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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ausnahmsweise erlaubt werde, sich zu setzen, sie vielmehr gewöhnlich in liegender Stellung festgekettet seien. Da ich mich lebhaft dafür interessierte, forschte ich ihn aus und erfuhr Näheres über die Einteilung dieser Räume und die Unterbringung der Schwarzen. Infolge der beiden Bretterverschläge am Vorder- und Hinterteil des Schiffes, welche die Rundung wegnahmen, hatte jeder zwischen ihnen liegende Sklavenraum die Gestalt eines regelmäßigen Rechteckes, in welchem die Schwarzen untergebracht waren.
    Jeder Raum war in Abteilungen geschieden, welche je fünfzig Schwarze enthielten, die so plaziert wurden, daß sie mit den Füßen gegeneinander lagen. In der Mitte dieser Abteilungen befand sich eine Luke, durch welche die übereinander liegenden Räume mittels einer Treppe miteinander verbunden waren. Denkt man sich die geringe Höhe dieser Zwischendecks, welche nicht die Spur einer Ventilation besaßen, die Hitze Ägyptens, die jedenfalls armselige Verpflegung und die schlechte, ja grausame Behandlung, so ist es nicht schwer, sich die schrecklich Lage dieser 450 in der Dahabiëh untergebrachten Schwarzen auszumalen.
    Der Raïs wurde nach dem vorderen Verschlag geführt, welcher verschlossen war. Er mußte öffnen, und nun sahen wir ein kleines Gelaß, dessen Bretterwände mit Negerpeitschen behangen waren. Eine bedeutende Anzahl von Raki-Flaschen, wohl nur für den Kapitän bestimmt, war aufgestapelt, und in einer Ecke stand ein Blechkasten, an welchem zwei Vorlegeschlösser hingen. Der Raïs hatte die dazu gehörigen Schlüssel bei sich. Als er geöffnet hatte, zeigte es sich, daß dieser Kasten einige tausend Maria-Theresien-Taler enthielt. Der Emir griff ohne Umstände zu und zählte eine Anzahl davon ab, welche er mir mit den Worten hinhielt:
    „Da, nimm, Effendi! Es sind deine fünfhundert Piaster!“
    „Es ist ja vielmehr“, antwortete ich, ohne zuzulangen. „Der Taler gilt hier ja –“
    „Schweig!“ unterbrach er mich. „Das verstehe ich besser als du. Dieser sklavenhandelnde Raïs hat das Geld für den Sudan bestimmt, wo der Taler zehn Piaster gilt. Darum rechne ich nach dem dortigen Wert und gebe dir fünfzig Taler, was genau fünfhundert Piaster beträgt.“
    „Aber mein Passagegeld betrug nicht fünfhundert Piaster, sondern –“
    „Still!“ unterbrach er mich abermals. „Ich weiß sehr wohl, was ich tue. Wehe dem, der wehe tut! Das ist der Grundsatz, nach welchem ich zu handeln pflege.“
    Ich mußte schweigen, konnte mir aber seine Art der Berechnung gefallen lassen. Seine Behauptung in Beziehung auf den Wert des Maria-Theresien-Talers sagte das gerade Gegenteil der Wahrheit, denn diese Münze hat im Sudan einen weit höheren Wert als in Kairo. Ich hätte also viel weniger erhalten sollen, selbst wenn von Murad Nassyr fünfhundert Piaster für mich bezahlt worden wären. Als ich die fünfzig harten Taler in meine Tasche gleiten ließ, faltete der alte Raïs die Hände, hob das Auge nach oben und seufzte:
    „O Allah! Die Geschicke, welche du deinen Gläubigen sendest, sind zuweilen hart, sehr hart; aber du wirst mir diese Grausamkeit dereinst mit den ewigen Wonnen des Paradieses vergelten.“
    „Die Karbatsche wirst du dort erhalten, so wie du sie hier bekommen hast und jedenfalls noch öfter fühlen wirst!“ fuhr ihn der Emir an. „Du wirst Qualen leiden wie ein umgestülpter Igel, dessen Stacheln ihm in das eigene Fleisch fahren. Wer Menschen raubt und mit Sklaven handelt, der hat nach dem Tod nur die Hölle zu erwarten.“
    „Ich begreife nicht, was du sagst, Emir! Es kann mir nicht einfallen, etwas zu treiben, was verboten ist. Ich gehe den Weg der Gerechten, und meine Pfade sind die Pfade der Tugendhaften, welche Allah lieb hat.“
    „Schweig, Hund!“ donnerte ihn der Raïs Effendina an. „Wenn du nichts begreifst, so werde ich dafür sorgen, daß du wenigstens etwas fühlst, nämlich meine Peitsche. Deine Bosheit ist groß; aber deine Frechheit geht noch über dieselbe hinaus. Meinst du, ich sei blind? Ich, der Raïs Effendina, werde wohl aus der Einrichtung eines Schiffes erraten können, wozu es gebraucht werden soll! Komm her, ich will dir beweisen, daß ich alles errate und verstehe!“
    Er zog ihn hinaus in die Hauptabteilung und gab dort eine so genaue Erklärung des Zwecks und der Konstruktion der später herzustellenden Einrichtung, als ob er selbst die Zeichnung dazu entworfen hätte. Die wiederholte Drohung mit der Peitsche tat das übrige; der Raïs sah

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