264 - Verschollen
Wort »Sabotage« erlaubte er sich nicht einmal zu denken. Er fand nichts, was seiner Beunruhigung weitere Nahrung gab. Alle drei Mitglieder seines Teams schienen über jeden Verdacht erhaben zu sein.
Er ging wieder zu Bett, versuchte es mit Entspannungsübungen und schlief tatsächlich ein. Nach vier Stunden stand er auf, duschte und zog sich an. Er ging in die Kommandozentrale und überzeugte sich davon, dass der Mond inzwischen aus dem Erdschatten getreten war. Eine Funkverbindung zum Mars und zur CARTER IV war jetzt möglich. Er bat den Funker, das Schiff anzufunken und Commander Drax an die Gegenstelle holen zu lassen.
»Hab ich Sie geweckt, Matt?«
»Macht nichts«, kam es nach vielen Sekunden zurück. Die CARTER IV war jetzt vierundzwanzig Tage unterwegs und hatte damit fast ein Drittel der Strecke zurückgelegt.
»Wir starten in etwa drei Stunden.« Tartus Marvin Gonzales sah auf seinen Chronometer. »In zwei Stunden und fünfzig Minuten, um genau zu sein. Ich hoffe, wir werden Ihre Tochter bald gefunden haben.«
Wieder verging eine Minute und mehr, bis Drax aus gut zwanzig Millionen Kilometern Entfernung antwortete. »Ich danke Ihnen, Tartus. Glauben Sie mir: Ich werde Ihnen das nie vergessen.«
»Schon in Ordnung.«
»Bitte geben Sie Bescheid, sobald Sie Ann gefunden haben.«
»Versprochen. Gute Reise noch. Ende.«
Tartus Marvin Gonzales meldete sich bei Claudius ab und ging zum Shuttle. Seine Crew war pünktlich. Keiner sah aus, als hätte er besser geschlafen als er. Hatten sie auch nicht verdient. Alle vier schnallten sich in ihren Sesseln fest, gingen die Instrumente durch und starteten die Triebwerke. Der Zentralrechner zählte den Countdown herunter.
Die Schleusen der Andockstation schlossen sich, Braxton startete. Senkrecht stieg das Shuttle dem Sternenhimmel entgegen. Nur für Sekunden sah Tartus Marvin Gonzales die weiße Mondstation auf dem Monitor - den Außenring, die sechs zylinderförmigen Module, die er verband, die zentrale Kuppel. Dann hüllte eine Staubwolke das Shuttle ein.
***
10. Februar 2526, Caha-Halbinsel
Um die Mittagszeit beluden einige Gefangene die großen Lastwagen vor dem Tor der Mine. Fletscher war unter ihnen. Während er zwischen Stollen und Transporter hin und her lief, stellte er zufrieden fest, dass der Ablauf dieser wöchentlichen Aktion wohl immer der gleiche war: Die beiden Fahrer saßen drüben bei Alhies Cooper im Flachbau und ließen es sich vermutlich gutgehen. Zwei Wachposten mit Gewehren steckten in den Wachtürmen. Ein weiterer befüllte gerade den Tank des hinteren Transporters mit Alkohol, und fünf Schritte davon entfernt wärmten sich zwei andere Uniformierte an einem Feuer.
»Schweinekälte!«, fluchte einer der beiden Männer, ein stämmiger Bursche mit Augenklappe. Er streckte Fletscher, der gerade aus dem Laderaum kletterte, seine geballte Faust entgegen. »Soll ich dir Beine machen? Beeilung! Ich will endlich ins Warme.«
Fletscher nickte scheinbar unterwürfig und machte, dass er zurück zum Stollen kam. Dort sorgten noch einmal drei von Coopers Männern für einen reibungslosen Ablauf der Beladungsaktion. Doch der Uniformierte, der für gewöhnlich am Eingang wachte, war verschwunden. Dafür waren laute Stimmen aus dem Stollen zu hören. Verwundert betrat der Mann aus Leeds den kleinen Schachtvorraum und stieß auf zwei Wächter, die sich mit einem der Gefangenen ein Wortgefecht lieferten. »Macht doch die Drecksarbeit alleine, wenn's euch nicht passt!«, rief der Arbeiter.
Fletscher kannte den Gefangenen. Es war der Onkel des blonden Mädchens, mit dem Ann laufend aneinandergeriet. Ein bulliger Kerl mit rabenschwarzem Stoppelhaar. Während die Wächter nun lauthals Paroli gaben, passierte Fletscher die Streitenden. Er hatte nicht vor, sich einzumischen. Wollte nicht die weiteren Beobachtungen riskieren, die er für seine Fluchtpläne brauchte.
In dem schmalen Gang, der zur Sammelstelle führte, musste er immer wieder keuchenden und schwitzenden Männern ausweichen. Die Säcke waren schwer und annähernd drei Dutzend mussten noch verladen werden.
Bei der Sammelstelle angekommen, wollte er sich eben den nächsten Sack über die Schulter hieven, als er schon wieder streitende Stimmen hörte. Leiser als die im vorderen Teil des Stollens. Doch das Zischeln und Flüstern klang ziemlich wütend. Neugierig schlich Fletscher zu der Kehre, hinter der die gepressten Stimmen zu hören waren. Das Erste, was er sah, war der rothaarige Junge, mit
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