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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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machen.“
    „Effendi, schilt mich nicht! Alle Welt ist überzeugt, daß ich der weiseste meines Stammes bin, aber Allwissenheit kannst du unmöglich von mir verlangen. Wie konnte ich ahnen, daß dieser Mann der Taschenspieler ist! Übrigens hast du ihn noch nicht gesehen; du kennst ihn nur aus meiner Beschreibung und kannst dich leicht irren. Ich habe dir ein ganz vorzügliches, meisterhaftes Bild von ihm geliefert, aber deine Auffassungsgabe vermag wohl kaum, die Schilderung ins richtige Innere aufzunehmen, und so will ich in Anbetracht dieser Überlegenheit jetzt noch denken, daß mein Freund wirklich mein Freund und nicht dein wirklicher, angeblicher und unvermuteter Muza'bir ist.“
    „Was das betrifft, so sollst du dich sehr bald überzeugen, wer er ist. Der Mann wird nach einer Gelegenheit suchen, heimlich an mich zu kommen; findet er sie nicht, so will er mir folgen; darum sollst du ihn von der Zeit meiner Abreise benachrichtigen. Er wird früher oder später seinen Angriff gegen mich wiederholen, und da gebietet mir die Klugheit, ihm zuvorzukommen. Wir werden ihn also jetzt aufsuchen.“
    „Das geht nicht, Effendi, weil er mir sehr zürnen würde.“
    „Was geht dich sein Zorn an?“
    „O, sehr viel! Er gleicht im Zorn einem Löwen! Das habe ich erfahren, als ich ihm erzählte, daß du mir geholfen hast, drei Gespenster zu fangen.“
    „Ich dir?“
    „Ja, gewiß!“
    „Besinne dich! Als ich die zwei Gespenster fing, während mir das dritte entkam, lagst du unter der dicken Matte im Flur des Hauses.“
    „Effendi, verdrehe doch nicht die richtige Falschheit der zweifelhaften Tatsachen! Mein Gedächtnis ist ungeheuer scharf; es ist das berühmteste in meinem ganzen Stamm, und so weiß ich sehr genau, was geschehen ist. Ich erzählte meinem Freund davon. Ich sagte ihm, daß ich in dem obersten Gespenst, als ich es in deinem Schlafzimmer überwältigt und gefesselt hatte, den Mokkadem der heiligen Kadirine erkannte. Darüber ergrimmte mein Freund, so daß er zur Pistole griff und mich zu erschießen drohte. Ich mußte ihm versprechen, nie wieder ein Wort über diese meine Heldentat zu erzählen. Ja, er ist entsetzlich in seinem Zorn. Wenn ich mit dir zu ihm komme, muß er doch erkennen, daß ich zu dir von ihm geredet habe, und da er mir dies streng verboten hat, so muß ich gewärtig sein, daß er mich auf der Stelle niederschießt.“
    „Da sei ganz ohne Sorge, denn ich laß meinen Beschützer nicht niederschießen.“
    „Das ist schön von dir, denn es beweist, daß du ein dankbarer Mann bist. Dennoch aber ist es besser, ich bringe dich nicht in die Gefahr, von der Kugel getroffen zu werden, welche nur auf mich gerichtet wäre.“
    „Ich fürchte mich nicht. Du aber scheinst Angst zu haben.“
    „Angst? Effendi, deine Seele steckt bis über die Ohren im Irrtum. Wie kann ich Angst empfinden, ich, der oberste der Helden!“
    „Nun wohl, so haben wir nicht nötig, weitere Worte zu machen. Wer Angst hat, der bleibt hier, wer aber Mut besitzt, der geht mit. Ich fürchte mich nicht; darum gehe ich. Und du – – –?“
    Da richtete er sich noch höher auf, als er war, schlug sich mit der Faust auf die Brust und rief:
    „Und ich? Natürlich gehe ich mit. Ich werde mich vor dich hinstellen, um dich mit meinem Leib zu schützen, und so werde ich vor dir stehen bleiben, selbst dann, wenn mein Freund mir so viel Kugeln durch den Leib schießt, daß derselbe einem Sieb gleicht. Laß uns aufbrechen! Ich bin begierig, dir zu zeigen, was die wahre Tapferkeit vermag.“
    Jetzt hatte ich ihn da, wo ich ihn haben wollte. Wir gingen. Er schritt mit seinen langen Beinen zunächst so schnell vorwärts, daß ich seinem Eifer Einhalt tun mußte. Je weiter wir kamen, desto langsamer bewegte er sich, und als wir endlich in die enge Gasse einbogen, in welcher der Gärtner wohnte, wurden seine Schritte so klein, daß ein Kind ihn spielend überholen konnte.
    „Effendi“, meinte er da schlauerweise, „es ist noch Tag; wollen wir nicht lieber warten, bis es dunkel ist, weil er da nicht so gut zielen kann?“
    „Er wird gar nicht zielen. Wir befinden uns nicht draußen in der Wüste, sondern in einer Stadt, in der Hauptstadt Oberägyptens sogar. Da wagt es niemand so leicht, auf einen Menschen zu schießen. Doch soll es mir auch ganz recht sein, wenn er es tut. Du willst dich ja für mich durchlöchern lassen.“
    Da blieb er stehen und antwortete rasch:
    „Jawohl, das werde ich, von Herzen gern, aber nur heute

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