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265 - Das letzte Tabu

265 - Das letzte Tabu

Titel: 265 - Das letzte Tabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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habt, nötigt jedem Respekt ab. Es scheint so, als hätte dir das Schicksal in die Karten gespielt, Matthew. Du weißt, dass die Stimmung hier nicht unbedingt für die Erdlinge war. Die Rettung der CARTER IV hat euch viel positive Publicity verschafft, auch im Rat.«
    »Das hört sich gut an, Chandra, danke. Wo sind wir untergebracht?«
    »Ich hätte da ein paar gute teure und einige billige, schäbige Unterkünfte - kommt ganz darauf an, wie gut ihr finanziell gestellt seid…« Sie lachte glockenhell als Reaktion auf ihre verdutzten Mienen. Nur Vogler und Clarice hatten sich von ihr nicht ins Bockshorn jagen lassen. Sie grinsten ungeniert.
    »Schon gut, war nur Spaß. Ich bin, glaube ich, wirklich nicht geeignet für diese trockenen Zeremonien. Vielleicht schmeiße ich hin und kehre wieder in meinen alten Job zurück.«
    »Und der war noch mal gleich?«, fragte Aruula. »Bohnenstange?«
    »Aruula, bitte, das geht zu weit!«
    Matt wusste nicht, was er sonst sagen wollte. Seine Freundin machte sich nicht einmal mehr die Mühe, ihre Eifersucht zu verschleiern.
    »War nur eine Retourkutsche«, erwiderte Aruula ungerührt. »Die schwachbrüstige Lady hier weiß das durchaus. Außerdem kann sie sich allein wehren. Ich wette, da schlummert ein Vulkan unter dem Schlafzimmerblick.«
    Es reichte.
    »Volcon Gonzales wird euch zu eurer Unterkunft bringen«, sagte Chandra leicht unterkühlt. »Der mit Maya Joy Tsuyoshi und dem Rat vereinbarte Termin ist für den morgigen Tag anberaumt. Genau zur Mittagsstunde. Ich werde euch rechtzeitig einen Chauffeur schicken.«
    »Maya Joy Tsuyoshi«, wiederholte Matt. »Ich bin froh, dass sie die Präsidentschaft wieder von Leto Jolar Angelis übernommen hat. Dass die ehemalige Friedenssprecherin nun wieder in Amt und Würden ist, werte ich als Zeichen dafür, dass sich die gesellschaftliche und politische Lage auf dem Mars entspannt hat…« Er sah Chandra fragend an.
    Die lächelte unverbindlich. »Alles Nähere dann morgen.« Sie verabschiedete sich ohne eine Wiederholung der Umarmung.
    »Miststück!«, fauchte Aruula, nur für Matt hörbar.
    Kopfschüttelnd trat er neben Vogler und Clarice. »Werdet ihr auch bei der Ratsaudienz anwesend sein?«
    Sie verneinten unisono.
    Matt war überrascht. »Ich dachte -«
    »Wir sprechen vor einem anderen Gremium, das nur aus Wissenschaftlern besteht. Sicher wird sich auch noch die Gelegenheit ergeben, mit der Präsidentin über die Zeit auf der Erde zu plaudern. Aber dann wahrscheinlich in ungezwungener Atmosphäre, nicht vor dem Rat.«
    »Ihr seid zu beneiden. Ihr wisst, worüber ich sprechen werde. Worum es dabei geht - für uns alle.«
    Sie nickten.
    »Ich habe eine Bitte«, fuhr er fort. »Und ich weiß, dass ich damit bei euch an der richtigen Adresse bin.« Aruula trat näher. »Es geht um Hi'schi«, sagte Matt. »Wir… machen uns Sorgen um den Drakullen, der schon weggebracht wurde, ich weiß nicht, wohin. Vielleicht könnt ihr es herausfinden. Und vielleicht…«
    »Du rennst offene Türen bei uns ein, Matt«, sagte Clarice Braxton. Sie streckte ihren durchtrainierten Körper, der auf der Erde einiges an Muskeln zugelegt hatte.
    »Wir werden uns darum kümmern«, versprach auch Vogler im Brustton der Überzeugung.
    »Haltet uns auf dem Laufenden«, bat Aruula. »Ich habe gesehen, wie dieses Wesen leidet - irgendwann muss damit Schluss sein. Entweder sie helfen ihm oder…«
    Sie ließ das »oder« im Raum stehen. Aber sie selbst, Matt und die anderen wussten, dass es keine Alternative gab, die zu erzwingen war.
    Nicht mit legalen Mitteln jedenfalls.
    ***
    In der Morgensonne, die durch die Kristallsäulen schimmerte, begann sich der Nebel aufzulösen, auf dem die schlafende Ylla ruhte. Die ganze Nacht hindurch hatte sie so über dem Boden geschwebt, gestützt von dem weichen Nebel, der beim Schlafengehen aus den Wänden strömte.
    Ray Bradbury, Die Mars-Chroniken
     
    Seine suchende Hand langte ins Leere.
    Graulicht schlug die Augen auf. Audrey war nicht mehr neben ihm. Wie zähe Tropfen regnete die Erinnerung auf ihn herab. Sie hatten… sich geliebt. Eine endlose Zeit lang. Irgendwann schließlich war er vor Lust und Erschöpfung eingeschlafen.
    Jetzt war heller Tag. Nachmittag.
    »Audrey?«
    Dass sie noch nicht sprechen konnte - oder wollte? -, machte Graulicht ihr nicht zum Vorwurf. Sie war wie ein Gefäß, das sich erst langsam, ganz behutsam füllen musste mit all dem Wissen, das Graulicht ihr vermitteln wollte.
    Aber jetzt war sie

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