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271 - Früchte des Zorns

271 - Früchte des Zorns

Titel: 271 - Früchte des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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nachlässig. Sie plauderten über das Kantinenessen in der fürstlichen Kaserne und eine neue Lieferung Frauen, die bald fürs Kasino erwartet wurde.
    »Alles in Ordnung«, sagte Hoorge nach einer Weile und kam hinter der Deckung hervor. Achdé, Cyriel und Henrii(gesprochen: Aurie) lugten ebenfalls um die Ecke. Die Karabiiners waren in der ganzen Stadt gefürchtet.
    Hoorge bedeutete dem Trio, ihm zu folgen. Einer nach dem anderen huschten sie über die Hafenpromenade. Immer wieder hielten sie in den langen Schatten der Palmen an und schöpften Atem.
    Kaum ein Mensch ließ sich blicken. Die Hotvolley - die Oberschicht Monaccos - tummelte sich oben im Kasino und nahe dem Grazien-Palast. Dort ging es auch heute wieder hoch her. Die Zucht der Goldenen Früchte bescherte Monacco ungeheuren Reichtum, an dem viele Stadtbewohner teilhaben konnten.
    Viele. Aber nicht alle.
    Denn es gab einen Bodensatz. Außenstehende, die sich dem bunten, dekadenten Treiben verweigerten. Die nicht mitmachen konnten oder wollten . Solche, die dem Alkohol verfallen waren - und jene, die schon zu viel von den Früchten genossen hatten und in den Schatten der Stadt dahinvegetierten. Unfähig, wieder selbst auf die Beine zu kommen oder ihre Sucht zu finanzieren. Ihre aufgeschwemmten, von Akne überzogenen Körper bildeten einen hässlichen Kontrast zu all den schönen und feinen Leuten, die in Monacco verkehrten.
    Die Aussätzigen hatten in der Oberstadt nichts zu suchen und mussten entfernt werden. So zumindest lautete das Credo des Maareschalls, des obersten Karabiiners, der wiederum der Grazie bedingungslos gehorchte.
    Hoorge huschte zum nächsten Steher am Pier. Seine Begleiter folgten ihm. Nacheinander kamen sie angetrottet und hockten sich neben ihn, um auf weitere Anweisungen zu warten. Hoorge ließ sich Zeit. Sie sollten zu Atem kommen, bevor sie die letzte Teilstrecke in Angriff nahmen.
    Achdé, die einstmals im Kasino und den Vergnügungslokalen Umjubelte, kauerte neben ihm. Die reichsten Bürger hatten sich um ihre Gunst gerissen, hatten ihr den Hof gemacht. Achdé hatte ihr Leben genossen - und nie daran gedacht, dass die schöne Zeit einmal zu Ende gehen könnte. Heute, nach zwanzig Jahren intensiven Lotterlebens, war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Keiner ihrer ehemaligen Verehrer ließ sie mehr in seinen Salon. Dunkle Ringe hingen unter ihren Augen, die Haut war von tiefen Runzeln durchzogen, das Fleisch hing schlaff von den Armknochen.
    Cyriel der Schlächter kniete mit schmerzverzerrtem Gesicht neben Achdé. Der alt gewordene Söldner hatte sich in den besten Herrschaftshäusern verdingt. Nur um sofort entlassen zu werden, nachdem er im Kampf gegen Piraten den linken Arm verloren hatte. Man hatte ihm einige Münzen in die Hand gedrückt und ihn der Tür verwiesen. Seitdem versuchte er sich mehr schlecht als recht in Monacco durchzuschlagen.
    Zu guter Letzt war da Henrii. Henrii der Süchtige. Ein ehemaliger Beau, der die Betten reicher Witwen gewärmt und ihnen feurige Liebesschwüre geleistet hatte. Der Luxus, in dem er sich gesuhlt hatte, war ihm irgendwann zu Kopf gestiegen. Er hatte viel zu viele der Goldenen Früchte genossen. War aufgedunsen. War träge und hässlich geworden. Um allmählich in der Gunst der Hotvolley tiefer zu rutschen. Heutzutage hielt er in Mülltonnen nach Obstresten Ausschau, die ihm für eine Weile zweifelhafte Stärke schenkten und die Erinnerungen an seine Jugend zurückgaben.
    Hoorge gab seinen Begleitern Zeichen, ihm zu folgen. Widerwillig trotteten sie hinter ihm her, auf einen der Einstiege zum unterirdischen Reich der Stadt zu. Sie hatten heute kaum Beute gemacht. Hoorge konnte die Unzufriedenheit der anderen förmlich spüren. Wenn er ihnen nicht bald ein ganz besonderes Erfolgserlebnis bescherte, würden sie sich gegen ihn stellen.
    »Du bist ein lausiger Anführer«, sagte Cyriel wie zur Bestätigung, als sie neuerlich in der zweifelhaften Deckung eines verrosteten Warencontainers innehielten. »Ich sollte mich einer der anderen Clochaad-Kolonien anschließen.«
    »Tu das, tu das.« Hoorge grinste den Schlächter an. »Ich sage dir, was dann geschehen wird, Hohlkopf: Man wird dich binnen Tagesfrist aus der Stadt werfen. Ohne mich wärst du nichts, gar nichts!«
    Die Linke des Söldners wanderte zum schartigen Messer, das er unter seinem Wams verborgen trug. In seinem Gesicht zeigte sich blanker Hass. Irgendwann würde Cyriel explodieren, keine Frage. Doch nicht jetzt, nicht hier. Er

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