28 - Im Lande des Mahdi II
winseln, mußt du ihn deshalb für einen Löwen halten? Doch weiter! Er hat sich jedenfalls nach allem erkundigt?“
„Ja. Er kannte auch dich und sprach so freundlich von dir, daß unser Mißtrauen völlig schwand. Er wollte wissen, wo du seist, wo die Gefangenen sich befänden; kurz, wir mußten ihm alles, alles sagen.“
„Daß die Gefangenen da oben im Kessel des Regenbettes sind?“
„Ja. Wir mußten ihm erzählen, wie die vierzig Mann heute früh in unsere Hände geraten seien.“
„So erfuhr er auch, daß der Raïs Effendina sich hier am Maijeh befindet und wieviel Asaker er bei sich hat?“
„Auch das.“
„Sagtet ihr auch, in welcher Weise wir Ibn Asl fangen wollten?“
„Danach fragte er uns ganz besonders und eindringlich.“
„Nun, da haben gerade die richtigen Kerle für ihn dagestanden. Er konnte sie sich gar nicht dümmer und leichtgläubiger wünschen! Wo habt ihr nur eure Köpfe und Gedanken gehabt! Diesem fremden Mann alles, alles zu sagen, anstatt ihn festzunehmen und ihm bis zu meiner Rückkehr alles zu verheimlichen, wie es eure Pflicht und Schuldigkeit war! Wie sah er aus?“
„Er trug einen weißen Haïk, Effendi.“
„Seine Gestalt?“
„Er war nicht lang, aber sehr breit.“
„Sein Gesicht?“
„Es war ganz von einem schwarzen Vollbart bedeckt.“
„Dachte es mir! Weißt du denn, du Sohn, Enkel und Urenkel eines Großvaters der Albernheit, mit wem du da gesprochen und wem du diese wichtigen Dinge verraten hast? Ibn Asl war es, der berüchtigte Sklavenjäger, der Anführer unserer Feinde in eigener Person!“
„Allah w' Allah! Wäre es möglich?“
„Natürlich! Denn bei dir ist alles möglich, selbst die allerunmöglichste Kopflosigkeit, wie du ja bewiesen hast! Was tat er denn, nachdem du ihm eine so schöne und ausführliche Auskunft erteilt hattest?“
„Er verlangte mit demjenigen zu sprechen, dem du das Kommando hier übergeben hättest.“
„Gut! Weißt du denn, was eigentlich nun geschehen mußte?“
„Was, Effendi? Ich glaube, keinen Fehler gemacht zu haben.“
„Hättet ihr richtig gehandelt, so stände es jetzt hier anders. Während der eine von euch hier bei den Kamelen blieb, mußten die beiden anderen ihm die Waffen abfordern und ihn dann in die Mitte nehmen, um ihn zu dem Kommandierenden zu bringen. Habt ihr dies etwa getan?“
„Nein, das nicht.“
„Und warum nicht?“
„Weil er befahl, es sollte einer von uns gehen, um den Kommandanten zu holen.“
„Und wer ging?“
„Ich.“
„Das hat dir das Leben gerettet. Drei waren ihm doch zu viel und zu gefährlich; darum schickte er einen fort, um mit den anderen leichter fertig werden zu können. Erzähle weiter!“
„Ich ging. Ich hatte doch noch Verdacht gegen ihn und blieb, als ich mich zwischen den hohen Ufern des Regenbettes befand, stehen, um zu überlegen, ob es nicht vielleicht besser sei, ihn gleich mitzunehmen. Indem ich so darüber nachdachte, hörte ich zwei Schüsse schnell hintereinander fallen. Das war bei den Kamelen. Ich sprang auf das eiligste zurück und sah diesen Mann das weiße Hedschihn besteigen; meine beiden Kameraden aber lagen an der Erde. Wie du jetzt gesagt hast, sind sie von ihm erschossen worden.“
„Schossest du nicht nach ihm?“
„Natürlich! Ich legte mein Gewehr sofort auf ihn an und zielte nach seinem Kopf; aber die Kugel ging leider fehl, und dann war er mit dem Kamel so schnell und so weit fort, daß ihn meine zweite Kugel gar nicht erreichen konnte.“
„Wohin ritt er?“
„Dahin, woher er gekommen war.“
„Also östlich?“
„Ja; er verschwand hinter dem Sumpf.“
„Und dann?“
„Dann kam der Alte hier, denn er hatte die Schüsse auch gehört. Ich erzählte ihm, was geschehen war. Da stellte er fünf Wächter her, und wir gaben uns Mühe, die Toten aufzuwecken, haben aber, bis du kamst, keinen Erfolg gehabt.“
„Ja, jeder Dummkopf macht erst dann, wenn es zu spät ist, seine Fehler gut! Ihr seid schuld am Tod eurer Kameraden und an dem Entkommen des Sklavenjägers. Ich will nicht mit euch rechten, sondern dies dem Raïs Effendina überlassen. Ich will lieber versuchen, eure Torheit ungeschehen zu machen, obgleich ich überzeugt bin, daß dies fast unmöglich ist. Helft mir schnell, mein und Ben Nils Kamel satteln; sie sind die schnellsten von allen. Wir werden Ibn Asl nachreiten. Du aber, Alter, kehre jetzt zu den Gefangenen zurück! Da du nur zehn Wächter bei ihnen gelassen hast, könnte zu dem ersten Unfall leicht
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