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272 - Dieser Hunger nach Leben

272 - Dieser Hunger nach Leben

Titel: 272 - Dieser Hunger nach Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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gewarnt, die auf sie zukäme. Sarah Kucholsky hielt nichts von düsteren Weissagungen und Schamanismus. Aber wenn dieser Unsinn half, die Blutsauger loszuwerden, sollte es ihr recht sein.
    Bis heute konnte die Biogenetikerin nicht verstehen, warum Sir Leonard Gabriel diesen unseligen Vertrag abgeschlossen hatte: Tägliche Blutrationen an die Nosfera garantierten, dass diese die Technos vor dem Zugriff des verfeindeten Häuptlings Joonah schützten, der ihnen als unerwünschten Immigranten auf der Insel Guunsay ans Leder wollte.
    Leider war die Anführerin der Blutsaugerbande, Breedy, noch immer hier. Sarah Kucholsky hasste die Halb-Nosfera zutiefst. Sie hatte durch den mutierten Virenstamm in ihrem Blut, den sie mit jedem Biss weitergab, nicht nur Sir Jefferson Winter auf dem Gewissen, sondern auch den todkranken Sir Leonard, und war überdies für all das Furchtbare verantwortlich, das vor allem Cinderella Loomer, Sir Ibrahim Fahka und Eve Neuf-Deville hatten erleiden müssen. [2]
    Die Biogenetikerin schaute erneut zu der gut erhaltenen Ruine des uralten steinernen Wachturms hoch, der sich auf dem Hügel über ihr erhob. Vor einer Weile hatte sie Lady Victoria Windsor dort hineingehen sehen. Und vor gut drei Minuten war auch Breedy durch die Eingangstür verschwunden.
    Kucholsky wusste, dass die ehemalige britanische Queen der Halb-Nosfera die Konsequenzen klarmachen wollte, wenn sie blieb. Die Biogenetikerin hatte bei der Auseinandersetzung dabei sein wollen, aber Victoria hatte abgelehnt. Trotzdem hatte Kucholsky beschlossen, in der Nähe zu bleiben, um notfalls eingreifen zu können. Von hier aus konnte sie die Eingangstür zum Wachturm bequem observieren.
    Plötzlich schob sich etwas Dunkles in den äußersten Winkel ihres Gesichtsfelds. Irgendetwas bewegte sich draußen auf dem Meer. Sarah Kucholsky wandte erstaunt den Kopf. Und erstarrte. Ein altertümliches Schiff fuhr soeben in die Bucht ein. Es wirkte… unheimlich. Wie ein großer Schatten. Die Biogenetikerin schluckte ein paar Mal. Sie spürte ein unangenehmes Ziehen im Bauch.
    Irgendetwas stimmte nicht mit dem Schiff. Die Segel hingen schlaff herunter, trotzdem machte es Fahrt! Und es schob auch keine Bugwelle vor sich her.
    Sarah Kucholsky spürte es eiskalt über ihren Rücken laufen. Sofort kam ihr die Prophezeiung Asyros in den Sinn. Hatte er von diesem Schiff gesprochen, als er eine unheimliche Gefahr prophezeit hatte?
    »Quatsch…«
    Dieses »Quatsch« klang ein wenig wie das Pfeifen im Walde. Zumal sie nun menschliche Umrisse auf dem Deck und in der Takelage bemerkte, die aber seltsam durchsichtig erschienen - so wie das ganze Schiff.
    Wie Schatten!
    »Nein… nein«, flüsterte Kucholsky, schüttelte ungläubig den Kopf und schaffte es kaum, das einsetzende Zittern ihrer Knie zu bekämpfen. »Das gibt es nicht. Das muss eine Halluzination sein.«
    Die Schatten sammelten sich an der Reling. Und dann… sprangen sie vom Schiff herunter! Sie sanken aber nicht ein, sondern gingen auf dem Wasser wie über festen Grund!
    Sarah Kucholsky hielt nun nichts mehr. Sie keuchte und wirbelte herum. Wie von Furien gehetzt rannte sie die steile Dünung hoch, am Wachturm und an einem friedlich grasenden Wakudabullen vorbei hinunter ins Dorf, das sich in einer kleinen Talsohle erstreckte.
    »Gefahr!«, brüllte sie. »Wir müssen weg hier, schnell!«
    Sir Ibrahim Fahka und einige andere Technos waren gerade damit beschäftigt, den Boden für ein neues Vorratshaus zu ebnen. Erstaunt ließen sie ihre Schaufeln und Rechen sinken und starrten der heranstürmenden Sarah Kucholsky entgegen.
    Sir Fahka stellte seine Schaufel weg, wischte sich den Schweiß von der Stirn und ging der Kucholsky entgegen. »Was ist los?«, rief er. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!«
     
    In der Zwischenzeit erreichten die Schatten den Strand und bewegten sich die Dünung hoch. Dabei berührten ihre Füße kaum den Boden; es wirkte fast so, als würden sie schweben. Bartolomé de Quintanilla erreichte als Erster die Kuppe - und sah sich einem mächtigen Stier gegenüber, der den Kopf hob und den Ankömmlingen wiederkäuend entgegenblickte.
    Seltsam… die Rasse war ihm völlig fremd, nicht zu vergleichen mit den Stieren seiner Heimat. Es war zottig, trug lange gewundene Hörner und eine Art Panzer entlang des Rückgrats. Wo waren sie hier angelandet?
    Doch bevor er sich weitere Gedanken machen konnte, hörte er Mutters Stimme in seinem Kopf.
    Berühre ihn, mein treuer

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