28 - Im Lande des Mahdi II
das Regenbett empor. Es läßt sich denken, wie die letzteren erschraken, als sie, oben angekommen, vierzig Kameraden gefangen an der Erde liegen sahen. Abd Asl schrie vor Wut lauf auf und überflutete mich dann mit solchen Grobheiten und Bekleidungen, daß mein Ben Nil sich sofort der Peitsche bediente, um ihn zum Schweigen zu bringen. Die andern verhielten sich still; sie wurden alle wieder an den Füßen gebunden und zu den übrigen gelegt.
Jetzt konnte ich aufbrechen. Die zwanzig Mann, welche ich mit bei den Fessarah gehabt hatte, blieben da, um die Gefangenen und die Kamele zu bewachen; die vierzig, welche mir der Raïs Effendina gestern mitgegeben hatte, begleiteten mich. Eigentlich sollte Ben Nil die ersten befehligen; aber er bat mich so dringend, ihn mitzunehmen, daß ich ihm die Erlaubnis dazu gab. Ich konnte dem Fessarahführer und dem Alten Asaker, welcher den Befehl über seine Kameraden schon einmal geführt hatte, gar wohl das nötige Vertrauen schenken. An eine Überrumpelung war nicht zu denken, und da die Gefangenen gut gefesselt waren, so gab es gar keinen Grund, die zwanzig Asaker, deren Treue unzweifelhaft war, noch durch einen besondern Vertrauensmann überwachen zu lassen. Sie hätten sich überhaupt dadurch beleidigt fühlen können.
Es war bestimmt worden, daß ich eine Stunde nach der Morgenröte den Dschebel Arasch Qol erreichen werde. Als wir jetzt aufbrachen, war es etwas später, was aber keineswegs von Nachteil sein konnte. Ich schärfte den zurückbleibenden Asakern auf das entschiedenste ein, gute Wache zu halten, gab ihnen für gewisse Fälle, deren Eintreten immerhin im Bereich der Möglichkeit lag, bestimmte Verhaltensmaßregeln und war nun überzeugt, daß keine Unregelmäßigkeit, kein Fehler, vorkommen werde. Es war mir undenkbar, damit einen Fehler begangen zu haben, und doch hatte ich mich, wie sich später zeigte, eines zu großen Vertrauens schuldig gemacht.
Während ich mich gestern auf der Ostseite des Maijeh gehalten hatte, marschierten wir jetzt auf seiner westlichen Seite nach Norden. Der Raum zwischen ihm und dem Berg war hier von der Breite einer Viertelstunde, doch gab es verschiedene Aus- und Einbuchtungen, durch welche diese Breite zeitweilig verringert oder vergrößert wurde. Der Berg war oben kahl und nur an seinem Fuß mit Grün bestanden. Je weiter wir kamen, desto höher stieg er an und desto steiler wurden seine Felsen, auch trat der Maijeh immer weiter zu ihm heran.
Nachdem wir längere Zeit gegangen waren, näherte sich der Sumpf von rechts her so weit, daß wir stellenweise nur zu zweien nebeneinander gehen konnten. Vor uns tauchten einzelne Laubbäume auf, deren Blätter unpaarig gefiedert waren. Ich erkannte sie schon von weitem. Es waren die Gafulbäume, welche uns andeuteten, daß wir uns der Stelle näherten, an welcher wir auf Ibn Asl und seine Leute zu treffen rechneten. Als ich Ben Nil, welcher neben mir ging, darauf aufmerksam machte, sagte er:
„Wollen wir nicht halten bleiben, Effendi? Es muß einer heimlich vorkriechen, um zu erkunden, wo die Sklavenjäger stecken.“
„Das ist überflüssig. Es ist ja heller Tag.“
„Aber du hast dich auch schon bei Tage angeschlichen!“
„Weil das Terrain es mir erlaubte. Hier aber ist die Örtlichkeit, auf welcher man sich bewegen kann, zu schmal. Ibn Asl hat jedenfalls einen Posten ausgestellt. Dieser braucht nur auf den schmalen Weg zu achten, um einen etwaigen Kundschafter von uns sofort gewahren zu können. Nein, wir marschieren ruhig weiter.“
„Dann laufen wir ihnen doch gerade in die Hände!“
„Das will ich ja! Man wird keineswegs sofort auf uns schießen, sondern uns anrufen. Ibn Asl will mich lebendig haben; er hat jedenfalls Befehl gegeben, nicht auf mich zu schießen. Wenn ich also vorangehe, seid ihr sicher. Bleib mit den andern ein wenig zurück, und laß mich ungefähr dreißig Schritte weit vor euch herschreiten. Wenn ich stehen bleibe, so bleibt auch ihr so lange halten, bis ich euch befehle, heranzukommen.“
„Ich muß dir leider gehorchen, möchte aber lieber an deiner Seite bleiben, denn die Entscheidung liegt ganz nah vor uns.“
„Noch nicht. Ibn Asl wird sich nicht eher zeigen, als bis wir uns mitten in der eigentlichen Enge befinden, die wir noch gar nicht betreten haben.“
„Aber wenn der Raïs Effendina dann noch nicht zur Stelle ist!“
„So hätte es auch keine Gefahr für uns. Wir würden ihm Ibn Asl zutreiben. Zu befürchten wäre für uns nichts,
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