269 - Andronenreiter
Auswahlverfahren von den anderen getrennt und lernten den Kampf auf einem flugfähigen Tier.
Andronenreiter-Söldner waren in bewaffneten Konflikten universell einsetzbar. Sie waren sowohl Nahkämpfer, als auch in Fernwaffen wie Armbrüsten und Pfeil und Bogen geschult. Sie konnten mit Lanzen umgehen, aber auch mit dem Schwert, wenn es sein musste. Dazu besaßen sie mit ihrem Reittier eine weitere wirkungsvolle Waffe, denn sie konnten es Säure verspritzen und mit den kräftigen Mandibeln zubeißen lassen. Dementsprechend lange dauerte die Ausbildung: drei Jahre für die herkömmlichen Reiter, fünf für die Flieger.
Brunos Sippe hatte guten Zulauf und so waren die knapp zwanzig Zimmer der Auszubildenden immer restlos belegt. Für die jungen Männer von Saadina war die Aussicht, als ausgebildete Reiter von der langweiligen Insel wegzukommen, die Hauptmotivation, sich der harten Unterweisung zu unterziehen. Die Geschichten von ruhmreichen Schlachten, die ihre Vorbilder auf dem Festland und in fernen Ländern fochten, trieben sie nur noch mehr an.
Den Rest des Areals bildeten die zahlreichen Gatter, die Reit- und Kampfübungsplätze, das Zeughaus und die Sattelkammer.
Gosy lenkte ihre Androne durch das runde Tor aus mit Chitinschuppen beschlagenem Holz auf den Vorplatz des Wohnhauses. Gegen die untergehende Sonne sah sie zwei Reiter beim Zuritt-Gatter stehen, ohne sie erkennen zu können. Sie vertäute ihr Tier an einem Haltering und ging zu den beiden hinüber.
»Gut so, mein Junge!«, wehte eine tiefe Bassstimme herüber, und Gosy wusste sofort, dass einer der Männer ihr Vater sein musste, der Sippenführer Bruno. »Trau dich!«
Ein aufgeregter Schrei erklang, spitz und hoch, fast wie von einem Kind. Gosy grinste. Dachte ich's mir doch! Alfoons…
In einer vom Rest des Gatters abgetrennten kleinen Box stand ein Junge auf den Balken des Zauns und schaute unschlüssig zu dem hünenhaften Bruno. »Sie ist so unruhig!«, maulte er. »Wie soll ich mich denn auf ihr halten können, wenn sie so zappelt?«
Bruno lachte schallend. »Was glaubst du, wie sehr sie erst zappeln wird, wenn wir das Tor aufmachen, Junge?«, höhnte der Mann. »Nein, davor darfst du dich nicht fürchten. Wenn das so ist, kann ich dich gleich wieder zu deiner Mutter schicken, der kannst du dann beim Gerben helfen!«
Alfoons schluckte hörbar. Angestrengt presste er die Lippen aufeinander, nahm sich dann ein Herz und schwang sein Bein erneut über den Zaun auf den Rücken der unruhigen Androne, die dort angebunden und eingesperrt war. Langsam ließ er sich in den Sattel rutschen und krallte sich am Knauf fest.
Gosy war neben Bruno an das Gatter getreten und legte belustigt die Arme auf den Zaun. Wollen doch mal sehen, wie sich mein kleiner Bruder bei seinem ersten Zuritt anstellt.
Die Androne schien ein wildes Jungtier zu sein. Sie war noch nicht besonders groß, aber die Insekten wuchsen schnell. Schon in zwei Wochen würde sie so groß sein wie die anderen Arbeiterinnen aus ihrem Nest. Das Tier merkte die plötzliche zusätzliche Belastung auf sich und stieß ein ängstliches Zirpen aus. Es versuchte sich im Gatter umzuwenden, aber dafür war kein Platz. Außerdem hatte man die sechs Beine an den Holzbalken links und rechts fixiert. Es gab keinen Ausweg.
»So weit, so gut!«, murmelte Bruno. Er hatte Gosy entdeckt und nickte ihr freundlich zu. Dann wandte er sich wieder an seinen Sohn, der gestern seinen zwölften Geburtstag gefeiert und deswegen das Recht erworben hatte, seine ersten Versuche beim Zureiten eines eigenen Tieres zu machen. Alfoons war, wie seine Brüder, offenbar nicht davon angetan, lange zu warten. Er wollte gleich am Folgetag seine ersten eigenständigen Reitversuche machen.
Es versetzte Gosy einen Stich, dass sie als Frau zwar Andronen reiten, aber nicht zureiten durfte. Bisher hatte sie es immer nur mit zahmen Tieren zu tun gehabt. Wie gerne würde sie sich einmal ein eigenes Tier zähmen! Aber was das anging, waren die Regeln der Andronenreiter - wieder einmal! - eindeutig.
»Jetzt die Zügel!«, forderte Bruno und machte eine zugreifende Geste.
Alfoons beugte sich vorsichtig nach vorne zu den wippenden Fühlern des Jungtiers und streckte die Hände nach den Lederriemen aus, mit denen man die Androne steuern konnte. Das Rieseninsekt, das offenbar noch keinerlei Erfahrung hatte, erschrak sichtlich, als die Hand des Jungen in den Sichtbereich seiner Facettenaugen geriet. Erneut stieß die Androne ein schrilles
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