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269 - Andronenreiter

269 - Andronenreiter

Titel: 269 - Andronenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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einem Rudel Lupas her zu sein. Daneben erblickte Gosy Bilder von Landschaften, die so echt aussahen, als hätte man sie aus dem Leben gerissen, plattgedrückt und mit Glas überzogen.
    Sie zuckte zusammen, als die Tür mit einem lauten Geräusch hinter ihr zufiel. Der Anblick der Bilder hatte sie alles um sie herum vergessen lassen. Auch den Mann, wegen dem sie eigentlich hier war.
    »Wunderschön, nicht?«, hörte sie eine dunkle Stimme, sanft wie das Schlagen von Lischettenflügeln, aber dennoch kraftvoll und männlich. »Ich habe auch schon stundenlang davor gesessen und mir angesehen, wie die Toscaana vor Kristofluu (der Zeitpunkt, in dem der scheinbare Komet ›Christopher-Floyd‹ einschlug) gewesen sein muss.«
    Im Gegenlicht sah Gosy die Silhouette eines schlanken Mannes. Während er auf sie zukam, schälten sich mehr und mehr Details aus dem Dunkel. Er war hochgewachsen, mindestens eine Elle größer als sie. Sein Gewand schien aus feinstem Tuch gemacht, es fiel in Wellen um seinen hageren Körper, ließ aber die Arme frei. Gosy sah, wie sich die Muskeln unter der Kleidung abzeichneten, sah die kafibraune Haut an seinem Hals und ließ ihren Blick über das glatte Gesicht ohne Bart wandern, bis sie direkt in zwei dunkelbraune, schelmisch zwinkernde Augen sah.
    Conte Malandra! Er ist so schön!
    Er war sogar noch schöner, als sie ihn in Erinnerung hatte. Sie hatte ihn zwar erst vor zwei Monden das letzte Mal gesehen, aber was waren zwei Monde, wenn man sich nach dem einen Menschen sehnte? Dem einen Menschen, von dem man einfach wusste, dass er der Richtige war.
    »Gioseppina? Geht es Ihnen nicht gut?«
    »Äh… was?«, stammelte die junge Frau verlegen, als ihr bewusst wurde, dass sie den Conte wohl längere Zeit einfach nur mit offenem Mund angestarrt hatte. »Doch, Conte, doch! Es geht mir gut! Sehr gut sogar!«, beeilte sie sich zu sagen, straffte sich und deutete eine leichte Verbeugung an.
    Conte Malandra nahm es mit einem Lächeln zur Kenntnis und machte eine einladende Geste. »Es freut mich außerordentlich, Sie schon so bald wiederzusehen, meine Liebe«, sagte er. Er ging zu einem großen Tisch, nahm eine bereitstehende Karaffe und schenkte eine dunkelrote Flüssigkeit in zwei Kelche ein. Den einen reichte er Gosy. »Aber lassen Sie uns doch auf den Balkon gehen. Das Wetter ist so herrlich, und Sie haben, wenn ich mich recht erinnere, noch nie die berauschende Aussicht auf das Wasser von hier aus genießen können.«
    Das Mädchen folgte dem Conte hinaus in das gleißende Licht. Erst nach einigen Momenten hatten sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt und vor ihr tat sich ein Panorama auf, das bis zum Horizont nur glitzerndes Blau zeigte.
    Gosy faltete ergriffen die Hände und sah den Conte selig an. Er durfte nicht merken, dass sie diese Begeisterung aus Höflichkeit nur spielte. Bevor sie mit ihrem Tier im hufeisenförmigen Innenhof der Villa gelandet war, hatte sie stundenlang nichts als Wasser gesehen. Der Weg von Saadina hierher führte nun mal hauptsächlich übers Meer.
    »Ich war noch nie in Eurem Haus, Conte«, schwärmte sie eifrig, wie Malandra es von ihr erwartete. »Mein Vater hat mich immer nur in die Ställe mitgenommen…« Und er hatte sie dort auch des Öfteren alleine gelassen, wenn er mit dem Stallmeister des Conte verhandelte. Dort, in den Schatten der Versorgungsboxen, war sie Malandra das erste Mal begegnet.
    Er hatte persönlich sein Leittier gefüttert, eine fünfjährige Flugandrone, und Gosy fühlte sich sofort zu dem Mann hingezogen, auch wenn er fast doppelt so alt war wie sie. Auch Malandra hatte augenscheinlich Gefallen gefunden an der jungen Andronenreiterin von der Insel Saadina. Warum sonst hätte er es so einrichten sollen, dass sie sich immer wieder dort an derselben Stelle trafen, wenn ihr Vater und sie mit einem Reitertrupp auf ihrer jährlichen Frühjahrstour durch die Toscaana zogen?
    Ihre Treffen waren nicht wirklich geheim, aber es hatte doch etwas… Verbotenes an sich. Irgendetwas, das Gosy ein prickelndes Gefühl verursachte.
    Der Conte nahm einen Schluck aus seinem Kelch. Gosy tat es ihm nach. Sie schmeckte süßen Vinoo, vermischt mit frischem Wasser.
    Malandra war einer von rund zwei Dutzend Contes, die seit Jahrzehnten über die Vorherrschaft hier in der Toscaana, wie man diesen Landstrich an der Westküste von Ittalya nannte, kämpften. Dementsprechend dominant war sein Auftreten.
    »Ihr Vater hat Sie zu mir geschickt, nehme ich an?« Er

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