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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenn auch nicht überflüssig vorhanden. Zu meiner Verwunderung waren längs der Vorwand zwei Dutzend Flaschen aufgestellt. Der Raïs sagte mir, daß sie von dem Türken geschickt worden seien. Es war Bira nimsawiji, österreichisches Bier. Meine Sympathie für den Dicken wuchs mehr und mehr.
    Eben hatte der Raïs mich verlassen, und ich war an die kleine, winzige Kajütenluke getreten, um einen kurzen Blick hinaus auf den segelbelebten Strom zu werfen, da hörte ich hinter mir eine Stimme:
    „Effendi, erlaubst du mir, deine Sachen zu bringen, welche noch vorn liegen, wo der Hammal sie hingelegt hat?“
    Ich drehte mich nach dem Sprecher um. Er stand unter dem Eingang meiner Koje in so höflicher, ja demütiger Haltung, daß man ihm wohl eine freundliche Antwort hätte gönnen mögen; aber ich brachte es nicht dazu. Sein Auge blickte so scharf und spitz unter den buschigen Brauen hervor, seine schmalen Lippen waren an den Mundwinkeln breit niedergezogen, als ob er im Begriff stehe, ein Hohngelächter aufzuschlagen, und seine Nase – ja diese Nase! Sie war dick angeschwollen und gelb, rot, grün und blau gefärbt. Was hatte der Mann nur gemacht, sich sein Gesicht in dieser Weise zu verschimpfieren! Ich mußte ganz unwillkürlich an den Geist Nummer Drei denken, mit dessen Nase meine Faust heute nacht in so kräftige Berührung gekommen war. Es stieg ein Verdacht in meiner jetzt sehr zum Mißtrauen gestimmte Seele auf. Als man vorhin des Segel löste, war dies unter dem singenden Ruf der Matrosen „Ah ia sidi Abd el Kader“ geschehen. Dies ist der beliebte Ausruf aller zur Kadirine gehörigen Moslemin. Sollte der Raïs dieses Schiffes und mit ihm die Bemannung desselben Mitglieder dieser Verbrüderung sein? Sollte Abd el Barak, der ja wohl von Selim den Namen der Dahabiëh erfahren hatte, dem Raïs den Befehl erteilt haben, meinen Geist Nummer Drei an Bord zu nehmen? Das war höchst bedenklich! Es galt, vorsichtig und klug zu sein. Ich verriet meine Gedanken durch keine Miene und überraschte den Mann durch die schnelle Frage.
    „Wie ist dein Name?“
    Er hatte auf seine Erkundigung von meiner Seite gewiß nichts anderes als ein zustimmendes Ja erwartet; er zögerte mit der Antwort. Warum? Hatte er Veranlassung, seinen Namen zu verschweigen?
    „Nun, antworte!“ drängte ich ihn in scharfem Ton.
    „Ich heiße Ben Schorak“, meinte er jetzt.
    Er hatte das in einer Weise gesagt, als ob er den ersten besten Namen, der ihm einfiel, über die Lippen gehen lasse. Und Ben Schorak, also Schoraks Sohn. Das genügte nicht. Dieser Mann war gegen fünfzig Jahre alt und mußte also einen eigenen Namen haben, hinter welchem dann allerdings Ben Schorak zu setzen war. Ich hielt mich aber nicht lange bei meinem Bedenken auf und erkundigte mich weiter:
    „Warum meldest du dich zu dieser Arbeit?“
    „Weil ich die Kajütenpassagiere zu bedienen habe.“
    „Ah so! Bist du ein Araber?“
    „Ja, vom Stamm der Maazeh.“
    „Wie lange dienst du schon auf diesem Schiff?“
    „Seit über einem Jahr.“
    „Gut! Hole die Sachen! Bin ich mit dir zufrieden, so wird dich mein Bakschisch erfreuen.“
    Jetzt galt es, diesem Mann keine Zeit zu lassen, die mir gegebenen Antworten draußen mitzuteilen. Ich ging also hinaus. Der Raïs stand hinten beim Steuermann; ich trat zu ihnen und zog einige unverfängliche Erkundigungen ein, welche sich auf meine Rechte und Pflichten als Passagier bezogen. Dann fragte ich, ob mir nicht ein Mann zu kleinen Dienstleistungen angewiesen werden könne. Der Raïs antwortete ahnungslos:
    „Dieser Mann ist bereits bestimmt. Er hat schon deine Sachen in die Kajüte getragen und befindet sich noch in derselben?“
    „Wie heißt er?“
    „Bank.“
    „Ein Beduine?“
    „Nein. Er stammt aus Minieh.“
    „Ist er treu und zuverlässig? Wie lange befindet er sich auf dieser Dahabiëh?“
    „Schon seit vier Monaten.“
    Ich wußte genug; ich war von diesem Gespenst Nummer Drei belogen worden. Er hatte noch nicht die Vorsicht gehabt, mit der Bemannung des Schiffes die notwendigen Personalien zu verabreden. Er befand sich meinetwegen hier. Mir fiel es auf, daß er sich noch immer in meiner Kajüte aufhielt. Was hatte er in derselben zu suchen? Ich näherte mich in einer Weise, daß er mich nicht bemerken konnte, und trat dann schnell ein. Da saßen die beiden Kinder und knabberten an einigen Datteln, mit denen er ihre Aufmerksamkeit gefangen genommen hatte; er aber hatte seine Hand in der Innentasche meines

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