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264 - Verschollen

264 - Verschollen

Titel: 264 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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Gleitschwingen spreizen!«, befahl er mit fester Stimme. Dabei beugte er sich über den Bordcomputer, als handelte es sich um einen Schwerhörigen. Erst als sie in der Luft waren und den großen Fluss Shannon überquert hatten, entspannte er sich. Alle Zweifel waren wie weggefegt. Hier oben war er in seinem Element, und weder die instabilen Luftverhältnisse noch das leise Schnarchen seines Kommandanten störten ihn.
    ***
    Caha-Halbinsel
    Ein frostiger Morgen erhob sich über dem Minengelände von Caha. Es lag in einer Hügelkette auf der landzugewandten Seite der Halbinsel und umfasste ein Areal von der Größe zweier Fußballfelder. Zäune und Wachtürme bestimmten das Bild dieses gottverlassenen Ortes. Hinter den Befestigungen ragten Arbeiterbaracken, Waschhaus und Geräteschuppen grau und trist aus der steinigen Erde. Dagegen wirkte der sonnengelbe, kupferverzierte Flachbau in der Nähe des schwer bewachten Eingangstores wie Hohn. Hier residierte der Minenbesitzer Alhies Cooper mit seiner kleinen Privatarmee.
    Der Anblick dieses Gebäudes bereitete Fletscher Magenschmerzen. Angewidert wandte er sich ab. Er stand am Brunnen neben dem Stolleneingang und ließ sich von einem der Mitgefangenen seine Wasserflasche füllen. In wenigen Minuten würde er für den Rest des Tages in der Felsenanlage verschwinden.
    Er und Ann schufteten nun seit anderthalb Monaten in der Mine. Sie galten als Vater und Tochter, waren aber getrennt voneinander untergebracht. Nur bei den Mahlzeiten trafen sie sich. Doch das auch nicht immer, da die Kinder kürzere Arbeitszeiten hatten und häufig ihre Mahlzeiten in der Frauenbaracke zu sich nahmen.
    Die Lebensbedingungen hier waren mehr schlecht als recht. Obwohl das Essen erstaunlich reichhaltig war und Cooper auch nicht mit Whisky sparte, wurden die Arbeiter wie Sklaven gehalten. Oft waren sie den Schikanen der Uniformierten ausgesetzt. Am schlimmsten aber war Alhies Cooper. Nachdem er herausgefunden hatte, dass Fletscher einst Bunker-Major gewesen war, ließ er keine Gelegenheit aus, seinen Spott mit dem Mann aus Leeds zu treiben.
    »Na, Fletscher, was für ein Gefühl ist das, von anderen herumkommandiert zu werden?«, war einer seiner häufigsten Sprüche. Dabei stocherte er mit seinem speerlangen Kupferzepter an Robins verdreckter Uniform herum. »Ist ja 'ne Schande, wie du wieder aussiehst! So lasse ich dich aber nicht nach Luimneach.«
    Luimneach!
    Nach seiner Ankunft brauchte Fletscher zwei Tage, bis er herausgefunden hatte, dass sie sich auf der Halbinsel Caha befanden. Er hatte geheult vor Zorn und Verzweiflung. Erst als er weitere zwei Tage später erfuhr, dass Luimneach gar nicht so weit entfernt lag, schöpfte er wieder Hoffnung.
    Eine Stimme in seinem Rücken riss ihn aus seinen Gedanken. »Was ist los? Willst du hier Wurzeln schlagen?« Es war Cooper!
    Fletscher biss sich auf die Lippe. Ruhig Blut, Junge. Ruhig Blut! Vermeintlich gemächlich wandte er sich um. Auf dem tätowierten Gesicht des Minenbesitzers lag ein kaltes Lächeln. Winzige rote Haarstoppel ragten aus seinem geschorenen Schädel, und die Kupferglieder seines Kettenhemdes reflektierten das Licht der Morgensonne. »Was? Willst du dich mit mir schlagen?«
    Keine schlechte Idee , dachte Fletscher. Doch Schlagen war viel zu milde. Töten werde ich den Fettsack! »Später vielleicht«, sagte er ruhig.
    Alhies Cooper legte den Kopf schief. Dann begann er schallend zu lachen. »Mach, dass du in den Bau kommst!« Es klimperte, als er seinen mit Schmuck behangenen Arm hob und auf den Stolleneingang deutete. Ohne abzuwarten, ob der Mann aus Leeds seiner Aufforderung nachkam, kehrte er ihm den Rücken und marschierte davon.
    Fletscher ballte die Hände zu Fäusten. Der Tag wird kommen, da werde ich dir deine Fresse zu Brei schlagen. Und nicht nur dir! Tag für Tag hatte er das Gesicht dieses verfluchten Sconebastards Traver vor Augen. Robin Fletscher sann auf Rache! Doch erst einmal musste er hier raus. Missmutig schloss er den Deckel seiner Wasserflasche. Er nickte dem Mann am Brunnen zu und stapfte zum Stollen.
    Inzwischen kannte er die Minenanlage und den Tagesrhythmus der Wachen in- und auswendig und entwickelte Fluchtpläne. Ann, die sich erstaunlich zäh zeigte, wollte er schon bald in seine Pläne einweihen. Doch im Moment gab sich die Kleine ihm gegenüber verschlossener denn je. Fletscher fluchte leise. Als ob er etwas für ihre missliche Lage könnte!
    Beim befestigten Stolleneingang angekommen, warf er einen

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