28 - Im Lande des Mahdi II
veranlaßte ihn, den betreffenden Befehl zu erteilen. Seine Leute gehorchten, indem einer nach dem andern unter dem Gesträuch hervorgekrochen kam. Nach Verlauf einer Viertelstunde waren sie alle entwaffnet und gefesselt. Der erste Akt des heutigen Dramas hatte sich ganz nach meiner Erwartung und ganz so, daß wir zufrieden sein konnten, abgespielt.
Nun galt es, die Ankunft meines Ben Nil mit der Karawane zu erwarten. Ich stieg das Regenbett hinab und setzte mich draußen nieder. Es verging fast eine Stunde, ehe ich sie kommen sah. Ben Nil ritt mit dem Boten, der auf dem Kamel saß, voran. Als sie mich erblickten, trieben sie ihre Tiere an, um noch vor der Karawane bei mir anzukommen.
„Effendi, wir hatten Sorge um dich“, meinte der treue Jüngling, als er sein Tier bei mir niederknien ließ und aus dem Sattel sprang. „Du kehrtest bis zum Morgen nicht zurück, und da glaubten wir, es sei dir ein Unfall passiert. Sind die Feinde in deine Hände geraten?“
„Ja. Wissen eure Gefangenen davon?“
„Nein, denn dein Bote hat leise mit uns gesprochen. Aber sie haben die Dschebel-Gerfeh-Stute gesehen und müssen sich sagen, daß sie Ibn Asl, ihrem Herrn abgenommen worden ist. Daraus können sie natürlich schließen, daß es ein Ereignis gegeben hat, welches demselben, wenn nicht gefährlich, so doch wenigstens unwillkommen gewesen ist. Wo sind die Leute, welche du ergriffen hast?“
„Sie stecken da oben in einer Schlucht. Wir werden deine Gefangenen zu ihnen bringen, die Kamele aber unter der Aufsicht einiger Leute hier unten lassen.“
Als die Karawane ankam, wurden die Gefangenen von den Kamelen gebunden; die Füße ließen wir ihnen frei, damit sie nach dem Kessel des Regenbettes laufen konnten. Man sah es ihnen an, daß der Anblick des Kameles sie mit Befürchtungen erfüllt hatte. Sie warfen auffällig forschende Blicke umher und tauschten leise Fragen und Antworten aus. Nur der Fakir el Fukara und Abd Asl gaben sich den Anschein, als ob sie nichts bemerkt hätten und sich ganz sicher fühlten.
„Effendi“, fragte der erstere, „warum werden wir hierher gebracht? Was sollen wir hier?“
„Ich will euch eine frohe Überraschung bereiten“, antwortete ich.
„Spottest du unser? Es schein, daß wir etwas Frohes von dir nie zu erwarten haben. Ich bin durch die Schuld eines der obersten der Teufel in deine Gewalt geraten, und obgleich ich dir nichts getan habe, schleppst du mich wie ein wildes Tier mit dir herum. Du bist weder Herr meiner Person noch Besitzer meiner Rechte. Ich verlange, daß du mich losbindest und mir ein Kamel gibst, wie du mir versprochen hast, damit ich in meine Heimat reiten kann.“
„Wo ist diese Heimat?“
„Für jetzt in Karthum.“
„So gedulde dich nur noch eine kleine Weile; dann wirst du in Begleitung vieler deiner Freunde nach dorthin abreisen können.“
„Ich mag keine Begleitung. Ich bin allein zu dir gekommen und will auch wieder allein gehen. Du mußt mich fortlassen, denn du hast keine Macht über mich.“
„Und über uns auch nicht!“ behauptete Abd Asl. „Woher nimmt der Raïs Effendina die Erlaubnis, dir seine Rechte abzutreten? Und wenn er dies tun dürfte, warum schleppst du uns nach allen möglichen Richtungen hier in der Steppe herum? Ich verlange, nach Karthum gebracht zu werden!“
„Dieser Wunsch wird dir sehr bald in Erfüllung gehen“, sagte ich ihm.
„Wann aber denn? Heute haben wir einen Umweg hierher machen müssen. Meinst du etwa, daß dies klug von dir gehandelt ist? Wenn du meinem Sohn begegnest, was doch sehr leicht geschehen kann, so bist du unbedingt verloren.“
„Ich bin ihm schon wiederholt begegnet, ohne verloren gewesen zu sein.“
„Du hattest ein Glück, welches du gewiß nicht wieder haben wirst. Läufst du ihm noch einmal in den Weg, so bist du von Allah gerichtet! Du weißt, wie viele Krieger er bei sich hat. Hier in der Steppe könntest du nicht gegen ihn aufkommen. Er würde dich mit deinem Häuflein zerdrücken! Der Prophet kann unmöglich dulden, daß ein Christ sich ungestraft so über uns erhaben dünkt. Das Schwert seiner Rache flammt schon über dir. Wer weiß, nach wie wenigen Augenblicken schon es dich treffen und zerschmettern wird!“
„Ich werde dir zeigen, über wem es flammt. Folgt mir jetzt diesen Weg hinauf!“
Die Kamele waren abgesattelt worden und weideten im Gras. Drei Asaker blieben bei ihnen zurück. Die andern Soldaten nahmen die Gefangenen zwischen sich und führten sie hinter mir her
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