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263 - Von Menschen und Echsen

263 - Von Menschen und Echsen

Titel: 263 - Von Menschen und Echsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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gewinnen, nicht aufgehen. Und siehe da - ich tat gut daran.«
    Was meinst du, du Wahnsinniger? Grao tat sein Bestes, um seinen Geist vor dem Angreifer zu schützen. Noch hielt er durch, noch besaß er ausreichend Kraft und Willen.
    »Ich werde die Inseln verlassen«, fuhr Her'sil'mon fort. »Ich weiß, was ich wissen wollte. Mehrere der Kriegerinnen werden mich begleiten und mir für meine kleinen Experimente mit den Lischetten zur Verfügung stehen. Und du wirst mich in Ruhe ziehen lassen.« Er klang nun nachdenklich. »Ich sollte dich töten - aber ich werde es nicht tun. Immerhin entstammen du und ich derselben symbiotischen Einheit. Es mag einmal der Zeitpunkt kommen, da du die Notwendigkeit meines Handelns einsiehst. Und bis dahin…«
    Grao schrie innerlich wie ein waidwundes Tier. Er stemmte sich mit aller Macht gegen Hermons mentale Umklammerung - und wusste doch, dass er keine Chance hatte, sie zu durchbrechen. Telepathisch war sein Gegenüber himmelhoch im Vorteil. Er hatte nur noch eine Chance, und die nutzte er seit Minuten. Die Frage war nur: Würde die Gegenmaßnahme noch rechtzeitig greifen?
    Er musste Her'sil'mon noch eine kleine Weile beschäftigen, musste Zeit gewinnen.
    »Ich… sehe jetzt schon ein, dass dein Weg der einzig richtige ist«, brachte er hervor.
    Hermon hielt inne. »Wirklich?«, fragte er misstrauisch.
    Grao wusste, dass die Wahrheit in seinen Gedanken geschrieben stand. Trotzdem versuchte er den Gegner an seiner schwächsten Stelle zu packen: bei seiner Eitelkeit.
    »Warum sollte ich mich dem Offensichtlichen verschießen?«, sagte er. »Du hast in wenigen Jahren geschafft, was unser Volk in einem halben Jahrtausend nicht zuwege brachte. Dir gebührt der Platz an der Spitze - als neuer Sol!«
    Es war nicht zu übersehen, dass Her'sil'mon sich über alle Maßen geschmeichelt fühlte und Graos Anerkennung in vollen Zügen genoss. Doch die so vergeudete Zeit wurde ihm zum Verhängnis.
    Plötzlich durchlief ein gewaltiger Schlag seinen Körper; im gleichen Moment, als ein dunkler Schatten über ihn und Grao'sil'aana fiel. Seine Brust platzte auf, und daraus hervor schoss ein schwarzer Stachel - mit dem Thgáan ihn rücklings durchbohrt hatte.
    Graos Erleichterung war grenzenlos. Er hatte befürchtet, dass sich der Lesh'iye schon zu weit entfernt hätte, um noch rechtzeitig zu kommen.
    Nun riss er seinen Stachel wieder zurück. Her'sil'mon sackte in die Knie und fiel dann auf den Rücken. Er verlor seine menschliche Gestalt. Dichte Dampfschwaden strömten aus der riesigen Wunde, die zu groß war, als dass er sie durch seine Hautschuppen hätte verschließen können. Er musste grausame Schmerzen empfinden. Schmerzen, die vom Nervensystem des Wirtskörpers auf seine mental-ontologische Substanz zurückschlugen und das Bewusstsein des Daa'muren so sehr beeinträchtigten, dass er keine Gelegenheit mehr fand, seine Geisteskräfte gegen Grao'sil'aana einzusetzen.
    »Du und ich, wir haben nichts mehr gemein.« Grao blickte auf den Sterbenden nieder. »Wir tun falsch daran, die Menschen zu versklaven und sie für unsere Zwecke zu missbrauchen. Ich mache dem ein Ende und werde auch deine Lischetten vernichten.«
    »Nein«, ächzte Her'sil'mon, »tu das nicht! Ich verspreche dir, dass ich die Dreizehn Inseln mit ihnen verlasse…«
    Grao konnte es nicht fassen. Glaubte sein Gegenüber denn wirklich, dem Tod entgehen, diese Verletzung überleben zu können? Nein, das war unmöglich!
    Immer mehr Lischetten kamen herangeflattert, wie magisch von ihrem Herrn angezogen, der sich in Agonie wand.
    »Lass sie leben«, stöhnte Her'sil'mon, der immer wieder verzweifelt versuchte, mit schaufelartig ausgebildeten Händen die Brustwunde abzudecken, »und ich sage dir… wo du Bahafaa findest.«
    »Bahafaa?« Grao verspürte plötzliche Angst.
    »Ich… ich habe ihr einen Besuch abgestattet, während du… gegen Dykestraa gekämpft hast, und ihr eine… meiner Lischetten-Larven verabreicht.«
    Grao fühlte Kälte in sich aufsteigen. »Was hast du ihr befohlen?«
    »Versprich mir, dass du… meine Tiere am Leben lässt.«
    »Einverstanden«, sagte Grao leichthin. Das Schicksal der Frau erschien ihm in diesem Augenblick wichtiger als alles andere.
    »Dann lauf… zum Waschplatz«, sagte Her'sil'mon, ohne sich nochmals des Versprechens zu vergewissern. Er wusste, dass ein Daa'mure sein Wort einem Artgenossen gegenüber halten würde. »Ich habe ihr befohlen… über die Klippe zu springen.« Trotz der Schmerzen

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