27 - Im Lande des Mahdi I
Helden der Welt auf.“
„Nun, ich werde dich auf die Probe stellen!“
„Tu das! Es ist noch nie ein Mensch geboren worden, der sich in Beziehung auf Tapferkeit mit mir vergleichen könnte.“
„Du bist in der Höhle des Maabdah gewesen; du fürchtest dich also nicht vor einer solchen Höhle?“
„Ganz und gar nicht. Ich würde mich sogar vor der Hölle und allen ihren Teufeln nicht fürchten.“
„Das ist mir lieb, denn du sollst mit uns eine zweite Höhle besuchen.“
„So komme schnell, und zeige sie mir! Ich bin bereit, bis an ihr letztes Ende zu kriechen.“
„Nur Geduld! Wir werden sie erst morgen besuchen. Es darf niemand etwas erfahren, weder jetzt noch später. Willst du mir Verschwiegenheit zuschwören?“
„Natürlich!“
„So laß dir von diesem Effendi das Übrige mitteilen. Ich bin fertig und muß wieder fort. Morgen zur festgesetzten Zeit werde ich am Tor stehen. Also seid verschwiegen! Wenn man euch fragt, wohin ihr gehen wollt, könnt ihr ja sagen, daß es euch beliebt, die Stadt anzusehen.“
„Ich werde gar nichts sagen“, meinte Selim. „Ich bin der vornehmste Mann meines Stammes und lasse mich nicht ausfragen. Ich gehe mit, um den Effendi zu beschützen, und kein Mensch braucht zu erfahren, daß er ohne mich nirgends, und also auch in dieser zweiten Höhle nicht, bestehen kann. Gehe also hin, und sei guten Mutes! Ich bin der Mann, auf den du dich verlassen kannst.“
Er machte bei diesen Worten eine so huldvoll majestätische Handbewegung, wie ein König, welcher einen armen, tiefstehenden Untertanen in Gnaden entläßt. Der Fakir ging, und Selim wandte sich an mich:
„Einen zuverlässigen Freund zu besitzen, ist der größte Trost des Elends und die süßeste Beruhigung des Schwachen. Ich bin der deinige und werde mich für dich aufopfern, um dich zu beschützen in allen Gefahren der Vergangenheit und allen Unannehmlichkeiten der zukünftigen Tage. In meinem Schutz kannst du sicher wohnen, und unter meinem Schirm wirst du Ruhe und Frieden finden vor allen Feinden des Leibes und der Seele. Wenn ich meine Hand über dich halte, können die Völker der Erde dir nichts anhaben, und solange die Zärtlichkeit meines Auges auf dir weilt, leuchten dir tausend Sonnen des Wohlstandes und Millionen Sterne des Überflusses. Ich bin der Beschützer aller Beschützer und Beschützten. Meine Macht ist wie – – –“
„Wie nichts, wie gar nichts!“ unterbrach ich ihn. „Schweig' mit deinen Aufschneidereien! Fühlst du denn nicht, daß du dich nur lächerlich machst?“
„Lächerlich?“ fragte er im Ton der Empörung. „Effendi, das hätte ich nicht von dir gedacht! Du mißachtest meine Gegenliebe und täuschest die Gefühle der Zusammenkunft unserer Herzen. Ich hänge an dir mit allen Tätigkeiten meiner irdischen Anwesenheit und tränke dich mit den Vorzügen der Großartigkeit, die Allah mir verliehen hat. Und anstatt dies mir Dank zu wissen, was tust du? Du redest von Aufschneidereien und von Lächerlichkeit. Das betrübt mich bis auf die Gebeine und zerrüttet das Gleichgewicht meines ganzen jammervollen Wesens.“
Wahrhaftig, es standen ihm die Tränen in den Augen! Hatte dieser sonderbare Mensch mich wirklich so lieb? War das Prahlen ihm so zur zweiten Natur geworden, daß er es nun nicht lassen konnte, daß es ihm nun ganz unmöglich war, einzusehen, daß er nur Unsinn redete? Ich erinnerte ihn in freundlicherer Weise:
„Aber Selim, denke doch an gestern zurück! Welches Geständnis hast du mir denn gemacht, als ich dir die hundert Piaster zurückgab?“
„Ein Geständnis? Ich weiß von nichts“, antwortete er im Ton der Wahrheit, der vollsten Überzeugung.
„Du hast mir und den anderen eingestanden, daß du ganz unvermögend bist, mein Beschützer zu sein.“
„Herr, kränke mich nicht abermals! Ich habe es gesagt, weil ich dir gehorchen wollte und weil ich ein armer Mann bin, dessen Beutel an der Krankheit des Mangels dahinstirbt wie die Schwalbe, wenn sie keine Fliegen findet. Nur deshalb gingen solche Worte über die Öffnung meines Mundes. Im stillen aber mußt du dir gesagt haben, daß ich dir nur mit größter Überwindung diese Worte nachsprechen konnte, denn ich bin wirklich der Mann, welcher sich vorgenommen hat, dich vor allen Fährlichkeiten treulich zu bewahren. Frage deinen Freund! Er wird es mir bezeugen, daß ich dich mit der Liebe einer Mutter umfange und stets nur an dein Wohlergehen denke.“
„Welchen Freund?“
„Der, mit dem ich
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