2728 – Die Gravo-Architekten
auch die anderen da. Sieben Onryonen, alle älter als sie – ihr Schlafrudel.
Hirthannor roch nach Anspannung. »Wir sind spät dran. Bleibt dicht zusammen.«
»Unten sind ganz viele draußen«, sagte Satheki.
Niemand beachtete sie. Manchmal war es ganz schön blöd, die Jüngste zu sein.
Nandherrey nahm sie an der Hand. »Du bleibst bei mir, ja?«
Satheki schmollte.
Sie fuhren im Antigravschacht hinab, verließen den Wohnturm und tauchten in das Gedränge ein. Alle Lunarer wollten irgendwohin. Warum denn auf einmal?
Gerade wollte Satheki ihr Schmollen aufgeben und nachfragen, als sie die riesige Holowand vor ihnen sah. Sie schwebte vor einem Gebäude, das ein wenig an einen Raumvater erinnerte: kugelförmig, gewaltig, jedoch lange nicht so hoch wie die Raumschiffe.
Durch die Brille und den Zoom bekam Satheki lang vor den anderen mit, was die Holowand zeigte.
Da war wieder diese terranische Jet. Irgendwie war das Gebilde komisch. Wie eine Mischung aus onryonischer und lunarer Technik. Dann wechselte das Bild und zeigte die roten Punkte im Wabern, die Augen im All. Da stand: »Neutronensterne« und »Supernova« und noch mehr Sachen, umgeben von Daten und Zahlen.
»Nandherrey, was ist ein Neutronenstern?« Satheki hatte das Wort schon mal gehört – aber wo?
Das Emot der Schwester verfärbte sich ärgerlich. »Wo hast du denn das her?«
Satheki schwieg und ging einige Meter weiter dicht an Nandherrey gedrängt zwischen Lunarern und anderen Onryonen. Ihr fiel auf, dass jeder Sachen dabeihatte: schwebende Koffer, Behälter, Tragetaschen, Rucksäcke und Tornister. Wollten sie verreisen? So viele auf einmal? Und warum rochen die Hellhäuter nach salziger Flüssigkeit, wo sie doch sonst nie rochen? War das Furcht in ihren Gesichtern?
Sie erreichten eines der größten Stadtgebäude. Von dort ging es tief nach unten in Bereiche, in denen Satheki bislang nie gewesen war. Eine lange Schlange stand davor.
Hirthannors Emot flackerte unruhig. Da war wieder dieser Geruch an ihm, der Satheki Angst machte. Metall und Feuer.
Sie blickte zu den anderen Rudelmitgliedern hinauf, hatte tausend Fragen und wagte keine zu stellen. Jeder wirkte ernst. Das letzte Mal hatte sie die anderen so erlebt, als der alte Tanzurgh in den Feuerschlaf gegangen war. Das war traurig gewesen. Ihr Emot hatte noch zwei Tage später wehgetan, weil sie es überreizt hatte.
Alles ist gut, dachte sie. Hirthannor hat es gesagt, und er ist der Pyzhurg.
»Das hat keinen Sinn!«, schrie ein Lunarer vor Satheki in der Schlange. »Wir werden sterben! Wir sind schon tot! Luna wird zerreißen!«
Zwei Onryonen in Uniformen eilten auf den Mann zu. Eindeutig welche vom Militär, denn sie hatten Kleidungsstücke, die denen ihres Vaters ähnelten. Sie wollten den Menschen beruhigen, doch der schlug um sich und traf einen der Militärs so im Gesicht, dass ihm Blut aus der Nase lief. Weitere Uniformierte eilten herbei. Sie führten den tobenden Mann ab.
Satheki dachte über das Wort nach, das sie gelesen hatte. Neutronenstern. Hatte Hirthannor darüber nicht schon einmal erzählt? Von Sandkörnern, die schwer wie Raumschiffe waren? Irgendwie bestand so ein Stern aus solchen Raumschiffkörnern. Er zog sämtliche Körper in seinem Umfeld zu sich wie ein Magnet. Asteroiden, Planeten, Monde.
Mahloy hatte ihn als gefräßiges Monster bezeichnet, das niemals satt war. Ein Monster, das im kosmischen Feuerschlaf glühte – was auch immer Mahloy damit schon wieder gemeint hatte.
Konnte es sein, dass so ein Monster seine Zunge ausgeschnellt und wie ein Gaan-Frosch um Luna gewickelt hatte? Was bedeutete das für ihr Zuhause?
Ihr Emot gefror. Der Mensch in der einfarbigen Kleidung hatte gesagt, der Mond würde zerreißen. Hatte der Mensch etwa recht?
Satheki blieb stehen. Sie hob das Kinn, fixierte Hirthannor. »Du ... du hast mich angelogen!«
Wussten die anderen es? Fanden sie, dass sie zu klein war, das zu erfahren?
»Ich bin nicht dumm!«, rief Satheki. »Und du hast mich belogen!«
Sie riss sich von Nandherrey los.
Die Onryonen in den Uniformen kamen auf sie zu.
Satheki bekam plötzlich Angst. Sie hatte gebrüllt. In der Öffentlichkeit. Das war etwas, das man nicht machte. Die erwachsenen Onryonen waren immer ruhig. Wollten die grimmigen Militärs sie mitnehmen und deswegen bestrafen?
Sie wich zurück, tauchte hinter zwei Lunarern unter, die sich mit nassen Gesichtern aneinanderdrängten.
»Satheki!«, rief Hirthannor. »Bleib hier!«
Satheki dachte
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