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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Botschaft denn so notwendig?“
    „Ja. Ich habe einen Brief.“
    „So gib ihn mir! Ich werde die Luke aufmachen.“
    „Das kann ich nicht. Ich darf den Brief nur an Ibn Mulei, den Sangak der Arnauten, übergeben.“
    „So komm herein!“
    Ein schwerer, eiserner Riegel klirrte; dann wurde die Tür geöffnet. Ich sah in einen schmalen, stubenartigen Flur, welcher von einer Öllampe erleuchtet wurde. Der Mann, welcher dieselbe in der Hand hielt, trug den bekannten Anzug der Arnauten. Seine Bewaffnung bestand selbst jetzt im Innern des Hauses aus zwei Pistolen, zwei dolchähnlichen Messern und einem krummen Säbel. Aus seinem bösartigen Gesicht blitzten mich zwei dunkle Augen scharfforschend an, und in mißmutigem Ton forderte er mich auf:
    „Näher herbei mit dir! Warum kommst du bei Nacht? Hättest du nicht früher kommen können?“
    „Niemand kann eher kommen, als er da ist. Ich muß noch in dieser Nacht wieder fort, und übrigens ist mir anbefohlen worden, den Brief sofort abzugeben.“
    „Du bedienst dich eines sehr kurzen Tones, Bursche. Ich bin ein Arnaut, und meine Messer stecken niemals fest. Verstanden? Folge mir!“
    Ich war eingetreten, und er verriegelte die Tür. An den Wänden rechts und links hingen Gewehre, was dem kleinen Raum das Aussehen einer Wachtstube gab. Gegenüber dem Eingang gab es eine zweite, jetzt offenstehende Tür, durch welche er mich führte. Dahinter lag ein größeres Zimmer, von dessen Decke ein vierarmiger, tönerner Leuchter herniederhing, welcher mit seinen qualmenden Ölflammen den Raum nur spärlich beleuchtete. Jede der vier Wände hatte eine Tür. Ein Fenster gab es nicht. Unter dem Leuchter lag eine Schilfmatte, auf welcher vier wilde Gesellen hockten, die mich mit höchst unfreundlichen Blicken neugierig betrachteten. Sie würfelten. Mein Führer kauerte sich zu ihnen nieder, um das unterbrochene Spiel fortzusetzen und warf mir dabei die Worte zu:
    „Hier wartest du, bis unser Gebieter kommt. Aber schweig, und störe uns nicht, sonst schließen wir dir das Maul!“
    Man kann sich denken, daß ich von meiner Lage nicht allzusehr erbaut war. Ich befand mich an dem Ort, welcher sehr wahrscheinlich der Versammlungsort aller meiner Todfeinde war, hinter lauter eisenbeschlagenen Türen und von fünf Kerlen bewacht, welche zur denkbar wildesten Soldateska gehörten, dazu mit so armseligen Waffen, daß ich geradezu wehrlos war und mich vorkommenden Falles nur auf meine Körperkraft verlassen konnte. Meine eigenen Waffen, meinen Anzug, die Uhr, kurz mein ganzes Eigentum hatte ich Ben Nil in Verwahrung gegeben.
    Daß diese Arnauten unendlich roh waren, hörte ich aus einem jeden Wort, welches sie sprachen. Ihre Ausdrücke waren mit Flüchen gespickt, und bei jedem Wurf gerieten sie in Streit und dabei wiederholt in eine solche Aufregung, daß ich oft glaubte, daß sie die Entscheidung ihren Messern oder Pistolen anheimstellen würden. Ich wurde gar nicht beachtet, was mir freilich sehr lieb war. So verging die Zeit, eine viertel, eine halbe Stunde nach der andern. Da ich keine Uhr bei mir hatte, so wußte ich nicht genau, wie spät es war, aber ich hatte ganz gewiß drei volle Stunden in dieser Höhle gesessen, als endlich donnernd an die Tür geklopft wurde.
    „Der Sangak!“ rief der Arnaut, welcher mir geöffnet hatte und Unteroffizier zu sein schien, da ihm mein Anliegen von dem andern gemeldet worden war.
    Er stand auf, um seinem Vorgesetzten zu öffnen; auch seine Kameraden erhoben sich, ließen aber die am Boden liegenden Würfel liegen. Der Sangak durfte sehen, was sie getrieben hatten.
    Der Riegel wurde zurück- und dann wieder vorgeschoben; dann hörte ich eine leise Stimme. Der Unteroffizier meldete meine Anwesenheit; dann traten sie ein, der Sangak natürlich voran. Es gibt menschliche Gesichter, welche mit gewissen Tiertypen eine täuschende Ähnlichkeit haben; der Betreffende besitzt dann gewöhnlich die hervorragenden Eigenschaften des bezüglichen Tieres. Als ich in das Gesicht des Sangak sah, mußte ich unwillkürlich an einen Stier denken, welcher mit gesenkten Hörnern und heimtückisch blickenden Augen zum Angriff schreitet. Er warf mir nur einen kurzen Blick zu und befahl mir:
    „Komm!“
    Er schritt geradeaus durch die Tür, welche ihm der Unteroffizier aufstieß, und ich folgte ihm. Wir befanden uns im Dunkeln. Er öffnete eine andere Tür, rechts, aus welcher Lichtschein drang, und rief mit dröhnender Baßstimme hinein:
    „Heda, aufgepaßt! Als ich

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