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weil er es so und nicht anders tun muss, ohne dabei je preiszugeben, was er da reproduziert, was er da leutselig widerspiegelt.
Ein Plagiat, werden Sie sagen. Ja, ein Plagiat, in dem Sinne, dass ein zweitklassiges Werk, jedes Werk aus der Feder eines zweitklassigen Schriftstellers, zwangsläufig irgendein Meisterwerk plagiiert. Der kleine Unterschied ist, dass wir hier von einem einvernehmlichen Plagiat sprechen. Ein Plagiat, das eine Tarnung ist, das Teil eines kunterbunten Schauspiels ist, das ein Rätsel ist, das uns wahrscheinlich ins Leere führt.
Mit anderen Worten: Das Wichtigste ist die Erfahrung. Ich will nicht behaupten, dass regelmäßiger Umgang mit einer Bibliothek nicht auch Erfahrung vermittelt, doch ist die Erfahrung stets der Bibliothek himmelweit überlegen. Die Erfahrung ist die Mutter allen Wissens, sagt man. Als ich jung war und noch glaubte, ich würde in der literarischen Welt Karriere machen, lernte ich einen großen Schriftsteller kennen. Einen großen Schriftsteller, der wahrscheinlich ein Meisterwerk geschrieben hatte, wobei ich fand, dass alle seine Arbeiten Meisterwerke waren.
Ich sage Ihnen nicht seinen Namen. Weder haben Sie etwas davon, ihn zu kennen, noch ist es wichtig für das Verständnis der Geschichte. Es genügt, wenn Sie wissen, dass er Deutscher war und eines Tages für mehrere Vorträge nach Köln kam. Selbstverständlich versäumte ich keine der drei Vorlesungen, die er in der Universität unserer Stadt hielt. Bei der letzten ergatterte ich einen Platz in der ersten Reihe und konzentrierte mich nicht so sehr auf das, was er sagte (er wiederholte vieles, was er im ersten und zweiten Vortrag gesagt hatte), sondern beobachtete ihn genau, seine Hände zum Beispiel, energische und knochige Hände, seinen Altmännerhals, der an einen ungefiederten Pfauen- oder Hühnerhals erinnerte, die leicht slawischen Wangenknochen, blutleere Lippen, Lippen, die man mit einer Rasierklinge hätte aufschneiden und sicher sein können, dass kein Tropfen Blut austrat, graue Schläfen wie eine aufgewühlte See, und dann vor allem seine Augen, tiefe Augen, die manchmal, bei leichten Bewegungen seines Kopfes, aussahen wie zwei endlose Tunnel, zwei verlassene und von Einsturz bedrohte Tunnel.
Natürlich wurde seine Person nach Ende der Vorlesung von den Honoratioren der Stadt umlagert, und ich konnte ihm nicht einmal die Hand schütteln und ihm sagen, wie sehr ich ihn bewunderte. Die Jahre vergingen. Der Schriftsteller starb, und logischerweise las ich ihn immer noch und immer wieder. Dann kam der Tag, an dem ich beschloss, die Literatur aufzugeben. Ich gab sie auf. Dieser Schritt hatte nichts Traumatisches, sondern etwas Befreiendes. Unter uns gesagt, es war wie der Verlust der Jungfräulichkeit. Was für eine Erleichterung, die Literatur, also das Schreiben, aufzugeben und sich aufs Lesen zu beschränken!
Aber das ist ein anderes Thema. Darüber sprechen wir, wenn Sie meine Maschine zurückbringen. Der Besuch des großen Schriftstellers in meiner Stadt blieb mir jedoch in wacher Erinnerung. Mittlerweile hatte ich begonnen, in einer Fabrik für optische Instrumente zu arbeiten. Finanziell kam ich gut zurecht. Ich war Junggeselle, hatte Geld, ging wöchentlich ins Kino, ins Theater, zu Ausstellungen, lernte außerdem Englisch und Französisch und besuchte Buchhandlungen, wo ich mir die Bücher kaufte, die mich reizten.
Ein ausgepolstertes Leben. Aber der Besuch des großen Schriftstellers blieb mir in wacher Erinnerung, und, was noch schlimmer ist, mir wurde plötzlich klar, dass ich mich nur an den dritten Vortrag erinnerte und dass sich meine Erinnerungen auf sein Gesicht beschränkten, als hätte dieses Gesicht mir etwas sagen wollen und es am Ende doch nicht getan. Aber was? Eines Tages begleitete ich aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun, einen befreundeten Arzt in die pathologische Abteilung der Universität. Ich nehme an, Sie waren noch nicht dort. Sie befindet sich im Untergeschoss, ein langgestreckter Raum mit weiß gefliesten Wänden und Holzdecke. In der Mitte gibt es eine Art Amphitheater, wo den Studenten Autopsien, Sektionen und andere medizinische Monstrositäten vorgeführt werden. Dahinter besaßen der Dekan der Gerichtsmedizin und ein weiterer Professor zwei kleine Büros. An den äußeren Enden der Halle lagen die Kühlräume, wo man die Leichen aufbewahrte - Körper von mittellosen oder nicht identifizierten Personen, denen der Tod auf der Durchreise in Hotels seine
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