28 - Im Lande des Mahdi II
freigibt und ich zu den Meinen zurückkehren kann.“
„Auch ich denke das. Aber du weißt ja, was wir wollen. Es ist möglich, daß Ibn Asl sich schon nicht mehr hier befindet. In diesem Fall müssen wir ihm nach. Jedenfalls ist diese Seribah Aliab sein Ziel, und da du dieselbe so genau kennst, würdest du uns als Führer dienen müssen.“
„Allah mag das verhüten! Was sollen meine Leute denken, wenn ich monatelang fernbleibe! Und soll ich euern Führer gegen Ibn Asl machen, welcher mein Freund ist und mir ein so großes Vertrauen schenkt!“
„Das ist ein Bedenken, welches uns jetzt noch gar nicht zu beschäftigen braucht. Ich habe diesen Fall nicht als sicher vorauszusehen betrachtet, sondern von ihm nur als von einer Möglichkeit gesprochen. Schweigen wir jetzt, und warten wir das kommende ruhig ab!“
„Ruhig!“ seufzte er. „Ja, du kannst ruhig sein, aber ich – ich –!!“
Er hatte recht gehabt; seine Mitteilung war von großer Wichtigkeit für uns, da wir nun wußten, wo Ibn Asl auf alle Fälle zu finden sein werde. Zunächst aber hoffte ich, daß er noch in Faschodah sei.
Nach ungefähr drei Stunden kehrte Hafid Sichar zurück. Er war schwer bepackt; brachte einen Anzug, die verlangten Waffen, zwei gebratene Hühner, anderes Fleisch, Teigkuchen und eine volle Flasche Raki. Wir aßen und ließen auch dem Baqquara sein Teil zukommen, wie er auch schon während des Rittes in jeder Beziehung, die Freiheit natürlich ausgenommen, uns vollständig gleichgestellt gewesen war.
Dabei war es Nachmittag geworden, vier Uhr nach unserer Zeit. Eine Stunde hatten wir bis zum Nil; um sechs Uhr wurde es Abend, also bereiteten wir uns vor, das Versteck zu verlassen. Ich hatte es in guter Absicht ausgesucht, ahnte nun aber, daß dies sehr wahrscheinlich vergeblich gewesen sei. Nach einer Stunde brachen wir auf. Ich hatte mich umgekleidet und sah nun in dem Anzug und mit dem sonnverbrannten Gesicht und den ebenso braunen Händen wie ein echter Sklavenjäger aus. Freilich, das Gesicht war nicht in ein anderes zu verwandeln; es konnte mich verraten.
Hafid Sichar hatte von dem Mudir die Uferstelle bezeichnet erhalten, an welcher wir die beiden auf uns wartenden Diener treffen sollten. Zugleich hatte mir der letztere die größte Vorsicht gegen den Sangak der Arnauten anraten lassen, da dieser ein sehr starker und gewalttätiger Mensch sei.
Natürlich hatte ich den Brief aufmerksam durchgelesen und die Überzeugung gewonnen, daß derselbe von dem Feldwebel auf der Seribah Aliab geschrieben worden sei. Er war nicht versiegelt, sondern mit einem Mehlteig verklebt gewesen, was es mir ermöglichte, ihn wieder so zu verschließen, daß es, wenigstens am Abend, schwer zu erkennen war, daß man ihn geöffnet hatte.
Es wurde dunkel, noch ehe wir an das Ufer kamen.
Wir fanden die Diener, der eine nahm die Kamele in Empfang und führte sie fort; der andere trug die Satteltaschen in das Boot und ruderte uns hinüber nach der Stadt. Zu bemerken ist der Vollständigkeit wegen, daß der Händler noch bei uns war und seine drei Esel sich bei unsern Kamelen befanden.
Als wir drüben ausgestiegen waren, führte uns der Diener zunächst nach der Kaserne, um mir dort das Haus des Arnauten zu zeigen; dann brachte er die andern nach der Wohnung des Mudirs weiter. Meine Aufgabe, die ich mir als nicht leicht vorstellte, begann.
Soviel ich in der Dunkelheit bemerken konnte, bestand das Gebäude nur aus dem Erdgeschoß und hatte nur zwei kleine, schießschartenähnliche Fenster, zwischen denen sich die schmale, niedrige Tür befand. Dieselbe war mit Eisenblech beschlagen. Einen Türdrücker, ein Schloß schien es nicht zu geben, sondern ich fühlte das aus der Tür zwei Zoll hervorragende Ende eines kleinen Hebels, mit dessen Hilfe man die jenseits befindliche Klinke emporheben konnte. Ich versuchte dies und fühlte, daß die Klinke sich hob; aber die Tür ließ sich dennoch nicht öffnen. Jedenfalls hatte man noch einen Riegel vorgeschoben. Ich klopfte also. Nach kurzer Zeit hörte ich zunächst Schritte und dann eine fragende Stimme:
„Wer ist draußen?“
„Ein Bote an den Sangak von Bahr el Dschebel.“
„Komm wieder! Er ist nicht da.“
„Ich bin hier fremd. Laß mich ein! Ich will warten, bis er kommt.“
Es blieb still. Der Mann schien sich zu besinnen; dann sagte er:
„Bleib stehen! Ich will fragen.“
Er entfernte sich. Nach einiger Zeit hörte ich wieder Schritte, und eine andere Stimme fragte:
„Ist deine
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