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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht. Ich sah ihm an, daß er überlegte, was er sagen solle.
    „Sprich! Wer sind sie?“ wiederholte der Sklavenhändler.
    „Wer?“ fragte Abu en Nil, jedenfalls um Zeit zu gewinnen.
    „Diese beiden, deren Namen du nanntest.“
    „Die? Die zwei hier? Die kenne ich ja gar nicht!“
    „Und soeben hast du den einen als Effendi und den anderen als deinen Enkel Ben Nil bezeichnet! Ich habe es mit meinen eigenen Ohren gehört.“
    „Die Namen habe ich genannt, aber diese beiden Männer nicht damit gemeint.“
    „Das redet dir der Teufel vor! Wie kämst du dazu, von dem Effendi und von Ben Nil zu sprechen, wenn diese es nicht wären!“
    „Das war nur ein Ausruf des Schmerzes und der Reue. Weil ich von dem Effendi und von meinem Enkel gesprochen habe, hast du mich binden lassen. Darum wiederholte ich ihre Namen.“
    „Du hast aber gefragt: Was ist mit dir, daß du gebunden bist! Wie kämst du zu solchen Worten?“
    „Ich habe damit ja mich selbst gemeint.“
    „Hälst du mich für wahnsinnig, du Sohn eines Hundes und Enkelhundes eines Hundesohnes? Holt die Peitsche! Wir wollen ihm den Mund öffnen!“
    In diesem Augenblick erklang vom Ufer der laute, erschrockene Ruf herauf:
    „O Wunder, wie sonderbar, die Fässer sind leer!“
    Ibn Asl sprang an den Schiffsrand und sah hinab. Da ich lag, war mir kein Blick nach unten möglich.
    „Die Fässer sind leer“, wiederholte man von unten herauf.
    „Seid ihr toll!“ rief er hinab. „Sie waren ja voll.“
    „Jetzt sind sie aber leer!“
    Ich hörte einen hohlen Ton, als wenn leere Fässer umgeworfen würden.
    „Maschallah – Wunder Gottes!“ schrie Ibn Asl. „Sie sind leer, wirklich leer! Wer hat das getan? Wartet, ich komme hinab!“
    Ich sah ihn vom Deck verschwinden, aber im nächsten Augenblick erschien er mit dem Kopf wieder, um unserm Wächter zu befehlen:!
    „Laß die Hunde nicht miteinander sprechen! Schlage sie auf die Mäuler, wenn sie es wagen sollten, sie aufzutun!“
    Dann stieg er vollends hinab. Der Mann, dem dieser Befehl gegolten hatte, ergriff ein starkes Stück Tau und ließ es vor unsern Gesichtern schwingen, als nicht mißzuverstehende Andeutung, daß er den möglichen Auftrag ganz wörtlich erfüllen werde. Wir schwiegen also. Ich hätte überhaupt nicht gewußt, was ich sagen sollte, um den Fehler, den der Alte begangen hatte, wieder gutzumachen.
    Die Leute schienen sich unten bei den Fässern zu versammeln, wie aus einem Gewirr von vielen Stimmen zu entnehmen war. Dann wurde es momentan still. Man schien zu untersuchen, zu beraten. Nach einiger Zeit kehrte Ibn Asl zurück; ihm folgten alle seine Leute, so daß das ganze Deck sich füllte. Aller Augen waren auf uns gerichtet, drohend, haßerfüllt und auch, wenn ich mich nicht irrte, bewundernd neugierig. Er trat zu mir, stieß mich mit dem Fuß an und sagte, indem seine Augen mich wütend anblitzten:
    „Rede die Wahrheit, du räudiger Schakal, sonst reiße ich dir die Zunge aus! Wo bist du während der Nacht gewesen?“
    Nicht zu antworten, das wäre dumm gewesen. Hätte ich auch nur eine Hand frei gehabt, so hätte ich ihm mit der Faust geantwortet. So aber mußte ich, um Mißhandlungen zu entgehen, reden:
    „Natürlich bei dir in der Kajüte.“
    „Du bist aber einmal fort bei den Fässern gewesen.“
    „Das müßte im Traum geschehen sein.“
    „Willst du es leugnen?“
    „Was man nicht getan hat, kann man nicht leugnen.“
    „Die Fässer haben Löcher!“
    „Das weiß ich auch. Ich habe noch kein Faß ohne Loch gesehen.“
    Er versetzte mir wieder einen Fußtritt und schrie:
    „Willst du etwa gar Witze machen! Du bist es gewesen, der die Löcher in die Fässer gebohrt hat. Kein anderer kann es gewesen sein!“
    „Laß mich in Ruh' mit deinen Fässern! Ich möchte wissen, weshalb ich mich mit ihnen hätte beschäftigen sollen!“
    „Um den Raïs Effendina zu retten. Nun ist mein ganzer herrlicher Plan zuschanden gemacht! Gestehe es auf der Stelle, sonst zertrete ich dich unter meinen Füßen!“
    Er holte mit dem Bein zum Stoß aus. Es ist keine angenehme oder gar ehrenvolle Situation, vor so vieler Augen am Boden zu liegen und völlig widerstandslos allen möglichen Mißhandlungen ausgesetzt zu sein. Diesen Menschen hatte ich haben wollen, und nun hatte er mich! Meine Lage bei ihm war eine ganz andere, als die seinige bei mir gewesen wäre. Er war nicht nur ein Verbrecher, ein Unmensch, sondern er war – gemein. Hatte ich denn gar keine Waffe gegen ihn? Gibt es

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