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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das Rohr zu sehen. Das Glas brachte mir die Personen näher. Zwei Personen ritten voran, und zwei, welche die beiden ledigen Kamele neben sich führten, hinterdrein; in der Mitte befanden sich die Gefangenen.
    Jetzt galt es. Ich lockerte die beiden Revolver und das Messer und nahm das Gewehr zur Hand. Jetzt tausend, dann neunhundert, nun achthundert Schritte war ich von ihnen entfernt. Einer der Voranreitenden sah sich zufällig um und erblickte mich. Er mochte den andern sagen, daß ein Reiter hinter ihnen herkomme, denn sie drehten sich auch um. Ich war ein einzelner Mann, den sie, wie sie glaubten, nicht zu fürchten hatten; sie hielten an, um mich herankommen zu lassen, griffen aber als vorsichtige Leute zu den Waffen.
    Sie besaßen lange Beduinenflinten, welche nur in der Nähe gefährlich sind. Die Gefangenen waren gefesselt; von ihnen hatte ich keine Unterstützung zu erwarten. Ich mußte mich auf mich allein verlassen. Die Entfernung zwischen ihnen und mir, der ich mein Kamel auch angehalten hatte, betrug wohl gegen dreihundert Schritte. So weit reichten die Flinten nicht; ich aber war sicher, daß meine Kugeln die Stelle, auf welche sie gerichtet waren, genau treffen würden. Dadurch war ich ihnen überlegen. Nun kam es auf das Verhalten der beiden Gefangenen an. Verrieten sie durch Worte oder Zeichen, daß sie mich kannten, daß ich komme, um sie zu befreien, so wurde mir die Ausführung meines Vorhabens ganz beträchtlich erschwert.
    Der eine von den vieren winkte mir, heranzukommen; ich gab ihm denselben Wink nach mir her. Er sprach mit seinen Gefährten einige Worte, kam dann auf mich zugeritten und blieb in einer Entfernung von vielleicht hundert Schritten von mir halten.
    „Wer bist du?“ rief er mir zu.
    „Ein Sajih (Reisender) aus Kahira“, antwortete ich.
    „Willst du etwas von uns?“
    „Ja. Ich habe eine Bitte und werde, wenn du sie mir erfüllst, auch dir einen Wunsch erfüllen.“
    „Ich habe keinen!“
    „Du wirst einen haben, sobald du mein Verlangen erfüllst. Komme näher!“
    „Nein, komme du!“
    Wenn ich meinen Zweck erreichen wollte, so mußte ich dieser Aufforderung Folge leisten, doch tat ich das in einer besonderen Weise, welche ihn zwang, mich im Vorteil zu belassen. Ich ritt nämlich nicht zu ihm hin, sondern ich ließ mein Kamel niederknieen, stieg ab und ging langsam auf ihn zu. Die Wüstenregel gebot ihm nun, dasselbe zu tun. Er stieg also auch von seinem Tier und kam mir würdevoll entgegen. Als er mich erreichte, blieb er stehen, sah mir scharf und forschend in das Gesicht, reichte mir die Hand und sagte:
    „Sallam aaleïkum! Sei mein Freund!“
    „Aaleïk sallam! Ich werde dein Freund sein, sobald du der meinige bist. Du weißt nun, was ich bin und woher ich komme. Darf ich auch erfahren, zu welchem Stamm du gehörst und wo der Ausgang deiner Reise liegt?“
    Ein Messer und zwei Pistolen sahen mit ihren Griffen aus seinem Gürtel. Er stützte sich auf seine Flinte wie einer, der seiner Sache sicher ist und nichts zu fürchten hat, und antwortete:
    „Auch wir sind Reisende und kommen aus dem Dar Sukkot.“
    „Dein Herz ist der Brunnen der Herablassung, und deine Gnade erleichtert meine Seele.“
    Dabei setzte ich mich nieder, doch so, daß ich seine Leute im Auge hatte. Er mußte sich nun auch niederlassen und tat dies so, daß er mir gegenüber, also mit dem Rücken nach den Gefangenen, saß. Meine Worte frappierten ihn; er wußte nicht, was ich meinte, und sagte darum:
    „Der Wille deiner Zunge ist mir verschlossen. Warum redest du von Herablassung?“
    „Weil du dich vor mir verbirgst und erniedrigst wie Harun al Raschid, welcher einst als Armer die Straßen von Bagdad, seiner Stadt, durchwandelte.“
    „Du irrst. Ich bin kein Sultan und auch kein Emir.“
    „Aber ein hoher Beamter des Vizekönigs, dessen Tagen Allah noch tausend zuzählen möge.“
    „Wie kommst du auf diesen Gedanken?“
    „Ich sehe Gefangene bei dir, also mußt du ein Beamter der Gerechtigkeit sein. Sind es wichtige Verbrecher, welche du ergriffen hast?“
    „Ich bin kein Memur, und die Hunde, welche ich gebunden habe, werden Kahira nicht zu sehen bekommen, sondern eines baldigen Todes sterben, weil sie einen meiner Gefährten ermordet und beraubt haben. Sie sind Räuber und Kameldiebe. Doch das wird dich nicht interessieren. Du sprachst von einer Bitte und von einem Wunsch, welchen du mir dann erfüllen willst. Darf ich deinen Wunsch vernehmen?“
    „Ja, denn ich bin nur deshalb, ihn

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