269 - Andronenreiter
Königin das perfekte Hochzeitsgeschenk für den Conte. Wenn es Gosy gelang, sie zum Festland zu bringen, bevor sie ihre Flügel verlor, dann hatte sie es geschafft.
Die junge Frau kehrte in die Wirklichkeit zurück. Die Königin verhielt sich ruhig, seitdem sie im Freien war, und trottete hinter ihr her. Gemeinsam gelangten sie an den Platz, an dem Gosy heute Morgen ihr Reittier angebunden hatte.
Die Flugandrone wich respektvoll vor der Königin zurück, so weit es ihr Haltestrick zuließ. Gosy band das Lasso am Sattel ihres Tieres fest und nahm das zweite Halfter zur Hand. Zweifelnd blickte sie auf den riesigen Schädel der Jungkönigin. »Na, ob das passt?«
Sie löste ein paar Schnallen und erweiterte das Ledergeflecht auf die größtmögliche Einstellung. Behutsam zog sie das Zaumzeug über den Kopf, während sie die letzte Handvoll Zucker an die große Androne verfütterte. Dann löste sie das Lasso vom Hals des Tieres und vertäute ein stabiles Seil am Halfter.
Die beiden Andronen waren jetzt über das lange Tau miteinander verbunden. Der Abstand, den dieses Seil zuließ, war groß genug, dass die Tiere bequem nebeneinander oder hintereinander würden fliegen können.
Gosy klatschte sich den Staub von den Händen und machte ihre Flugandrone los. »Dann wollen wir mal! Sag guten Tag zu deiner neuen Freundin!« Sie führte ihr Reittier zu der Königin, damit sie sich kennenlernen konnten. Angeregt betasteten sich die beiden geflügelten Andronen mit den Fühlern. Sie stammten aus demselben Staat und waren einander deswegen nicht feindlich gesinnt.
»So, das muss genügen!«, beschloss das Mädchen nach einer Weile. Sie schwang sich in den Sattel und ruckte kurz an dem Verbindungsseil. Mit der anderen Hand klopfte sie gleichzeitig ihrer Androne auf den Hinterkopf. Das Tier startete, und die Königin folgte.
Gosy jauchzte laut. Mit einem lauten Knattern erhoben sich die beiden riesigen Insekten in den Mittagshimmel von Saadina.
***
Die Suche nach Gosy auf der Farm verlief ergebnislos.
Bruno hatte seine Männer und auch die Söldner-Schüler angewiesen, den Hof nach seiner Tochter zu durchkämmen. Dass sie unterwegs zu sein schien, war eigentlich nicht schlimm - Bruno selbst schickte sie ja oft genug mit Aufträgen auf der Insel herum oder sogar aufs Festland. Aber bis jetzt hatte sie sich immer bei ihm oder ihrer Mutter abgemeldet.
Diesmal war sie verschwunden, ohne jemanden davon in Kenntnis zu setzen, und da sie seit dem gestrigen Abend nicht mehr gesehen worden war, vermutete das Oberhaupt der Gilde einen ganz bestimmten Grund dahinter.
»Wenn sie ausgerissen ist, hat sie schon einen halben Tag Vorsprung«, mutmaßte er. Angelina tigerte nervös auf der Veranda des Wohnhauses auf und ab. Matt und Aruula hatten angeboten, bei der Suche mitzuhelfen. Da sie aber nicht wussten, wie Gosy aussah, und überdies Gäste auf der Andronenfarm waren, hatte Bruno dankend abgelehnt.
»Aber warum sollte sie so etwas tun?«, überlegte die Frau des Oberhaupts. »Hat sie dir gegenüber irgendwelche Andeutungen gemacht? Ich habe jedenfalls nichts Ungewöhnliches bemerkt.«
Bruno hatte sich auf einem hölzernen Hocker niedergelassen, Matt und Aruula waren bei den beiden auf der Veranda, hielten sich aber im Hintergrund.
»Ich kann mir schon vorstellen, was das Problem ist«, sagte Bruno leise. Unsicher sah er zu seiner Frau hinüber. »Wir haben gestern Abend wieder mal über ihr Lieblingsthema geredet.«
Die Frau lachte freudlos. »Ach, so ist das. Na, dann wundert mich nichts mehr. Du weißt doch, wie sie darauf reagiert!«
»Worum ging es denn?«, fragte Aruula neugierig und ignorierte Matts böse Blicke. Aber Bruno schien ihr die Indiskretion nicht krummzunehmen.
»Natürlich ums Heiraten.« Er seufzte. »Was das angeht, gibt es in der Gilde gewisse ungeschriebene Gesetze. Eines davon besagt, dass eine Frau sich mit dem achtzehnten Lebensjahr einen Gefährten sucht und ihn ehelicht. Und dass sie sich fortan der Lederwarenproduktion und der Familie widmet.«
Matt gab seine Zurückhaltung auf und nickte. »Das erklärt, warum uns bis jetzt immer nur männliche Andronenreiter begegnet sind, niemals Frauen.«
»Es ist zwar nicht verboten, dass Frauen der Gilde auf Andronen reiten«, erklärte Bruno. »Was aber die Berufe als Söldner, Wachtruppenpatrouille oder Zureiter angeht, so sind diese streng auf männliche Mitglieder beschränkt. Gosy hatte für solche Regeln… nun, sagen wir mal, nie so richtig
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