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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich gezwungen, ein umfassendes Geständnis abzulegen, worauf Achmed Abd el Insaf das Schiff und dessen Inhalt, also auch das Geld für beschlagnahmt erklärte. Infolgedessen wurde der Kasten aus dem Verschlag genommen und der Raïs in dem letzteren eingesperrt. Der Verlust der schönen Maria-Theresien-Taler schien ihm mehr zu Herzen zu gehen, als das Schicksal, welches ihn außerdem erwartete.
    Wir stiegen wieder an Deck, wobei die zwei Leute, welche uns begleitet hatten, den Geldkasten tragen mußten. Oben angekommen, gab der Emir den Befehl, auch den Geist Nummer Drei einzusperren. Während dies geschah, kamen die Matrosen an Bord. Sie ahnten nichts von dem, was hier vorgegangen war, und zeigten sich nicht wenig erstaunt, die Dahabiëh in andern, und zwar in solchen Besitz übergegangen zu sehen. Der Emir stellte ein Verhör mit ihnen an, wobei sich herausstellte, daß sie zwar nicht mit Sicherheit gewußt, aber doch geahnt hatten, wozu das Schiff bestimmt gewesen war. Der Raïs Effendina stellte ihnen mehrmalige Bastonade in Aussicht und ließ sie in den Raum bringen, dessen Zugänge verschlossen und dann unter Bewachung gestellt wurden.
    Nun forderte er mich auf, ihm mit meinen beiden Pflegebefohlenen nach dem ‚Falken‘, seinem Schiff, zu folgen. Meine Effekten sollten später geholt werden. ‚Esch Schahin‘, der Falke, lag eine Strecke aufwärts am Ufer. Da es dunkel war, so konnte ich seine Gestalt, seine äußeren Umrisse, nicht genau erkennen, doch sah ich beim Schein der Decklaterne, daß er sehr lang und schmal gebaut war und zwei Masten mit ganz eigenartiger Takelung trug. Hinten befand sich eine doppelte Kajüte. Die eine lag an Deck und die andere eine Treppe tiefer. Diese letztere wurde mir und den Kindern angewiesen. Sie war mit Fenstern versehen und mehr als geräumig genug für uns drei Personen. Die Einrichtung war zwar eine orientalische, aber es gab doch verschiedene Vorrichtungen und Gegenstände, welche auch einem Abendländer erlaubten, es sich nach seiner Art und Weise bequem zu machen.
    Der Emir sandte noch fünf Männer zur Bewachung der Dahabiëh ab; mit diesen gingen zwei andere, welche meine Sachen holen sollten. Als ich ihn fragte, wie hoch sich die Besatzung des ‚Falken‘ belaufe, erfuhr ich, daß sie aus vierzig kriegstüchtigen Männern bestand, deren Vorleben ein solches war, daß sie sich für das Leben im Sudan und die Jagd auf Sklavenjäger ganz vorzüglich eigneten.
    Da es für mich nichts zu tun gab, so legte ich mich nieder. Die Polster waren eines Paschas würdig, und ich schlief, ohne einmal aufzuwachen, weit in den lichten Morgen hinein. Als ich dann auf das Deck kam, wurde ich von dem Oberlieutenant sehr höflich begrüßt und nach meinen Befehlen gefragt. Er teilte mir mit, daß man meinen Wünschen ebenso nachzukommen habe, als ob sie diejenigen des Befehlshabers selbst seien. Ich bestellte Kaffee für mich und die Kinder und fragte nach dem Raïs Effendina. Er war nicht da, sondern befand sich mit der Dahabiëh bereits nach Kairo unterwegs, um dieselbe und den Raïs mit seinen Leuten der Behörde zu übergeben; zugleich hatte er die Absicht, nach dem Gaukler zu fahnden. Es war nur aus Höflichkeit geschehen, daß er mich vor seinem Abgang nicht geweckt hatte.
    Es wurden für mich und die Kinder Kissen auf das Hinterdeck gebracht, von welchem aus wir die ganze Breite des Stromes überblicken konnten. Zunächst beschäftigte mich nur das Schiff, auf welchem ich mich befand. Seine Linien waren scharf aber doch graziös, und ein Blick auf die Masten, das Takelwerk und die jetzt allerdings beschlagenen Segel sagte mir, daß es ein ausgezeichneter Segler sein müsse.
    Noch saßen wir beim Kaffee und dem noch warmen Gebäck, welches der Schiffskoch für uns zubereitet hatte, als wir einen Sandal erblickten, welcher drüben auf der Mitte des Stromes langsam herangeglitten kam. Er wollte vorüber. Ich konnte seinen Namen ‚Abu 'l adschal‘ (Vater der Eile) lesen und schickte meinen schwarzen Knaben nach der Kajüte, um mir mein Fernrohr zu bringen. Dies tat ich ohne alle Ahnung; doch sollte ich sehen, daß dieser Gedanke sehr am Platz gewesen war, denn als ich das Rohr auf den richtete, welcher sich jetzt in gleicher Höhe mit uns befand, sah ich auf dem Deck desselben bei anderen Leuten einen Mann stehen, welcher scharf nach uns herüberblickte. Ich erkannte sofort den Muza'bir, den Gaukler, den der Emir fangen wollte. Der Kerl hatte sich wohlweislich mit dem ersten

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