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272 - Dieser Hunger nach Leben

272 - Dieser Hunger nach Leben

Titel: 272 - Dieser Hunger nach Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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hab ich mich wohl gefühlt, ich vertrag die Wellen, das hab ich von meinem Papa. Das Schiff hat zu der Flotte vom Cristóbal gehört und anno dings 1493 bin ich in der Neuen Welt angekommen, in La Isabela.
    Und er hat nicht gelogen, der Capitán.
    Da gab's schon scharfe Indioweiber, die kamen den ganzen Tag in die factoria und hatten fast nix an. Die haben alle die Männer angelächelt und mit denen rumgemacht… nur mit mir nich, denn vor mir hatten die Angst. Mann, war ich beleidigt! Aber ich hab mir eine heimlich geschnappt, hab sie auf den Kopp gehauen und in den Urwald geschleppt. Zwei Stunden hat'se nur rumgeschrien und geheult, und als ich sie deswegen 'n bisschen fester angepackt hab, da hat plötzlich ihr Genick knacks gemacht. Schade drum, aber sie war mir eh nur auf'n Geist gegangen.
    Zwei Soldaten ham's gesehen, aber sie haben nix gemacht. Und als der Cristóbal davon gehört hat, da hatter gesagt, ich sei so stark, ich soll zu seine Soldaten kommen. Da hab ich ja gesagt, aber mir hat keine Uniform gepasst, und so bin ich ohne in die Kämpfe gegen die Indios gezogen. Meistens hab ich sogar nicht mal 'ne Waffe gebraucht, denn ich konnt' sie mit den bloßen Händen erledigen. Hab'se gegen de Bäume geschmettert und ihnen das Kreuz gebrochen, obwohl sie mich nicht beleidigt haben. Aber der Cristóbal, der wo'n feiner Hidalgo ist, der wollte es ja, und so hab' ich's eben gemacht. Hab als Belohnung auch immer Indio-Weiber bekommen, die nicht so rumgeschrien haben und die ich besteigen durfte.
    Bei dem Kampf, wo uns die heilige Jungfrau Merita, oder wie die heißt, als Wolke erschienen ist und der wir deswegen 'ne Kirche gebaut haben in La Vega, da hat ein Soldat zu mir gesagt, er hätte mehr Indios umgenietet als ich. »So'n Quatsch«, hab ich gesagt und ab da für jeden Indio, den ich abgemurkst hab, zum Beweis einen Schnitt mit dem Messer in mein rechten Unterarm gemacht. Und dann in den linken, weil auf dem rechten bald kein Platz mehr war. Und dann auch noch auf die Oberarme und den rechten Oberschenkel.
    Auf den linken aber nicht, denn die Narben dort sind für die Conquistadores und Händler, die wo mich beim Würfeln betrügen wollen und mich deswegen beleidigen. Hab schon fast zwei Hände voll von denen abgemurkst, was nicht schlimm ist. Denn der Cristóbal meint, dass er jeden starken Mann gegen die Indios brauchen kann und warum sie überhaupt so blöd sind, mit mir zu würfeln, und so bin ich jedes Mal, wenn ich einen der unseren abgemurkst hab, nur für fünf Tage ins Gefängnis gekommen, bei Wasser und Brot. Dafür hab ich dann für den Cristóbal jedes Mal gleich vier Hände voll Indios abgemurkst.
    Nur der Mönch, der Bartolomé, der guckt mich immer so böse an, und einmal hat er gesagt, dass es Sünde sei, diese armen Menschen abzumurksen. Große Sünde sogar. Aber der Cristóbal sagt, dass die Indios keine Menschen sind, sondern heidnische Affen, und genau das glaub ich auch. Darum darf ich sie ruhig abmurksen, auch wenn sie mich nicht beleidigt haben.
    Als ich dann unter dem commandante Villalonga ins Fort El Castillo in den Urwald kam, hab ich dort zum ersten Mal die Garota getroffen. Jeder nennt sie so, aber das ist wohl nicht ihr richtiger Name, denn ein Soldat hat mir gesagt, dass das so was wie Hure heißt. Die Garota, das ist ein Vollweib und der Todesengel, ich hab mich gleich in sie verliebt, aber ich konnt's ihr nicht sagen, ich bin viel zu schüchtern. Am liebsten hätte ich den commandante und den Hundejungen abgemurkst, denn die waren die Einzigen, die die Garota besteigen durften. Aber weil die Garota nicht unglücklich war, hab ich die beiden leben lassen.
    Klar, dass ich sofort mit dem Mönch, dem Bartolomé, und dem Hundejungen losgezogen bin, um die Garota zu befreien. Indios hatten nämlich das Fort El Castillo überfallen, 'n paar Conquistadores abgemurkst und Garota und andere entführt. Wär nicht passiert, wenn ich im Fort gewesen wär und nicht gerade auf Patriolle oder wie das heißt.
    Wir haben die Garota dann bei den Indios gefunden, denn der Bartolomé kennt sich bei denen bestens aus. Als ich gesehen hab, dass die sie gefoltert haben, hab ich dem Kaziken seinen blöden Schädel eingeschlagen. Dann mussten wir fliehen und schafften es so grad noch bis Santo Domingo an der Südküste. Da bin ich auf diesem Schiff gelandet, auf der Doña Filipa, mit der ich in die Alte Welt zurücksegle, denn ich hab die Schnauze voll von Las Indias, weil der Gott von den Indios, der

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