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265 - Das letzte Tabu

265 - Das letzte Tabu

Titel: 265 - Das letzte Tabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Aber ein »Basta« hatte bei Aruula keine Chance. Damit musste er leben.
    »Wird sie dem Empfangskomitee angehören?«, fragte die Kriegerin der Dreizehn Inseln betont gleichmütig.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Matt seufzend. Er wusste es wirklich nicht. »Aber es ist möglich. Sie arbeitet eng mit der amtierenden Präsidentin zusammen. Ihr Fachgebiet ist die Erdgeschichte. Zudem wurde sie vor vier Jahren zur diplomatischen Beraterin ernannt. Sie wäre also bestens geeignet als Empfangsdame.«
    Er biss sich auf die Lippe. Verdammt. »Empfangsdame« klang abfällig und war ein Zugeständnis an Aruulas Stimmungslage, das Chandra so nicht verdient hatte. Sie hatte sich ihm gegenüber stets korrekt verhalten, auch als sie in beiderseitigem Einvernehmen einen Schlussstrich unter ihre Liaison gezogen hatten.
    »Was ist?«, fragte Aruula. »Du schaust so komisch.«
    »Es ist nichts. Lass uns aussteigen. Wir sind die Letzten. Selbst Vogler und Clarice sind bereits von Bord.«
    Für einen Moment erweckte Aruula den Anschein, als wollte sie noch weiter auf dem Thema Chandra herumreiten. Doch dann nickte sie. »Du hast recht. Die Luft hier ist besser, als ich befürchtet hatte. Ich glaube, ich werde damit klarkommen.«
    »Der Luftdruck in den Marsebenen entspricht etwa dem auf der Erde in dreitausend Metern Höhe«, erläuterte Matt, froh, das Thema wechseln zu können. »Daran werden wir uns schnell gewöhnen. Immerhin müssen wir auch nur rund ein Drittel unseres Gewichts tragen. Mir kommt das nach den Wochen im Flüssigtank sehr zupass. Du dagegen wirst merken, dass deine Kraft hier größer ist als auf der Erde. Du wirst auch höher und weiter springen können.«
    »Hört sich gut an. Also bin ich hier eine Art Superfrau?« Sie spannte ihren Bizeps und grinste ihn an.
    Matt lächelte befreit. Das war schon fast wieder die »alte« Aruula.
    ***
    Die Empfangshalle des Towers war Privatpersonen nicht zugänglich. Von den heimkehrenden Astronauten abgesehen, frequentierten nur Bodenpersonal und Sicherheitsleute den Bereich. Und jene Abordnung, die Aruula als Empfangskomitee bezeichnet hatte.
    Es war eine vergleichsweise kleine Gruppe, aber sie stach sofort ins Auge. Eine Person im Besonderen war dabei wortwörtlich ein Dorn in Aruulas Augen.
    Auch wenn die Bilder von Chandra in Matts Gedächtnis diffus geblieben waren, gab es doch nicht den Hauch eines Zweifels, dass die einzige Frau der Vierergruppe jene Marsianerin war, die Matt Drax nicht nur die einsamen Stunden versüßt, sondern ihn nebenbei auch noch mit Grips beeindruckt hatte.
    Vielleicht war es genau dieses Detail - nicht das bloße gute Aussehen allein -, das Aruula zu schaffen machte.
    Im Vorfeld hatte sie sich in der Position gesehen, damit klarzukommen, ihrer Rivalin gegenüberzutreten. Gerade weil Maddrax bei ihr war, nicht bei der schlanken Gazelle mit den weißblonden Haaren und den fast endlos langen Beinen, die sich damit begnügen musste, ihn für ein paar Monate gehabt zu haben.
    Aber jetzt, abseits der Theorie, musste die Barbarin feststellen, dass die Praxis ihr wesentlich mehr abverlangte. Trotz der fühlbar geringeren Anziehungskraft des roten Planeten fielen ihr die Schritte von dem Moment an, als sie Chandra ansichtig wurde, um so viel schwerer.
    »Das ist sie - oder?«, raunte sie Matthew Drax zu.
    Er räusperte sich. »Ja«, sagte er, so unsouverän wie selten. Mehr nicht.
    Und dann kamen sie bei dem Begrüßungskomitee an.
    Wieder hielten sie sich zunächst bedeckt, warteten ab, bis all die anderen Ankömmlinge aus dem Raumschiff abgefertigt worden waren. Matt war froh darüber, nicht gleich im Mittelpunkt zu stehen - nicht rein formal jedenfalls. Denn natürlich war klar, dass ihnen, den »Erdlingen«, die größte Aufmerksamkeit, die meisten Blicke sicher waren. Allerdings gaben sich die Beteiligten alle Mühe, sie das nicht allzu sehr spüren zu lassen.
    Nachdem die turnusmäßig abgelöste Mannschaft der Mondbasis mit salbungsvollen Worten - die Ansprache hatte ein älterer Regierungsvertreter namens Volcon Gonzales gehalten - in den verdienten Urlaub entlassen worden waren, blieben nur noch Matt, Aruula, Vogler und Clarice mit den Würdenträgern zurück. Die beiden marsianischen Freunde nahmen wahrscheinlich wegen ihrer ausgiebigen Erderfahrungen eine Sonderstellung ein, was Matt nur recht war. Er wollte sie nicht gleich nach der Ankunft aus den Augen verlieren, sondern hatte noch ein Anliegen. Die passende Gelegenheit, ungestört mit

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