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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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Typ Kaffee und las die Zeitung. Er trug ein kurzärmliges Hemd und Krawatte. Die Sonne im Fenster schien zu flimmern. »Setz dich bitte«, sagte Rosa.
    Chucho Flores rückte den Stuhl ab, auf dem er lehnte, und setzte sich. Gleich darauf bedeckte er sein Gesicht mit den Händen, und Rosa dachte, er werde schreien oder doch weinen. Was für eine Komödie, dachte sie.
    »Möchtest du etwas trinken?«
    Chucho Flores nickte.
    »Einen Kaffee«, flüsterte er, ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen.
    Rosa sah zur Kellnerin und winkte sie mit der Hand heran.
    »Zwei Kaffee«, sagte sie.
    »Kommt sofort«, sagte die Kellnerin.
    »Der Typ, mit dem du mich gesehen hast, ist nur ein Freund. Nicht einmal ein Freund: Ein Bekannter aus der Uni. Der Kuss, den er mir gegeben hat, war ein Kuss auf die Wange. Das ist ganz normal«, sagte Rosa. »Das tun alle.«
    Chucho Flores lachte und schüttelte den Kopf, ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen.
    »Sicher, sicher«, sagte er. »Das ist ganz normal, ich weiß. Entschuldige.«
    Die Kellnerin kam mit der Kaffeekanne und einer frischen Tasse für Chucho Flores. Erst füllte sie Rosas Tasse, dann seine. Beim Gehen sah sie Rosa an und machte ihr ein Zeichen, zumindest dachte Rosa das hinterher. Ein Zeichen mit den Augenbrauen. Sie zog sie hoch. Vielleicht bewegte sie auch die Lippen. Formte ein stummes Wort. Sie konnte sich nicht erinnern. Aber sie hatte ihr etwas sagen wollen.
    »Trink deinen Kaffee«, sagte Rosa.
    »Gleich«, sagte Chucho Flores, rührte sich aber nicht und behielt die Hände vorm Gesicht.
    Ein weiterer Mann hatte in der Nähe der Tür Platz genommen. Die Kellnerin stand bei ihm, und sie redeten miteinander. Er trug eine ziemlich weite Jeansjacke und ein schwarzes Sweatshirt. Er war schlank und kaum älter als fünfundzwanzig. Rosa sah hinüber, und der Typ merkte sofort, dass man ihn ansah, er nippte aber an seinem Getränk, ohne ihr Beachtung zu schenken oder ihren Blick zu erwidern.
    »Drei Tage später haben wir uns kennengelernt«, sagte Rosa.
    »Warum bist du zu dem Kampf gegangen?«, fragte Fate. »Magst du Boxen?«
    »Nein, ich habe doch schon gesagt, es war das erste Mal, dass ich zu einem solchen Spektakel gegangen bin und dass Rosa mich dazu überredet hat.«
    »Die andere Rosa«, sagte Fate.
    »Ja, Rosita Méndez«, sagte Rosa.
    »Aber nach dem Kampf wärst du mit diesem Typen ins Bett gegangen«, sagte Fate.
    »Nein«, sagte Rosa. »Ich habe sein Kokain angenommen, aber ich hatte nicht vor, mit ihm zu schlafen. Ich kann eifersüchtige Männer nicht ausstehen, aber wir hätten Freunde bleiben können. Wir hatten darüber am Telefon gesprochen, und er schien es zu verstehen. Jedenfalls kam er mir seltsam vor. Als wir dann im Wagen saßen, auf dem Weg zum Restaurant, wollte er, dass ich ihm einen blase. Er sagte: Blas ihn mir ein letztes Mal. Oder vielleicht sagte er es nicht so, nicht in diesen Worten, aber es war ungefähr das, was er meinte. Ich fragte ihn, ob er verrückt geworden sei, und er lachte. Ich lachte auch. Das Ganze schien ein Scherz. In den vergangenen zwei Tagen hatte er mich mehrfach angerufen, und wenn nicht er, dann Rosita Méndez, die mir etwas von ihm ausrichtete. Sie riet mir, nicht mit ihm Schluss zu machen. Sie sagte, er sei eine gute Partie. Aber ich sagte ihr, dass ich unsere Beziehung, oder was das war, für gescheitert ansähe.«
    »Sah er das bereits genauso?«, fragte Fate.
    »Wir hatten am Telefon darüber gesprochen, ich hatte ihm erklärt, dass ich keine eifersüchtigen Männer mag, ich selbst bin es nicht«, sagte Rosa, »ich kann eifersüchtige Menschen nicht ertragen.«
    »Hatte er dich schon verloren gegeben?«, fragte Fate.
    »Wahrscheinlich«, sagte Rosa, »sonst hätte er mich nicht gebeten, ihm einen zu blasen. Das tat er nie, schon gar nicht in der Innenstadt, auch wenn es Nacht war.«
    »Er machte aber keinen traurigen Eindruck«, sagte Fate, »zumindest machte er auf mich nicht diesen Eindruck.«
    »Nein, er wirkte gut gelaunt«, sagte Rosa. »Er war eigentlich immer gut gelaunt.«
    »Das dachte ich auch«, sagte Fate, »ein gutgelaunter Typ, der mit seinem Mädchen und seinen Freunden um die Häuser ziehen will.«
    »Er stand unter Drogen«, sagte Rosa, »er nahm ständig irgendwelche Pillen.«
    »Er wirkte auf mich nicht so, als stünde er unter Drogen«, sagte Fate, »ich fand ihn etwas seltsam, so als hätte er etwas zu Großes im Kopf. Und als wüsste er nicht, was er damit anfangen sollte, auch wenn sein Kopf

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