Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
263 - Von Menschen und Echsen

263 - Von Menschen und Echsen

Titel: 263 - Von Menschen und Echsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
Vom Netzwerk:
mit dem, was ich habe.«
    Der Klang eines Horns erfüllte die Luft. Eine der Insel-Wächterinnen schlug Alarm.
    Bahafaa wurde blass. Sie schob sich eng an ihn, an ihren nackten Oberarmen zeigte sich eine Gänsehaut. »Hermon ist zurückgekehrt«, sagte sie leise.
    9.
    Groom war ihr unheimlich, und dennoch war er ihr mehr Stütze als alle Bewohner der Dreizehn Inseln zusammen. Vielleicht war es seiner Kaltblütigkeit und seinem Unverständnis für Gefühle zu verdanken, dass ihm nicht vor ihr graute.
    Bahafaa achtete darauf, dass er stets in ihrer Nähe blieb, während sie den aufgeregten Kriegerinnen zum Inselhafen hinab folgte. Grooms Reaktion auf Hermons Erscheinen interessierte sie. Der Händler in seiner überschwänglichen und einnehmenden Art stellte das krasse Gegenteil ihres Begleiters dar.
    Die Frauen brachen in lauten Jubel aus, als Hermon das Boot verließ. Er hielt die Arme wie der siegreiche Feldherr einer Schlacht hoch und sonnte sich in den Beifallskundgebungen, während seine Begleiterinnen Stoffballen, Kisten und rostige Metallplatten entluden.
    Bahafaa vermochte in den Freudentaumel nicht mit einzustimmen. Es tat ihr im Herzen weh, als sie die stolzesten Kriegerinnen in Ekstase verfallen sah. Königin Lusaana und die Erste Kriegerin Dykestraa gehörten zu den ersten Gratulantinnen des Händlers; vom Dreigestirn der Macht auf den Inseln hielt sich lediglich die Schamanin Juneeda vornehm zurück.
    Die Hysterie nahm immer beschämendere Formen an. Hermon wurde im Triumphzug zum Dorf und weiter zu seiner Hütte geführt. Er verteilte Küsschen, ließ sich Geschenke überreichen, gab mit anzüglichen Bemerkungen zu verstehen, dass er sich während seiner Abwesenheit kein bisschen verändert hatte.
    »Ein seltsamer Kerl«, sagte Groom. Er hielt sich wie sie im Hintergrund und achtete tunlichst darauf, von Hermon nicht gesehen zu werden. »Mit ihm stimmt etwas nicht…«
    »Hab ich's dir nicht gesagt?« Bahafaa spürte grenzenlose Erleichterung. Sie war nicht verrückt geworden, nein! Ihr Misstrauen war berechtigt. Der Händler manipulierte die Bewohner der Dreizehn Inseln!
    »Wer sind die Frauen in seiner Begleitung?«, fragte Groom nach.
    »Die vorderste von ihnen ist Brythuula. Bei Wudan! Was hat Hermon bloß mit ihr angestellt? Wie ausmergelt sie ist! All diese Narben… die blauen Flecken an den Armen, diese schreckliche Wunde am Bauch! Sieh nur: Sie kann sich kaum auf den Beinen halten! Juneeda muss sich so rasch wie möglich um sie kümmern.«
    »Die beiden anderen Frauen sind nicht von dieser Insel?«
    »Gut erkannt, Groom. Ihre Bekleidung ist schäbig, die Waffen von minderer Qualität. Der Händler muss sie auf seinem Weg aufgegabelt und mitgenommen haben. Es scheint ihnen aber nicht viel besser als Brythuula zu gehen.«
    War es das, was ihnen allen blühte? Würde sich Hermon für eine Weile an ihrer Hingabe laben und sie dann, wenn er ihrer überdrüssig geworden war, verkommen lassen?
    Wie kam es, dass kaum jemand auf die drei verunstalteten Frauen achtete? Es war fast so, als würden die Dorfbewohner deren Verletzungen nicht wahrnehmen.
    Der Menschenzug, mittlerweile mehrere Dutzend Personen stark, erreichte Hermons Hütte. Er entriegelte sie, schob die drei Frauen mit einer Grobheit ins Innere, als wären sie sein Vieh und er ihr Hirte, drehte sich um und rief: »Ich freue mich, zurück zu sein! Ich danke in aller Demut den Göttern, dass sie mir die Gelegenheit geben, den Winter unter euch weilen zu dürfen.«
    Neuerlicher Jubel brandete auf, die Hysterie wollte keine Grenzen kennen.
    »Die Reise hat mich ermüdet«, fuhr Hermon fort. »Wenn ihr mich nun bitte entschuldigt; ich bin gerne bereit, euch morgen am Lagerfeuer von meinen Erlebnissen zu berichten. Aber nun…«
    Brythuula ließ sich hinter Hermon blicken. Sie starrte verständnislos um sich, als käme sie eben nach einer langen, durchzechten Nacht zu sich. Ihre Blicke flirrten umher - bis sie Bahafaa fanden und sie die Lippen stumm bewegte.
    Hilf mir! , meinte Bahafaa zu verstehen.
    Doch in diesem Augenblick bemerkte Hermon die Frau hinter sich. Er klopfte ihr grob aufs dürre Hinterteil und schob sie zurück in die Dunkelheit, um ihr gleich darauf zu folgen.
    Drei Dutzend Kriegerinnen oder mehr umlagerten für eine Weile die Hütte, bevor sie sich zurückzogen. Immer wieder kam es zu Handgreiflichkeiten. Die Frauen fantasierten und meinten, jeweils die einzige Favoritin Hermons zu sein, ungeachtet der drei Begleiterinnen, die er

Weitere Kostenlose Bücher