28 - Im Lande des Mahdi II
du genug gehört. Willst du noch leugnen?“
„Effendi, wie viele Asaker befinden sich jetzt hier bei dir?“ fragte der Feigling.
„Mehr als genug, um euch zu vernichten. Wir kamen eine Stunde vor euch hier an und haben die Höhen und, wie du bemerkt hast, auch den Eingang des Kessels so besetzt, daß nicht ein einziger von euch zu fliehen vermag. Du, der Anführer, bist bereits gefangen. Wenn du deinen Leuten befiehlst, ihre Waffen auszuliefern und sich uns zu ergeben, so will ich meinen Einfluß bei dem Emir für dich verwenden, daß deine Strafe eine möglichst milde wird.“
„Allah 'l Allah! Die Waffen abliefern! Sich ergeben! Vierzig Mann!“
„Ja, das klingt freilich anders als vorhin, da ihr so siegesgewiß bereits die Beute verteiltet! Beantworte meine Frage! Ich habe keine Zeit. Sag ja, so erhaltet ihr wenigstens das Leben; sag nein, so schießen wir euch alle über den Haufen!“
„Effendi, sei gütig, sei gnädig! Laß mich die Zahl deiner Leute sehen!“
„Du glaubst mir nicht? Ich lüge nicht; das muß dir genug sein.“
„Oh, du bist schlau! Was du nicht durch Gewalt fertigbringst, das suchst du durch List zu erreichen. So wird es auch hier sein, denn – o Allah, o Mohammed! Da haben wir's! Da geht es schon los!“
Vom Kessel herab erklang ein wüstes Geschrei. Schüsse knallten; dann wurde es ebenso plötzlich ruhig.
„Da hast du den Beweis der Wahrheit meiner Worte“, sagte ich. „Komm! Du wirst meinem Körper als Schild dienen. Wenn jemand auf mich schießt, trifft die Kugel dich. Das merke dir!“
Ich zog ihn mit mir fort, wieder das Regenbett hinauf. Am Eingang des Kessels standen die acht Asaker, die Gewehre schußbereit in den Händen. Der Tag graute; man konnte jetzt zur Genüge sehen. In jenen Gegenden bricht der Tag ebenso schnell herein wie die Nacht.
„Was hat's gegeben; warum ist geschossen worden?“ fragte ich.
„Da es hell geworden ist“, antwortete man mir, „wollten einige drin im Kessel emporklettern; unsere Leute verboten es von oben herab, und da nicht gehorcht wurde, so haben sie geschossen.“
„Wie steht es drin? Es ist ja schnell still geworden!“
„Die Sklavenjäger haben sich unter die Büsche verkrochen.“
„Da siehst du, welchen Mut deine Helden besitzen“, sagte ich zu dem Scheik. „Komm mit herein! Beim geringsten Anlaß aber stoße ich dir das Messer in den Leib.“
Ich hatte das Messer in der Rechten, nahm ihn mit der Linken beim Genick und schob ihn vor mir her, in den Kessel hinein. Auf einem Wink folgten mir die neun Asaker.
„Nun schau einmal da hinauf, und siehe dir die Flinten an!“ forderte ich den Scheik auf.
Die Asaker steckten hinter Felsen oder hatten Steine vor sich aufgebaut. Man sah von ihnen nichts als die Läufe ihrer Flinten, welche von allen Seiten nach unten gerichtet waren. Ein Blick auf die Büsche brachte mich beinahe zum Lachen, obgleich meine Lage keine ungefährliche war. Wie leicht konnte einer auf mich schießen! Aber es gab keinen, welcher den Mut dazu hatte. Sie wußten übrigens noch gar nicht, von wem sie eingeschlossen waren; sie hatten nur die Gewehrläufe gesehen und sich sofort versteckt. Als ob die Büsche sie hätten schützen können. Hier sah ein Arm, ein Ellbogen, dort ein Schuh, ein nackter Fuß unter dem Grün hervor, sie alle lagen still; keiner regte sich.
„Wo hast du denn deine Helden?“ fragte ich den Scheik. „Fordere sie doch einmal auf, hervorzukommen und sich zu verteidigen!“
„Der Effendi, der fremde Effendi!“ klang es unter den Büschen heraus.
„Ich gebe dir nur eine Minute Zeit“, fuhr ich fort. „Hast du sie bis dahin nicht aufgefordert, die Waffen auszuliefern, so bekommst du das Messer bis an das Heft in den Leib.“
„Werde ich begnadigt?“ fragte er.
„Ich verspreche dir Milde. Mehr kannst du nicht verlangen. Die Gnade steht beim Raïs Effendina. Schnell, schnell, ehe die Minute vergeht!“
Er wandte sich unter meinem Griff hin und her, ich hob das Messer wie zum Stoß, da schrie er voller Angst:
„Laß mich los, Effendi! Ich werde tun, was du von mir forderst.“
„Von Loslassen ist keine Rede, denn du bist mein Gefangener. Befiehl deinen Leuten, einzeln hierher zu kommen, um die Waffen abzugeben und sich binden zu lassen, so wie du auch selbst gebunden wirst. Zeigt einer nur die geringste verdächtige Bewegung oder Miene, so bekommt er von den Leuten, welche da oben liegen, eine Kugel. Nun mach rasch; ich habe keine Zeit!“
Die Todesangst
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