271 - Früchte des Zorns
Ausfahrten zurückkommen, stillen sie bei mir Durst und Hunger. So wie heute. Doch in den Tagen dazwischen ist kaum etwas zu tun, geschweige denn zu verdienen.«
»O ja, ich kenne das Geschäft.« Der Meffo biss in ein Stück trockenes Brot. »Ich kenne es gut genug, um zu wissen, dass deine Osteriaa reichlich Geld abwirft. Geld, das du uns, deinen Freunden, vorenthältst. - Und warum machst du das, Angloo? Weil du dumm bist. Weil du nicht zu schätzen weißt, dass wir dich vor allen möglichen Gefahren beschützen.«
»J… ja, Don Paadro.« Der so kräftig wirkende Wirt hatte sich in ein zitterndes Etwas verwandelt, kaum noch in der Lage, seiner Arbeit am Herd nachzugehen. Unruhig stampfte er von einem Fuß auf den anderen. Seine Blicke schweiften über die Gäste seines Ladens. Er suchte verzweifelt nach Unterstützung. Nach jemandem, der ihm beistehen würde, sollte es zum Äußersten kommen. »Ich schwöre dir beim Leben meiner Mutter, dass ich euch nicht betrüge. Ich liefere stets den fünften Teil meiner Einnahmen ab, so wie es vereinbart wurde.«
»Woran liegt es nur, dass ich dir nicht glauben kann, Angloo?« Der Meffo streckte die Beine weit von sich und zwirbelte seinen dünnen Schnurrbart. »Ich beobachte den Geschäftsgang deiner Osteriaa nun schon seit Monaten. Jedes Mal, wenn ich dich besuche, sind Hütte und Strandplätze voll. Viino wird gereicht, Fische brutzeln auf dem Feuer, Gappa und Spumante kreisen zu später Stunde, die Moneti fließen.«
»Weil… weil du ganz genau weißt, wann bei mir Hochbetrieb herrscht!«, wagte der Wirt zu widersprechen.
Einige Fischer und die kleine Gruppe der Händler waren mittlerweile aufgestanden. Die Männer ließen Münzen auf die Tische fallen und zogen sich diskret zurück. Die Meffisi kümmerten sich nicht um sie. Ihre Aufmerksamkeit war einzig und allein auf Angloo gerichtet.
»Aber, aber«, sagte Don Paadro ruhig. »Deine Worte tun weh. Du bezichtigst mich unlauterer Methoden - und beleidigst damit die Familie.« Er zog ein Schnappmesser hervor, ließ es aufklappen und begann, Schmutzkrusten unter seinen Fingernägeln zu entfernen. »Aber ich bin ein friedliebender Mensch, Angloo. Das werden dir meine Freunde hier gerne bestätigen. Und vielleicht beruhen unsere Meinungsverschiedenheiten auf einem Missverständnis.« Der Meffo grinste und entblößte lückenhafte Zahnreihen. »Du kannst uns gerne in unser Quartier begleiten und deine Beschwerden vor dem Rat der Dons wiederholen.«
»Das ist ein Schmierentheater!«, flüsterte Aruula Matt zu. »Dieser widerliche Kerl legt es darauf an, den Wirt in die Enge zu treiben.«
»Ich weiß«, sagte Matt, ebenso leise. Er tastete nach seinen Waffen. Er ahnte, dass es hier nicht mehr nur um Schutzgelderpressungen ging; Don Paadro wollte ein Exempel statuieren.
»Du weißt, dass ich die Osteriaa nicht im Stich lassen kann«, sagte Angloo. »Die Taratzen, sie würden es riechen und…«
»Ausreden, nichts als Ausreden«, unterbrach ihn Don Paadro schroff. Er stützte sich hoch und nickte seinen Kumpanen zu, es ihm gleichzutun. »Ich habe diese fruchtlosen Diskussionen satt. Ich sehe gefüllte Tische, und du behauptest, dass die Geschäfte schlecht gingen. Du bezichtigst mich der Lüge und weigerst dich andererseits, deine Vorwürfe vor den Dons zu wiederholen. Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
Don Paadro schob den Tisch beiseite. Er griff in eine Tasche seiner weit geschnittenen Hose, öffnete einen Stoffsack und stopfte sich ein Stück saftiges Etwas in den Mund, bevor er auf den Wirt zu marschierte.
»Heilige Früchte«, flüsterte Tumaara. »Sie steigern ihre Kraft!«
Don Paadro packte den Wirt an den Aufschlägen seines schmutzigen Hemds, schubste ihn vor sich her in Richtung Meer. Seine vier Begleiter trotteten grinsend hinterher. Sie drehten sich nach allen Seiten und warfen den Gästen der Osteriaa drohende Blicke zu. Mischt euch nicht ein, wenn euch euer Leben lieb ist! , wollten sie sagen.
»Sie werden ihn töten!« Aruula griff nach ihrem Schwert.
Matt erhob sich. Sie konnten nicht länger warten.
***
Hoorge hieß seinen Begleitern, sich hinter die Mülltonnen zu ducken. Die Karabiiners durchstreiften einmal mehr die Hafengegend. Erfahrungsgemäß hielten sie sich von den dunklen Seitengassen fern, die ins Unterviertel führten; doch man konnte nie wissen.
Zwei der Bewaffneten stolzierten in wenigen Metern Abstand an ihnen vorbei. Sie gaben sich sorglos, erledigten ihre Aufgabe nur
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