28 - Im Lande des Mahdi II
Bemannung gefangen.“
„Dich auch mit?“
„Ja, aber es gelang mir, zu entkommen. Es war ein fremder Effendi auf dem Schiff –“
„Ah, ein fremder Effendi!“ unterbrach ihn Ibn Asl.
„Ja. Dieser Mann hatte Erbarmen mit mir, gab mir Geld und verhalf mir zur Flucht.“
„Warum gerade dir?“
„Weil – das weiß ich nicht.“
Er wußte es gar wohl, wollte aber dem berüchtigten Sklavenjäger nicht sagen, daß er auf meine Aufforderung ein aufrichtiges Geständnis abgelegt hatte.
„Jedenfalls ist es aus Freundschaft gegen dich geschehen. Das macht dich verdächtig!“
„Freundschaft? Davon kann nicht die Rede sein, da ich ihn noch nie gesehen hatte.“
„Aber später hast du ihn jedenfalls wiedergesehen?“
„Nein.“
„Lüge nicht! Du hast zugegeben, daß du Abu en Nil bist; du gestehst nun wohl auch ein, daß du einen Sohn hast, welcher Ben Nil heißt?“
„Nicht mein Sohn, sondern mein Enkel heißt so.“
„Gut, sehr gut! Wo hast du ihn zuletzt gesehen?“
„In Siut.“
„Das stimmt; das stimmt ja ganz genau! Du brauchst nun nur noch einzugestehen, bei wem dein Enkel sich als Diener befindet.“
„Das weiß ich nicht. Er ist niemals der Diener eines Menschen gewesen.“
„Nicht, wirklich nicht? Nun, so ist er es jetzt, und zwar der Diener was für eines Menschen!“
„Ich verstehe dich nicht. Ich begreife dich nicht. Warum sagst du das in einem so zornigen Ton zu mir?“
„Ah, du hörst es also, daß ich zornig bin? Aber begreifen kannst du es nicht? Wirklich nicht?“
„Ich habe keine Ahnung, warum der Name meines Enkels dich in solchen Grimm versetzen kann.“
Ibn Asl war, das hörte ich seinem Ton an, überzeugt, daß Abu en Nil alles wisse. Darum freute er sich, den Alten in seine Hände bekommen zu haben. Er antwortete höhnisch:
„Gut, ich werde es dir sagen, nur um dir zu zeigen, daß dir deine Verstellung gar nichts nützen kann. Allah hat dich zu mir geführt, und bald wirst du auch deinen Sohn bei mir sehen und diesen fremden Effendi, dem, das schwöre ich dir zu, alle Glieder einzeln vom Leibe faulen werden!“
„Allah kerihm! Was hat er dir getan?“
„Hund, glaube nicht, daß du mich täuschen kannst! Du stehst mit ihm im Bund. Du weißt alles; du kennst alle seine Taten und wirst mit ihm gleiches Schicksal haben. Meinst du wirklich, daß ich dir sagen soll, was geschehen ist? Ich habe jetzt weder Lust noch Zeit dazu. Bindet ihn und werft ihn zu den beiden anderen, die schon dort bei der Kajüte liegen!“
„Was, mich binden?“ rief der Alte aus. „Ich weiß von nichts. Ich bin in Faschodah gewesen und –“
„Schweig, sonst bekommst du die Peitsche!“ donnerte ihn Ibn Asl an. „Ich mag nichts mehr hören. Später wirst du erfahren und – auch fühlen, was geschieht!“
Abu en Nil wurde von mehreren Männern gepackt und trotz seiner Gegenwehr niedergerissen und gebunden. Dann brachte man ihn zu uns geschleift. Schon glaubte ich, Hoffnung hegen zu dürfen, daß die befürchtete Erkennungsszene ohne Gefahr für uns vorübergehen werde, denn er schien nur mit sich selbst beschäftigt zu sein und vor Zorn gar nichts als nur seine Gegner zu sehen. Da fiel sein Auge auf mich; sein Gesicht nahm einen ganz andern Ausdruck an, und:
„Effendi, du?“ rief er laut. „Ist's möglich, du bist auch gefangen?“
Ibn Asl hatte sich schon abgewendet. Er hörte diese Worte und drehte sich schnell wieder um. Aber es kam noch schlimmer, denn der Alte erblickte auch seinen Enkel und schrie auf:
„Ben Nil, mein Sohn, mein Kind, Sohn meines Sohnes! O Allah, Allah, Allah! Was ist geschehen? Was ist mit dir, daß du gefesselt bist?“
Da, ja da hatten wir es! Da war das Unglück fertig! Das waren die Folgen meiner Gutherzigkeit! Ich gestehe, daß ich in diesem Augenblick nichts sehnlicher wünschte, als in Gizeh diesen alten Plauderhannes seinem Schicksal überlassen zu haben. Der Eindruck, den seine Worte machten, war ganz so, wie ich erwartet hatte. Ibn Asl kam nicht herbeigeschritten, sondern geradezu herbeigesprungen und rief:
„Effendi? Ben Nil? Allah akbar – Gott ist groß! Was höre ich!“
„Schweig, Schwätzer! Du bringst dich und uns ins Verderben!“ hatte ich dem Steuermann noch zuraunen können; dann standen alle, die sich auf dem Deck befunden hatten, bei uns und vor uns.
„Sag's noch einmal! Wiederhole es!“ gebot Ibn Asl dem Alten. „Wer sind diese beiden Menschen?“
Meine Warnung hatte doch gefruchtet. Der Gefragte antwortete
Weitere Kostenlose Bücher