2726 - Totentanz
hoffte, dass Cewici noch lebte. Ein rascher Tod beim Absturz wäre zu gut für ihn.
Und Vetris war schwerer verletzt worden, als es zunächst ausgesehen hatte. Er lag im Tamanischen Heilkunsthaus Amshor. Die Skorpione operierten ihn, wie sie auch seine schwangere Partnerin operierten. Vemia Dhao war gestorben, nur die dritte Partnerin des Tamarons war unverletzt geblieben.
Es sah nicht gut aus.
Überhaupt nicht gut.
Und das, ohne dass dieser Tomopat, von dem Uvan-Kollemy immerzu geredet hatte, auch nur ein einziges Mal aufgetaucht wäre. Er fragte sich, was mit Uvan-Kollemy los war. Sein Top-Agent hatte sich genauso wenig gezeigt wie der Tomopat. Sein letztes Lebenszeichen war nach der Explosion des Klosters erfolgt. Es gab einen Grund dafür, bestimmt – und wenn dies alles vorbei war und die richtigen Köpfe gerollt waren, würde es Oc Shozdor brennend interessieren, diesen Grund zu erfahren.
Aber erst dann.
Zunächst würden jene bezahlen, die den Staatsakt in ein Desaster verwandelt und Vetris schwer verletzt hatten.
Niemand vermochte zu sagen, wie es dem Tamaron ohne seinen neuen Zellaktivator erginge, der die Heilung beschleunigte. Energien waren durch die Strukturlücke geschlagen, als Amyon Kial ihm die Kette hatte umhängen wollen. Sie hatten die Kleidung über seinem Brustkorb und genauso die Haut darunter geschmolzen und in Form einer blitzartigen Entladung die Nieren des Tamarons schwer beschädigt. Reines Glück, dass die anderen inneren Organe weitgehend unbeschädigt geblieben waren. Das Herz schlug unregelmäßig seitdem, aber das würden die Skorpione in den Griff bekommen – sie waren nicht nur mörderische Wächter, sondern auch die besten Medoroboter, die das Tamanium zu bieten hatte.
Aber selbst sie konnten ein Kind, das im Leib seiner Mutter gestorben war, nicht wieder zum Leben erwecken.
Vetris würde nicht toben, wenn er es erfuhr, nicht schreien, nicht den Attentätern blutige Rache schwören ...
... er würde scheinbar ruhig bleiben, sie ausfindig machen und jeden Einzelnen von ihnen bezahlen lassen.
Genau, wie er es in der schon seit Langem für den Fall eines Anschlags vorbereiteten Holonachricht verkündet hatte, die vor wenigen Minuten zum ersten Mal ausgestrahlt worden war. In den Archiven der Gläsernen Insel lagerten Dutzende solcher Holo-Botschaften, die sich jeweils in Nuancen unterschieden, sodass für jeden möglichen Attentatsfall eine passende Version bereitlag. Es beruhigte das Volk, den zwar betroffenen, aber weitgehend gesunden und vor allem entschlossenen Herrscher zu sehen. Weit mehr, als eine ehrliche Nachricht aus dem Operationssaal heraus es beruhigt hätte.
»Es gibt eine Irregularität«, meldete der Hauptrechner der Gläsernen Insel.
Als ob es an diesem Tag nicht tausend Irregularitäten gegeben hätte.
»Ich spiele sie für dich in einem neuen Holo ab«, fuhr die Positronik fort.
Es ploppte direkt vor dem Geheimdienstchef auf, und es zeigte Ashya Thosso. Die Sorgfaltsministerin hielt eine Rede. Mit jedem Wort, das sie sprach, stieg Oc Shozdors Verblüffung. Was war nur in sie gefahren? Wie konnte sie nicht nur die Wahrheit sagen, sondern diese auch noch unnötig überdramatisieren? Dass Vetris starb, war nach aktuellem Stand der Dinge äußerst unwahrscheinlich!
Und das ausgerechnet von Thosso, der Meisterin der Worte, der Königin der Propaganda?
Spätestens in diesem Augenblick begriff Oc Shozdor, dass das Attentat noch lange nicht vorbei war, sondern das, was sie erlebt hatten, nur einen Teil von etwas wesentlich Größerem darstellte.
19.15 Uhr
Caus-Iver, der Chefmediker des Tamanischen Heilkunsthauses THH Amshor, war sichtlich am Ende seiner Kraft angelangt. Er hatte am laufenden Band operiert, ebenso wie alle seine verfügbaren Ärzte und Medoroboter.
Der Strom der Verletzten ließ nicht nach, und nachdem die wichtigsten Personen operiert worden waren, hatte das THH begonnen, genau wie jede andere Klinik in der Stadt, jedermann aufzunehmen.
Wobei sich Caus-Iver als Chefmediker nur um die wichtigsten Personen kümmerte, aber nicht um Tamaron Vetris persönlich. Das übernahmen die Technoskorpione. Vetris lag in einem Bereich, den Caus-Iver auf höchste Anweisung hin abgeschottet und isoliert hatte.
Aber es gab viele andere, die Caus-Iver versorgte.
Etwa Amyon Kial, die zwar von einem der Skorpione operiert worden war, aber von Caus-Iver immerhin nachversorgt werden durfte. Sie lag in einem künstlichen Koma, das für einige
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