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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kam, schien es mir, es stände ein Kerl draußen vor dem Eingang, um zu horchen. Steigt doch einmal über die hintere Mauer, und geht in zwei Abteilungen rechts und links um das Haus nach vorn. Er verschwand, als er mich kommen hörte. Sollte er wieder zurückgekehrt sein, so nehmt ihr ihn fest und bringt ihn mir herein!“
    Dann wandte er sich links, wo wir in ein sehr gut erleuchtetes Zimmer traten, welches sein Selamlük (Empfangszimmer) zu sein schien.
    Ein Polstergestell zog sich an drei Wänden entlang, und in der Mitte lag ein Teppich. Er blieb auf demselben stehen, drehte sich nach mir um und fragte:
    „Einen Brief hast du?“
    „Ja. Von dem Feldwebel Ben Ifram.“
    „Her damit!“
    Er bekam den Brief, behielt ihn in der Hand, ohne ihn anzusehen, betrachtete mich prüfenden Auges und fragte dann:
    „Dein Name?“
    „Iskander Patras.“
    Ich wählte diesen griechischen Namen, weil ich europäische Gesichtszüge hatte und sich unter den im Sudan verwendeten Soldaten und den sich dort herumtreibenden Zivilisten viele Levantiner, also Leute auch griechischer Abkunft befanden.
    „Also ein Grieche!“ sagte er. „Wo her?“
    „Ich wurde griechischen Eltern in Kahira geboren.“
    „Christ?“
    „Ja.“
    „Ist mir gleichgültig. Was treibst du in der Seribah Aliab?“
    „Ich bin Dolmetscher. Habe mich lange bei den Negern herumgetrieben und verstehe ihre Mundarten.“
    „Das bringt Geld ein, ohne daß du Pulver zu riechen brauchst“, meinte er verächtlich. „Will sehen, was mir dieser Ben Ifram zu sagen hat.“
    Jetzt erst warf er einen Blick auf den Brief. Mir klopfte das Herz. Das Zimmer war sehr gut erleuchtet. Wenn er sah, daß er schon geöffnet worden war, so durfte ich Schlimmes erwarten. Glücklicherweise war seine Neugierde größer als seine Bedachtsamkeit; er riß den Umschlag auf, und mir wurde leichter. Er las, von mir abgewandt, steckte den Brief in die Tasche, drehte sich wieder zu mir um und fragte:
    „Kennst du den Inhalt des Schreibens?“
    „Der Feldwebel hat ihn mir nicht mitgeteilt.“
    „Aber du weißt, wer ihn bekommen soll?“
    „Doch du!“
    „Aber ich soll ihn Ibn Asl, deinem Herrn, geben. Der Feldwebel scheint, da er dir dies verschwiegen hat, kein großes Vertrauen zu dir zu haben!“
    „Wäre dies wahr, so hätte er mich nicht nach Faschodah gesandt.“
    „Hm! Aber für eine Plaudertasche hält er dich gewiß. Auf welche Weise hast du die Reise gemacht?“
    „Bis in den See No in einem kleinen Boot. Dort traf ich auf einen Noqer aus Diakin, welcher nach Karthum will und mich mitgenommen hat.“
    „Wann kam er hier an?“
    „Gleich nach Sonnenuntergang.“
    „Sonderbar! Ich war doch oben im Fluß und habe von einem Noqer nichts gemerkt!“
    „Man wollte mich hier nicht einlassen“, fiel ich schnell ein, um ihn von diesem für mich gefährlichen Gedanken abzubringen. „Ich wartete drei Stunden auf dich.“
    „So wirst du Hunger haben. Du sollst zu essen bekommen und mir dabei von der Seribah erzählen.“
    Er ging hinaus, indem er mir winkte, mich niederzusetzen. Hätte er mir doch lieber gewinkt, fortzugehen! Ich wußte ja genug; ich hatte nun erfahren, daß er die Seribah und den Feldwebel kannte und also zweifellos mit Ibn Asl in Beziehung stand. Aber konnte, durfte ich gehen? Nein; ohne seine Erlaubnis war es auch ganz unmöglich, aus dem Haus zu kommen. Ich mußte mich fügen und das Kommende meinem guten Glück überlassen.
    Freilich verursachten seine letzten Worte mir jenes Gefühl, welches einen zwingt, sich mit der Hand hinter dem Ohr zu kratzen. Ich sollte ‚essen und ihm dabei von der Seribah erzählen‘. Essen, nun, davor war es mir nicht im geringsten angst; diesen Gefallen konnte ich ihm ganz nach Wunsch erweisen; aber das Erzählen, das leidige Erzählen! Was wußte ich von der Seribah! Der Scheik der Baqquara hatte sie mir beschreiben wollen. Hätte ich ihn doch nicht gehindert! Aber auch das wäre nicht hinreichend gewesen. Dieser Arnaut konnte hundert Fragen an mich richten, zu deren Beantwortung man notwendig selbst dort gewesen sein mußte.
    Nach kurzer Zeit kehrte der Sangak zurück, eine brennende Pfeife im Mund. Ihm folgte ein Arnaut, welcher auf einem Brett einen riesigen Knochen brachte, um welchen noch einige Fleischfetzen hingen. Das waren die Reste eines ‚rindernen‘ Hinterviertels. Sie sahen aus, als ob Hunde sich um dieselben gestritten hatten. Der Mann legte das Brett auf die Mitte des Teppichs und entfernte sich dann; der

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