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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und auf seinen heutigen Rundgang verzichtet. Nun ging ich nach dem Hausflur, um nach Selim zu sehen. Er war noch nicht da, kam aber soeben die Treppe herab, mit einer kleinen Lampe in der Hand, welche ihn und die Umgebung matt beleuchtete. Alle Wetter, hatte dieser Held sich für die Geistererscheinung vorgesehen! Von jeder Schulter hing ihm eine Flinte herab; an der linken Seite schleppte ein mächtiger Sarras neben ihm her; sein langes, weißes Gewand war mit einem Tuch umgürtet, aus welchem die Griffe von einigen Messern und Pistolen blickten; in der Linken trug er die Lampe und in der Rechten ein starkes Holz, welches jedenfalls die Stelle einer Keule vertreten sollte. Als er mich erblickte, fuhr er vor Schreck so zusammen, daß ihm die Lampe entfallen wäre, wenn ich sie nicht ergriffen und festgehalten hätte.
    „Laß mich in Ruh', laß mich in Ruh', o böser Geist, o Teufel!“ rief er, indem die Keule seiner Hand entglitt.
    „Schrei' nicht so, Selim!“ antwortete ich. „Ich glaube gar, du hälst mich für den Geist!“
    Dabei hob ich die Lampe zu meinem Gesicht empor. Als er dasselbe erkannte, meinte er im Ton größter Erleichterung und indem er tief Atem holte:
    „Preis sei Allah, daß du es bist, o Effendi! Denn wenn es der Geist gewesen wäre, so hätte ich ihn auf der Stelle erschlagen!“
    „Wohl mit der Keule, welche du hier weggeworfen hast?“
    „Ja, mit ihr. Sie entfiel mir, als ich eben ausholen wollte. Ist der Herr schon schlafen gegangen?“
    „Ja.“
    „Die andern auch, und ebenso wollte ich hier mein Lager aufsuchen.“
    Er nahm mir die Lampe aus der Hand und leuchtete nach der Tür, wo er eine alte Strohmatte ausgebreitet und darauf eine große Decke gelegt hatte, in welche er sich so einhüllen konnte, daß ganz gewiß weder er den Geist noch dieser ihn zu sehen vermochte.
    „Und wo befindet sich der Neger?“
    „Droben im Vorzimmer der Frauen, wo er sich mit ihnen verrammelt hat. Warum wandelst du hier herum, wo doch jeden Augenblick der Geist erscheinen kann?“
    „Ich suchte dich. Ich wollte dich fragen, ob du nicht einige starke Schnüre oder Stricke hast.“
    „Ich habe welche und werde sie gleich holen.“
    Er brachte mir das Verlangte und riet mir dann, mich schlafen zu legen. Ich kehrte in meine Wohnung zurück, zunächst in das hintere Zimmer, welches erleuchtet war, und wollte nach den Kindern sehen. Sie schliefen fest. Dann ging ich in die nebenanliegende, dunkle Stube und öffnete die Tür, welche auf die Säulenhalle des Hofes führte. Da setzte ich mich auf den Boden nieder und wartete mit großer Spannung, ob es dem Gespenst belieben werde, heute zu erscheinen.
    Offen gestanden, wünschte ich, daß es kommen möge, denn ich wollte gern wissen, ob ich mit meiner Ahnung, daß es ein Mitglied, vielleicht gar der Vorsteher der Verbrüderung sei, das Richtige getroffen hätte. War es Abd el Barak, den ich, wie schon gesagt, für einen starken Menschen hielt, so galt es, vorsichtig und dabei sehr schnell zu sein. Er mußte überrascht werden. Ich wollte ihn im erleuchteten Zimmer erwarten, um zu erfahren, was er, wenn er mich erkannt hatte, machen werde, so saß ich lange Zeit; die Minuten wurden mir zu Viertelstunden. Ich hielt die Augen nach dem in den Garten führenden Durchgang gerichtet. Da hörte ich ein leises Geräusch aus jener Richtung, und von dem Dunkel der mir gegenüberliegenden Säulenhalle hob sich eine schmale, lichtere Stelle ab, welche sich bewegte. Es war eine jetzt in der Nacht grau erscheinende, also wohl weiß gekleidete Gestalt. Sie trat aus der Halle hervor und auf den offenen Hof. Aber sie war nicht allein; eine zweite und eine dritte Gestalt folgten ihr. Gab es etwa drei Gespenster? Dann war mein Verfahren nicht ganz ungefährlich.
    Die erste Gestalt wandte sich nach links von mir, wo die Zimmer des Türken lagen. Sie hob einen Arm empor, ein Zeichen für die beiden andern, welche sofort einen Lärm begannen, welcher dem Heulen und Pfeifen eines starken Sturmes glich. Dazu reichte der Mund nicht aus; sie mußten Instrumente haben. Ihr Treiben war für mich jetzt Nebensache; ich mußte mein Augenmerk auf den ersten richten. Dieser befand sich hinten bei der letzten Tür. Jedenfalls schob er jetzt in der von mir vermuteten Weise den Riegel derselben zurück, um in das Zimmer zu treten. Von diesem aus wollte er die anderen Räume des Türken durchschreiten und mußte dann auch in meine Wohnung kommen. Er sollte mich dort auf dem Lager finden.

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