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265 - Das letzte Tabu

265 - Das letzte Tabu

Titel: 265 - Das letzte Tabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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blieb das falsche Wort, dessen war sich Lobsang sicher. Irgendetwas Falsches band die beiden aneinander.
    Hörigkeit. Ja, das war es schon eher. Er war ihr hörig. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wickelte sie ihn um den kleinen Finger. Ob bewusst oder unbewusst, blieb dahingestellt, jedenfalls spielte sie mit ihren fraglos vorhandenen Reizen, und Graulicht, ganz Mann, ging ihr kritiklos auf den Leim!
    Lobsang ging in Abwehrhaltung. »Vergiss nicht, was wir besprochen haben - vorhin. Es ist der einzige Weg, einigermaßen glimpflich aus all dem herauszukommen.« Er räusperte sich. »Du weißt, dass du auf mich bauen kannst. Aber ich will nicht tolerieren und tatenlos mit ansehen, dass du dich ins Unglück stürzt!«
    Er stemmte sich aus dem Sessel hoch. Die ganze Zeit hatte er gesprochen, als wäre er mit Graulicht unter vier Augen. Es entsprang seiner Absicht, Audrey wie Luft zu behandeln. Der Freund sollte merken, was er von ihr hielt. Für ihn war und blieb sie kein Geschöpf aus Fleisch und Blut. Sie war wie ein geklontes Ebenbild, das die Vorlage perfekt kopiert hatte, aber an allem, was ein Wesen ausmachte, scheiterte.
    Dieses… Ding war tatsächlich seelenlos. Kalt und - Lobsang musste sich nur die Bosheit in Audreys Augen in Erinnerung rufen - berechnend. Vielleicht sogar heimtückisch, auf jeden Fall aber etwas durch und durch Ungutes.
    Sie musste weg. Zurück dorthin, von wo sie gekommen war!
    »Komm wieder zu dir - ich bitte dich als dein bester und ältester Freund.« Lobsang blieb noch kurz vor Graulicht stehen, den Blick immer von Audrey abgewandt, dann stakste er aus dem Zimmer. Er ging wie auf rohen Eiern.
    Er schloss sich in ihrem eigentlich gemeinsamen Zimmer ein. Und hörte endlos lange die Geräusche aus dem Wohnbereich. Laute, die ihm die Haare zu Berge stehen ließen.
    Aber irgendwann besiegte ihn dann doch der Schlaf.
    ***
    Als Lobsang erwachte, war draußen heller Tag. Dem Sonnenstand zufolge musste es etwa die Mittagszeit sein. Lobsang fluchte. So lange hatte er nicht schlafen wollen!
    Draußen im Wohnbereich war es still.
    Endlich haben sie Ruhe gegeben, dachte er. Es war schon beinahe obszön gewesen, was er sich hatte mit anhören müssen.
    Er schlüpfte aus dem Bett und ging auf Zehenspitzen zur Tür. Noch während er es tat, wurde es ihm bewusst, und er legte den Rest der Strecke im Normalschritt zurück. Die Schuhe hatte er abgestreift, ansonsten trug er seine Tageskleidung, die er nicht hatte ablegen wollen, weil er durchaus damit gerechnet hatte, dass Graulicht sich irgendwann Zutritt verschaffen wollte.
    Das war offenbar nicht geschehen - zumindest hatte der Freund es nicht lautstark eingefordert.
    Freund?
    Allmählich kamen Lobsang seine Zweifel. Der Graulicht da draußen war nicht mehr der Weggefährte seit frühester Jugend. Er hatte sich stark zu seinem Nachteil verändert.
    Aber noch war Lobsang bereit, es ihm nicht als Vorsatz anzukreiden - eher wie eine Krankheit, die Graulicht sich im Strahl eingefangen hatte und nun ohne fremde Hilfe nicht mehr los wurde.
    Der Gedanke schenkte Lobsang Kraft. Er entriegelte die Tür und zog sie auf. Auf dem kurzen Übergangsstück zum Wohnzimmer war es ebenfalls hell. Niemand hatte die Jalousien geschlossen.
    Lobsang lauschte.
    Stille.
    Sie sind weg. Beide weggegangen.
    Das glaubte er, bis er die Stelle erreichte, von der aus man in den Wohnbereich blicken konnte.
    Graulicht lag immer noch wie hindrapiert auf der Couch - vielmehr hing er dort wie eine schlaffe Stoffpuppe ohne Rückgrat! Die unmögliche Haltung jagte Lobsang im ersten Moment einen Schreck ein, weil der Freund mehr an eine zerbrochene Figur erinnerte als an jemanden, in dem noch Leben steckte. Zumal sein Gesicht so grau und mitgenommen aussah, dass sogar die Pigmentierung davon aufgesogen zu werden schien.
    Aber dann bemerkte Lobsang das regelmäßige Heben und Senken des Brustkorbs und entspannte sich. Wenigstens hat sie ihn so geschafft, dass er endlich mal wieder eingeschlafen ist…
    Seine Entspanntheit währte genauso lange, bis er das Geräusch hörte.
    Bad , dachte er. Offenbar mussten auch Blaupausen dann und wann ihre Notdurft verrichten. Oder sich »frisch« machen.
    Lobsang wollte zu Graulicht eilen und ihn wachschütteln, an die letzten Reste seines gesunden Menschenverstands appellieren, solange Audrey beschäftigt war…
    ... aber das fortwährende, nur von kleinen Pausen unterbrochene Geräusch irritierte ihn.
    Und schürte seine Neugier.
    Es klang, als

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