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266 - Das Todesschiff

266 - Das Todesschiff

Titel: 266 - Das Todesschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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gleich in die Küche, wo Sturmmann Roderich inzwischen hoffentlich etwas zu Beißen angerichtet hat.« Er steckte die Zigarette an und hielt Hasso die Packung hin. »Bedienen Sie sich, Herr Leutnant.«
    »Danke.«
    Holtz gab Hasso Feuer. Sie pafften eine halbe Minute schweigend vor sich hin und schauten aus dem Fenster. Friedrichsen und die SS-Männer beluden den Kübelwagen. Hasso dachte an die Kiste und ihren mysteriösen Inhalt.
    »Vor ein paar Tagen war ein Kommando aus dem Reichssicherheitshauptamt hier, um Ihren Herrn Vater zu bitten, für das Reich analytisch tätig zu werden. Warum dies ausgerechnet in einer Situation geschah, in der der Russe schon vor der Tür stand, entzieht sich meiner Kenntnis.« Er musterte Hasso aus grauen Augen. »Ich weiß nur, dass es um den Brocken ging, der uns gerade eben vor die Füße gefallen ist.« Er runzelte die Stirn. »Ihr Herr Vater sollte in Erfahrung bringen, woraus er besteht und wozu er dient.«
    Hasso machte große Augen. »Wozu er dient ?«
    ***
    März 2526
    Als Sepp erwachte, war es finster. Der Mond stand, von Milliarden Sternen umkränzt, silbern am Himmel. Sepp schälte sich unter der Wolldecke hervor und ging hinaus, um sich den Schornstein anzusehen.
    Die Zeit für einen Eierdiebstahl erschien ihm günstig: Als Ex-Agent des Schweizerischen Bankenvereins konnte Sepp keine Zeugen seiner geplanten Schandtat brauchen.
    Nun ja, in Wahrheit ging es ihm darum, dass es niemand mitbekam, falls er dank seiner Höhenangst schmählich scheiterte.
    Er huschte durch die finsteren Gassen Smörebröds, bis er auf das Grundstück kam, auf dem der Schornstein in den Himmel ragte. Der ihn umgebende Gebäudekomplex war der sechshundert Jahre alte Überrest einer ehemaligen Strickerei. Nun stand er leer und wurde hauptsächlich von Ungeziefer bewohnt. Die Fensterscheiben waren seit Jahrhunderten kaputt, die Türen hatte man zu Beginn der Eiszeit verfeuert. Ein steifer Südwester, der genau in der Sekunde aufkam, in der Sepp den Schornstein begutachtete, fegte durch die Hallen, Büros und Latrinen und rief ein schauriges Heulen hervor, das dem Greinen mythischer Todesfeen in nichts nachstand.
    Zum Glück brauchte Sepp kein Dach zu besteigen, um an den Schornstein heranzukommen: Dieser verschmolz nämlich mit der Außenwand des Gebäudes, das er zierte, und war mit stählernen Leitersprossen aus gehärtetem Schwedenstahl versehen - hoffentlich rostfrei.
    Sepp überprüfte den Sitz seines Kurzschwertes und machte sich auf den Weg. Es war ein beschwerliches Unterfangen. Die Sprossen waren zwar tatsächlich gut erhalten, sah man vom Flugrost ab, doch unzählige Vogelgenerationen hatten sie im Laufe der Jahrhunderte als Sitzstangen verwendet und bekackt, sodass sie eklig glitschig waren.
    Dennoch gelang es Sepp, die erste Hälfte der Strecke heil hinter sich zu bringen. Als er zum ersten Mal die Augen öffnete, wurde ihm bewusst, dass er sich hoch - ungefähr zehn Meter - über den Dächern Smörebröds befand. Eine unangenehme Übelkeit drohte ihn zu übermannen. Bevor er dem Drang jedoch nachgeben konnte, wurde er von einer Gestalt abgelenkt, die unter ihm durch irgendeine Gasse huschte. Sepp kniff die Augen zusammen und erkannte sie: Helmoot! Wieso schlich er geduckt dahin? Was führte der Trunkenbold im Schilde? Und gegen wen?
    Das hat dich jetzt einen feuchten Kehricht zu interessieren , meldete sich seine innere Stimme. Was schert dich der Abschaum des Hafens? Du musst eine Prüfung bestehen, sonst ist es Essig mit deiner Laufbahn als Freibeuter! Du wirst Blondyne nie wieder sehen!
    Sepps Vernunft siegte, wenn auch nur kurz, denn als er seinen Blick von Helmoot löste, wurde er auf eine andere Gestalt aufmerksam, die klein und zierlich war und deren blonde Mähne man einfach nicht übersehen konnte.
    Blondyne war mit ihrem Korb aus dem Haus ihrer Großmutter getreten und schaute sich suchend um. Wartete sie auf jemanden? Doch wohl nicht auf Helmoot?
    Ein Anfall rasender Eifersucht attackierte Sepp. Beinahe hätte er die Kontrolle über sich verloren und die Leitersprosse losgelassen.
    Die Vorstellung, aus Unachtsamkeit abzustürzen und sich alle Gräten zu brechen, erinnerte ihn an seine Prioritäten. Mit der kühlen Lässigkeit, die nur Schweizer Agenten aufweisen, konzentrierte er sich auf seine Aufgabe und legte den Rest des Weges zurück.
    Schon lugte Sepp über den Rand des Nestes und sah… einen zerfetzten Stulpenstiefel, eine rostige Gürtelschnalle mit der eingravierten

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