2727 – Am Gravo-Abgrund
zweit.«
»Ist das so?«
»Ja, das ist es«, sagte Toufec. In dem Punkt war er nicht zu Kompromissen bereit. Er vertraute Shanda. Einem Mitglied des Widerstands gegenüber war das unmöglich. Toufec würde in Betracht ziehen müssen, dass ein Widerständler den Helden spielen und Bomben in Iacalla legen wollte, ungeachtet, wen er damit traf. Viele der Lunarer waren Fanatiker, und Toufec war jede Form von Fanatismus zuwider. »Pri, können wir für den Einsatz in Verbindung bleiben?«
»Nein. Wir wissen zu wenig über die Fähigkeiten des Stadtgenius. Ein Kontakt könnte zurückverfolgt werden und den Widerstand gefährden. Ihr solltet euch erst melden, wenn der Einsatz erfolgreich war und ihr Iacalla verlassen habt.«
»Einverstanden.« Toufec zwirbelte seinen Bart. Die rauen Haare fühlten sich beruhigend an. »Wie sieht es aus? Hat YLA errechnet, wann der Genifer vermutlich zu Hause ist?«
Kemeny lehnte sich vor, dass es aussah, als würde er gleich vornüberkippen. »Ja. Am ehesten zwischen zwei Zügen. YLA rät, dass ihr sofort aufbrecht. Der Moment ist günstig. Offensichtlich ist NATHAN mit den Auswertungen einer Art Retroanalyse beschäftigt, die die Tolocesten wegen der Schwere der ersten Gravophänomene eingeleitet haben.«
»Dann tun wir das.« Toufec bemerkte, wie nervös Shanda aussah. Obwohl Shanda jede Menge Erfahrung hatte, nahm sie den bevorstehenden Einsatz offensichtlich sehr ernst. Das war gut so. Sie würden in die Höhle des Löwen eindringen. Jede Nachlässigkeit bedeutete Gefangenschaft und Tod.
»Ich werde alles vorbereiten«, sagte Pri. »Außerdem diene ich im Notfall als Schnittstelle zwischen euch.«
Kemenys Augen hatten einen auffallenden Glanz. »YLA und ich werden auf euch warten. Sobald die Rückmeldung kommt, dass ihr Woytrom habt, schalten wir den Irritator ein und zwingen die Tolocesten zum Anhalten.«
Errest Coin verschränkte die Arme vor der Brust. »Mir gefällt es immer noch nicht, dass Shanda und du allein gehen wollt, Toufec. Was ist, wenn auf euch geschossen wird? Wer soll euch den Rücken freihalten?«
»Pazuzu«, sagte Toufec ohne Zögern. »Wir müssen heimlich vorgehen. Wenn auf uns geschossen wird, werden wir fliehen. Wir haben nicht vor, uns in Kämpfe verwickeln zu lassen oder Sabotage zu begehen.«
»Aber ...«
»Das haben wir alles durchgekaut«, unterbrach Toufec. »Nur Shanda und ich. Das ist einfacher für mich und Pazuzu. Dieses Mal geht es nicht darum, Erkenntnisse über das Technogeflecht zu sammeln oder Bomben zu legen. Wissenschaftler und Kämpfer sind fehl am Platz. Wir dringen in Iacalla ein, stoßen zu Woytrom vor, betäuben ihn und ziehen uns mit ihm zurück.«
Coin wiegte den Kopf. »Und wenn etwas schiefgeht?«
»Wähle dir einen Reisebegleiter und dann erst den Weg.«
»Das ist keine Antwort.«
»Es kann immer etwas schiefgehen. Denk an Angh und den letzten Einsatz.«
Errest Coin schwieg. Ob sein Einwand eher seiner Ehre als seinen Absichten geschuldet war? Vermutlich war Coin wenig motiviert, in den Einsatz zu gehen. Bei der letzten Mission hatte er sich damit zufriedengegeben, im Mondwurm zu bleiben und dort auf sie zu warten. Toufec verübelte es ihm nicht.
Toufec sah zu Shanda, die augenscheinlich über sein Sprichwort lächelte. Sicher würde sie eine hervorragende Wegbegleitung sein. Ihre telepathischen Fähigkeiten waren überaus hilfreich, wenn es darum ging, zu erfahren, wo sich Onryonen befanden und was sie gerade dachten.
»Beenden wir das.« Pri rief ein Holo am Multikom auf. »Ich sehe zu, dass ihr so schnell wie möglich loskönnt. Kemeny, kann YLA ein Datenpaket vorbereiten, das wir an die SERUNS übertragen? Wir brauchen die Koordinaten von Woytroms Wohnsitz und so viele Informationen wie möglich über die nähere Umgebung.«
»Natürlich.« Kemeny strahlte. Ihm schien es zu gefallen, mehr und mehr zu YLAS Sonderbeauftragten zu werden.
Toufec dachte an die anstehende Mission und fühlte sich in der Zeit zurückversetzt. Wieder ging es um einen wirklich wichtigen Einsatz – wie in der Wüste Nefud, als er einen Händler überfallen wollte. Zusammen mit Asin.
Nachdenklich berührte er die Flasche Pazuzus. Warum ließ er diese alten Geschichten nicht endlich los?
7.
Der Turm in der Tiefe
Auf dem Weg ins Mare Nubium hatte sich der Mondwurm bewährt, ein gepanzertes Raupenfahrzeug, doch die Zeit war zu knapp, um tagelang über die vom Technogeflecht überwucherte Mondoberfläche zu fahren.
Deswegen brachen
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