2728 – Die Gravo-Architekten
nicht daran. Sie drehte sich um und lief davon.
6.
Hüter des Lichts
Toufec fixierte das große Holo, das den Raum vom Boden bis zur Decke beanspruchte. Es ragte vor einem Teil des Panoramafensters auf und versperrte die Sicht auf einige der geparkten Gleiter, die draußen in der matten Helligkeit der Lichttürme auf einem weiten, grauschwarzen Platz standen.
Shanda kaute auf der Unterlippe. Sie sah blass aus.
Zusammen mit etwa fünfzig Lunarern und Onryonen, unter denen sich auch Khelay und Kanzler Hannacoy befanden, saßen sie auf ausfahrbaren Pneumositzen wie in einem öffentlichen Mediensaal. Alle starrten auf die Sonde, die vom Luna Space Port aus auf einer geraden Bahn raketengleich dem roten Wabern entgegenraste.
Das Bild wechselte und zeigte ein zehnköpfiges Team aus Onryonen an Arbeitsstationen.
»Öffnung des unteren Schleusenpols vorbereitet«, sagte Menthennar Zariy, die onryonische Cheftechnikerin. Sie befand sich, umgeben von dem Team aus Wissenschaftlern, in einem Kontrollzentrum des Space Ports in einem umgerüsteten Tower.
Die ältere Onryonin mit den beiden geronnenen Tropfen an der Schläfe hatte den Transport der Sonde begleitet und stand über Funk mit Iacalla in Kontakt. Sie und ihre Techniker hatten vor allem die Aufgabe, den Repulsorwall stabil zu halten.
Toufec schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Es gelang ihm nicht.
Er öffnete die Lider und sah zu Mit dem Gammablitz und Kemeny, die außerhalb der Sitzreihen am Inklusorium des Tolocesten standen. Irgendwie konnte Mit dem Gammablitz über seine Technikklause auf das Rhizom bei Luna City zugreifen.
Auch Aytosh Woytrom konnte das, wenn auch auf eine intuitiv verständlichere Art und Weise. Der Genifer thronte wenige Meter von den Pneumositzen entfernt auf einer kreisrunden Plattform aus Technogeflecht, die er vor wenigen Stunden geschaffen hatte. Seine metallisch glänzenden Schuhe verschmolzen mit dem Untergrund. Vor ihm wuchs ein Gebilde aus Rhizom in die Höhe, das entfernt an eine Konsole in Form eines Käfers erinnerte. Das Geflecht musste mit dem in der Stadt verbunden sein sowie mit einem übergeordneten Genius, mit dem Woytrom ebenfalls in Kontakt stand. Vielleicht sogar mit NATHAN.
Die Sonde schoss höher. Die Sicht wechselte auf eine schematisierte Darstellung.
Neuntausend Kilometer. Zehntausend. Gleich erreichte sie die Höhe des Repulsorwalls.
Die Stille im Raum war so umfassend, als wage sich niemand zu atmen.
Shanda griff Toufecs Hand. Ihre Finger waren klamm. Wenn die gravitativen Kräfte zu groß sein sollten und der obere Schleusenpol sich nicht wie vorgesehen schloss, würde alles sehr schnell gehen.
Toufec fühlte sich wie damals, als er in die Wüste Nefud aufgebrochen war, um seinem Bruder Asin in den Sturm zu folgen. Der Staubsturm hatte sich am Horizont erhoben, mahlend, flüsternd, dräuend. Gestalt gewordene Dunkelheit. Nur dass der Sturm dieses Mal zu ihm zu kommen drohte wie zu einem wahnwitzigen Wetterbeschwörer.
Dhalaam, dachte Toufec und stellte sich vor, wie er mitten in das rote Wabern hineinritt.
Auf dem Holo stieß die Sonde durch den oberen Pol und teilte sich. Die erste Stufe, die mit einem von Kemeny geprüften und modifizierten Hochleistungstransitionswerk ausgerüstet worden war, schoss davon, flackerte rot auf und erlosch.
Stöhnen und scharfes Einatmen im Saal. Selbst die wenigen Onryonen, die an den verteilten Arbeitsstationen im Raum weitergeforscht hatten, sahen nun zu ihnen.
Die erste Stufe war zerrissen, vermutlich ehe sie transitieren und außerhalb des Dhalaam-Systems rematerialisieren konnte. Kein Notfallsignal also, weder an die LFT noch auf den Frequenzen der Onryonen
Aber die zweite Stufe war noch da. Ummantelt von Technogeflecht und einem eigenen Repulsorwall jagte sie als grüner Punkt durch das Desasterfeld. Durch winzige hintereinander geschaltete Strukturlücken nahm sie Daten und funkte sie zurück zur sich schließenden Schleuse.
Die Sekunden zogen sich. Drei, vier, fünf ...
Dann erlosch auch der zweite Punkt der Hoffnung auf dem Holo.
Schweigen im Saal.
Auf dem großen Bild erschien das schwarze Gesicht von Menthennar Zariy. Ihr Emot flackerte hell. »Ryotar Hannacoy«, sagte sie, als säße der Kanzler allein im großen Forschungsbereich der Werft. »Die Transition ist missglückt, aber die Daten der zweiten Sonde sind ...« Sie unterbrach sich, wandte sich hektisch ab und verschwand aus dem Optikbereich der Drohne.
Shanda klammerte
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