28 - Im Lande des Mahdi II
überhaupt gegen Gemeinheit eine Waffe, wenn man nicht eben auch gemein sein will? Und wenn ich der geschickteste Fechter bin, kann ich mich mit einem anständigen Florett gegen einen Menschen wehren, der mich mit der – Düngergabel anspießen will? Mein ganzes Selbstgefühl bäumte sich gegen den Gedanken auf, mich nun noch durch Leugnen retten zu wollen. Ja, vielleicht konnte es mir gelingen, ihn durch List von mir abzubringen oder wenigstens Zeit zu gewinnen; ihn zu übertölpeln, das wäre keine Schande gewesen; aber er hätte wenigstens jetzt, in diesem Augenblick, gedacht, daß ich Angst vor ihm habe, und das sollte er sich ja einbilden. Angst! Meine Lage war eine schlimme, aber noch keineswegs eine verzweifelte. Es fiel mir nicht ein, mich schon verloren zu geben; aber selbst auf die Gefahr hin, daß es mich sofort mein Leben kosten werde, antwortete ich:
„Gestehen? Nur Verbrecher, nur Sünder haben Geständnisse abzulegen. Was ich tat, war keine Sünde, kein Verbrechen.“
„So gibst du zu, es getan zu haben?“
„Ja.“
Er sah mir starr in das Gesicht. Das hatte er doch nicht erwartet.
„Ah, hört ihr's, hört ihr's?“ rief er dann. „Er ist's gewesen; er gibt es zu! Mensch, weißt du, daß du damit dein Todesurteil gesprochen hast? Warum hast du das Öl auslaufen lassen?“
„Diese Frage hast du schon selbst beantwortet.“
„Um den Raïs Effendina zu retten?“
„Ja. Ich bin sein Freund!“
„Der fremde Effendi?“
„Ja.“
„Und dieser, den du deinen Gehilfen Omar nanntest, ist Ben Nil?“
„Er ist es.“
Er trat, ganz betroffen über die Offenheit dieses Geständnisses, zwei Schritte zurück. Er war überzeugt, daß jeder andere fortgeleugnet hätte, denn seiner Meinung nach konnte in meiner Lage Rettung nur im Leugnen liegen. Er wandte sich von mir ab und seinen Leuten zu und sagte:
„Hört ihr abermals? Er bekennt es, daß er der Effendi ist. Ah, wir haben ihn; wir haben ihn! Allah sei Preis und Dank gesagt!“
Dies benutzte Ben Nil, mir zuzuraunen:
„O Effendi, warum hast du es gestanden? Nun ist alles, alles verloren!“
„Noch nicht. Sei nur guten Mutes, und laß mich machen!“
Die Leute drängten sich näher herbei, um mich recht genau in Augenschein nehmen zu können. Er trat wieder ganz zu mir heran und sagte, indem er mir höhnisch zunickte:
„Du bist ein verwegener Mensch, Effendi, ein höchst verwegener Mensch; aber du hast doch noch nicht gewußt, was es heißt, dich in meine Nähe zu wagen!“
„Pah! Was soll das weiter heißen! Ich habe noch ganz andere Dinge gewagt. Wenn dir nicht der Zufall günstig gewesen wäre, hättest du nicht entdeckt, wer ich bin. Oder bildest du dir etwa ein, daß du es deinem Scharfsinn, deiner Klugheit zuzuschreiben hast?“
„Ungeziefer, wagst du, mich zu schmähen!“ rief er, indem er mir abermals einen Fußtritt versetzte.
„Jetzt magst du mich treten; ich bin gefesselt; aber ich sage dir, daß du mir jeden Fußtritt bezahlen wirst!“
„Dir? Wann denn? Du willst dich rächen? Bist du toll?“
„Ich spreche mit vollster Überzeugung. Wie lange glaubst du mich wohl bei dir zu haben?“
„So lange, bis du vermodert bist!“
„Darüber lache ich. Bedenke, daß sich der Raïs Effendina hier befindet!“
„Verläßt du dich auf den? Hoffst du, daß er dich retten werde?“
„Allerdings.“
„So hoffe, bis du verendest! Ich kann diesen Hundesohn nun freilich nicht verbrennen, aber –“
Er wurde unterbrochen. Es entstand vom Schiffsrand her ein Gedränge. Zwischen den Leuten hindurch schob sich der Posten, den er gegen Hegasi hin ausgestellt gehabt hat. Der Mann war ganz außer Atem und meldete:
„Herr, mit dem Petroleumfeuer wird es nichts, denn der Raïs Effendina kommt nicht auf dem Fluß.“
„Wo denn?“
„Allah sei Dank dafür, daß er mir den Gedanken eingab, weiter vorzugehen, als du mir geheißen hattest! Ich stand da auf einer Stelle des Ufers, welche so hoch war, daß ich nicht nur den Fluß sehen, sondern auch über die Bäume hinweg in die Steppe blicken konnte. Und da sah ich ihn kommen.“
„Weißt du denn, daß er es war?“
„Wer könnte es sonst gewesen sein? Sie waren weit, sehr weit entfernt von mir, aber ich erkannte doch, daß sie in Uniformen gekleidet waren.“
„So sind sie es gewesen. Wie viele Köpfe zählten sie?“
„Das weiß ich nicht. Sie gingen zu zweien, und es war eine lange, lange Reihe.“
„Und wann können sie hier sein?“
„Sie müssen
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