273 - Die Wandlung
Regen benetzte den Strand und die wenigen Büsche und Bäume.
Tumaaras Stimme war leise. »Ich bin an diesem Ort offenbar nicht willkommen. Die Götter weisen mich ab.«
Matt sah, wie Aruulas Augen ärgerlich aufblitzten. »Das ist Unsinn! Du hast deine Strafe bereits verbüßt, indem du freiwillig viele Jahre in selbstgewählter Verbannung verbracht hast. Vertraue auf Wudan und deine Schwestern. Sie werden dir eine Gelegenheit geben, deinen Platz auf den Inseln zu finden.«
Tumaara sah aus, als würde sie am liebsten postwendend nach Rooma zurückfliegen. Matt presste die Lippen hart aufeinander. Es war nicht seine Idee gewesen, die Kriegerin nach Hause zu begleiten. Wenn es nach ihm ginge, würden sie sich schon viel weiter westlich befinden, auf der Suche nach seiner verschollenen Tochter in Irland.
Trotzdem verstand er Tumaaras Zweifel. Sie hatte als junge Kriegerin den Auftrag erhalten, ein Kind namens Ludmeela auszubilden und zu beschützen. Doch als ein Izeekepir das Mädchen angegriffen hatte, war sie nicht zur Stelle gewesen, sondern hatte sich mit einem Botengänger aus einem anderen Stamm vergnügt. Sie konnte nur noch den blutverschmierten Izeekepir stellen und töten.
Aus Scham und Verzweiflung war Tumaara geflohen und hatte schließlich in Rooma eine neue Heimat gefunden. [2] Aber nie hatte sie die Sehnsucht nach ihrer alten Heimat überwunden. Als sie Aruula traf, hatte die sie überredet, auf die Dreizehn Inseln zurückzukehren, um sich den Dämonen der Vergangenheit zu stellen. Aruula hatte angeboten, mit Königin Lusaana zu reden, damit diese ein gutes Wort bei der Stammesfürstin von Tumaaras Sippe einlegte.
»Die Sonne kommt heraus«, sagte Aruula in die Stille. Tatsächlich setzte der Regen aus und dampfender Nebel stieg vom nassen Sand auf. Er gab der Insel einen mystischen Hauch. Sonnenstrahlen fielen über Baumkronen und Felsen. Ein weißer Falke kam vom Inneren der Insel her und zog hohe Kreise.
Der Sturm war so schnell verschwunden, wie er aufgezogen war. Matt dachte an die nordamerikanischen Blizzards seiner Zeit, die weit ins Land hinein getrieben wurden und sogar Florida mit Kälte und Schnee heimgesucht hatten.
»Ich bin zu Hause«, flüsterte Aruula ergriffen. Sie drückte Matts Hand und trat aus dem Schutz der Felsen hervor. »Lasst uns zur Siedlung gehen.«
Die anderen folgten ihr. Tumaara wirkte zwar noch immer nicht überzeugt, freundlich empfangen zu werden, aber sie schien sich ihrem Schicksal stellen zu wollen.
Matt führte eine der Andronen am Zügel und genoss die warmen Sonnenstrahlen, die die Kälte von seiner Haut nahmen. Immer wieder sah er verstohlen in Aruulas Gesicht, das vor Freude strahlte. Es war das erste Mal, dass Aruula im Frieden nach Hause kam - ohne einen Auftrag zu haben oder in unmittelbarer Gefahr zu schweben. Er wusste, wie sehr sie sich auf das Wiedersehen mit ihrer Königin freute, und er gönnte ihr dieses Zusammentreffen von Herzen.
Sie waren mehrere hundert Meter weit gegangen, als Matt eine Frau entdeckte. Sie stand am Wegrand und war in eine einfache Lederrüstung mit Helm gekleidet. Ihre Gestalt war massig und ließ Matt unwillkürlich an eine Walküre denken. In ihrer Hand ragte eine Lanze auf, auf die sie sich stützte. Der silberne Lanzenkopf blinkte im Licht. Ihr Körper war reglos… wie der einer Statue!
Ein eisiger Schreck durchfuhr ihn. War ihnen das Grauen der Schatten auch an diesen Ort vorausgeeilt? War die Kriegerin zu Stein erstarrt, wie so viele andere, denen sie in den letzten Monaten begegnet waren?
Matt kniff die Augen zusammen und atmete erleichtert aus. Unter dem Helm quoll eine lange blonde Haarsträhne hervor, die leicht im Wind schwang. Nein, die Fremde war nicht versteinert. Sie war ein Mensch aus Fleisch und Blut. Jetzt regte sie sich, richtete sich zu voller Größe auf.
Da Aruula vor Ergriffenheit kein Wort herauszubringen schien, übernahm Matt die Begrüßung.
»Eja tweeno wa feesa!«, rief er der Kriegerin entgegen. »Faa tu gloriis te de seek de Wudan!«(»Ich komme in Frieden.« - »Mit dir sei Ehre und der Segen Wudans.«) Er sprach in der Sprache der Wandernden Völker, die zwar nicht die Hauptsprache der Dreizehn Inseln war, aber von den Kriegerinnen ebenso verstanden und benutzt wurde.
Die Kriegerin trat einen Schritt vor und antwortete im selben Idiom. »Wer seid ihr?«
»Mein Name ist Maddrax und das neben mir ist…«
»Aruula!«, unterbrach die Frau ihn mit einem überraschten Aufschrei. »Das
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