. Tränen liefen ihr aus den Augen. Ob vor Schmerz oder vor Traurigkeit, konnte Matt nicht sagen, aber vermutlich entsprangen sie beidem.
»Versprich es.«
Seine Kehle war so eng, als hätte sich ein Strang darum gelegt.
»Versprich es.«
»Ich –«
Das Geräusch musste schon eine Zeitlang da gewesen und dabei beständig angeschwollen sein. Dass es Matt erst jetzt auffiel, verriet, wie gefangen er in der Situation war. Wie hilflos das, was Aruula sagte und worunter sie litt, ihn machte.
Doch nun hielt er inne, zog seine Hand aus ihrer und legte den Zeigefinger auf die Lippen. »Schscht! Sei mal kurz ruhig, bitte!« Er legte den Kopf schief, und sie schien zu verstehen, dass er nach draußen lauschte.
»Da kommt was!« Er sprang auf. »Ich bin gleich zurück. Vielleicht ein Fahrzeug! Das wäre die Rettung!« Aber an Rettung wirklich zu denken, wagte er nicht, während er zur Tür eilte und sie umständlich erst aufmachte und dann hinter sich schloss.
Er war schon froh, vorübergehend Aruulas Flehen entronnen zu sein. Doch was er dann groß und immer größer werdend vom Himmel herabkommen sah, übertraf selbst seine kühnsten Erwartungen.
Nicht einen Moment hielt er es für eine Gefahr – obwohl ihm die Bauart des Fluggeräts nicht vertraut war. Es musste ein ganz neues Modell sein, aber was es darstellte, wurde auf den ersten Blick klar.
Das war kein Gleiter oder Flugpanzer, wie die Technos oder Unsterblichen sie bauten. Das hier war dazu gemacht, sich auch zwischen den Planeten zu bewegen, im freien All…
Im Grunde gab es nur eine Erklärung.
Marsianer! , durchzuckte es Matt. Euch schickt der Himmel!
***
»Vogler…«
Matt hatte ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen zugesehen, wie das Raumfahrzeug in der Nähe der Steinhütte gelandet war. Schnell hatte sich die Schleuse geöffnet, doch mit der Person, die von dort aus ins Freie sprang und sich sofort zu ihm hin orientierte, hätte er hier und jetzt nicht gerechnet. Auch wenn es eigentlich nicht unwahrscheinlich war. Wer sonst würde nach ihm suchen wollen außer Vogler und Clarice?
Von unbändiger Hoffnung übermannt, eilte er dem Baumsprecher entgegen, den er nicht nur kennen, sondern auch schätzen gelernt hatte.
Vogler legte die letzten Schritte mit ausgebreiteten Armen zurück.
Er sah noch hagerer aus, als Matt ihn in Erinnerung hatte, schien aber zugleich vor Energie nur so zu strotzen. Vielleicht war es einfach die Wiedersehensfreude, die ihn so fit wirken ließ.
Sie fielen sich in die Arme, und noch während sie sich auf die Rücken klopften, sah Matt die zweite Person aus dem Shuttle steigen, mit der er schon gerechnet hatte.
Wo Vogler war, konnte Clarice Braxton nicht weit sein.
»Ihr müsst mir erzählen, wie ihr mich gefunden habt«, bemühte sich Matt um Fassung, »aber zuerst… Ich fürchte, es bleibt nicht viel Zeit
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