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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sangak befahl mir:
    „Setz dich, und laß es dir schmecken!“
    In Beziehung auf das Setzen konnte ich ihm gehorchen; aber die zweite Hälfte seines Befehles war nicht so leicht auszuführen; dennoch versuchte ich es, indem ich mein Messer zog und mich über den Knochen hermachte. Indem ich denselben zunächst an allen Seiten betrachtete, um zu erforschen, in welcher Richtung und Weise seinen sehnigen Anhängseln am besten beizukommen sei, fragte der Arnaut:
    „Seit wann befindest du dich auf der Seribah?“
    „Seit zwei Jahren“, antwortete ich, indem ich mit Anstrengung aller Kräfte arbeitete, um eine verdauliche Flechse loszubringen.
    „Wer engagierte dich?“
    „Ibn Asl selbst in der Mischrah Omm Oschrin. – Amr el Makaschef, der Scheik der Baqquara, hatte mich ihm gelegentlich warm empfohlen.“
    „Dieser? Das spricht für dich, denn der Scheik ist ein zuverlässiger Bekannter von uns. Wie geht es dem Feldwebel?“
    „Nicht gut. Die Wunde seines Beines ist aufgebrochen.“
    „Allah! Da wird er wohl sterben müssen! Was habt ihr unternommen, während Ibn Asl jetzt so lange Zeit abwesend war?“
    „Die Asaker haben fleißig geübt; ich aber war nicht da.“
    „Nicht? Du gehörst als Dolmetscher doch auf die Seribah! Wo befandest du dich denn?“
    „Ein Dolmetscher ist besser zu verwenden als nur zum Exerzieren. Ich war oben bei den schwarzen Völkern der Rohl und Schur, um einen guten Fang vorzubereiten. Ich habe dabei sehr schöne Erfolge gehabt. Der Feldwebel hat mir jetzt schon wieder einen ähnlichen Auftrag überwiesen.“
    „Jetzt? Wohin sendet er dich?“
    „Zu den Takaleh.“
    „Das ist ja die entgegengesetzte Richtung! Allerdings bekommen wir von dort jährlich zweimal Sklaven. Getraust du dich denn zu diesen Leuten?“
    „Getrauen? Ich war schon mehrere Male dort. Der Mek will mir wohl, und sein Vertrauter, den du ja auch kennst, ich meine nämlich Schedid, hat sogar innige Freundschaft mit mir geschlossen.“
    „Wie, du kennst auch Schedid, den Starken, und bist sogar sein Freund? Dann bist du allerdings ein für uns sehr brauchbarer Mann. Wie lange bleibst du hier?“
    „Ich darf mich gar nicht verweilen, denn der Noqer, mit dem ich bis zur Insel Metarieh fahren will, geht noch vor Mitternacht von hier ab.“
    „So iß schnell, damit du nicht zurückbleibst! Nimm dich aber unterwegs vor dem Schiff des Raïs Effendina in acht, und weiche ganz besonders einem christlichen Hund, einem fremden Effendi, aus, welcher von hier bis hinab nach Karthum jetzt sein Wesen treibt.“
    „Ein Christ? Ich bin ja auch Christ und habe also keine Ursache, ihm auszuweichen.“
    „Alle, alle Ursache hast du dazu, alle! Er ist ein Verbündeter des Raïs Effendina und scheint es nur auf unsere Leute abgesehen zu haben. Du scheinst noch nichts von ihm gehört zu haben, und so muß ich dir von ihm erzählen.“
    Wie froh war ich über diese Wendung des Gespräches! Es war mir gelungen, dem Arnauten Vertrauen zu mir einzuflößen; er glaubte mir. Ich hatte auch erreicht, daß er mich selbst aufforderte, schnell zu essen und dann zu gehen, um nicht die Abfahrt zu versäumen. Jetzt wollte er selbst erzählen, und ich war also der Gefahr enthoben, nach Dingen gefragt zu werden, von denen ich nichts wußte. Konnte es besser gehen? Nein! Bis zu diesem Augenblick hatte mich das Glück begünstigt; nun aber drehte es mir plötzlich den Rücken.
    Es erhob sich nämlich vorn vom Eingang her ein großer Lärm. Stimmen schrien; Türen wurden auf- und zugeschlagen; dann trat ein Arnaut herein und meldete:
    „Herr, wir haben den Kerl, welcher draußen lauschte.“
    „Bringt ihn herein!“
    „Als wir ihn ergriffen, kam gerade der fromme Herr mit seinem Freund dazu; sie wollten zu dir und scheinen ihn zu kennen.“
    Er ging nach seinen Worten hinaus. Es beschlich mich eine böse Ahnung. Ein ‚frommer‘ Herr war da? Hm! Und wer war der Fremde, den man ergriffen hatte und den der ‚Fromme‘ kannte? Doch nicht etwa gar mein Ben Nil? Es war ja möglich, daß ihn wegen meines langen Ausbleibens die Sorge um mich hierher getrieben hatte und –
    Dann wurde die Tür geöffnet, und man brachte – ihn, den eben Genannten. Ben Nil, den armen Teufel!
    Ich war aufgestanden und in die Ecke getreten, wo ich von der Tür aus nicht sogleich bemerkt wurde. Vier, fünf Kerle hatten Ben Nil gepackt; acht, neun andere folgten. Hinter diesen trat – der Mokkadem der heiligen Kadirine mit dem Muza'bir ein. Beide hatten uns bisher

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