28 - Im Lande des Mahdi II
nichts getan! Ich war euer Gast, und ihr habt mich gefesselt. Das ist ein Verbrechen, welches gar nicht vergeben werden kann.“
„Wer hat dich zu unserem Gast gemacht? Habe ich das Wort Daif (Gast) gegen dich gebraucht? Habe ich ‚Habakek‘ oder ‚Wasahlan‘, ‚Marhaba‘ zu dir gesagt?“
„Nein; aber ich habe bei euch gesessen!“
„Und dich dann wieder weggesetzt! Ich habe, wie du zugeben mußt und auch eingestanden hast, dir das Leben gerettet, und dennoch wolltest du fort, um uns an Ibn Asl zu verraten!“
„Beweise es!“
„Ich weiß es, also ist es bewiesen! Diese Undankbarkeit hat dich in Fesseln gebracht, und wenn dir diese nicht gefallen, so zanke mit dir, aber nicht mit uns!“
„Ich verlange aber meine Freiheit, und gibst du mir sie nicht sofort, so rufe ich den Fluch Allahs auf dich nieder!“
„Allah wird deinen Fluch in Segen verwandeln.“
„Und den Fluch des Propheten!“
„Dein Prophet geht mich nichts an!“
„Du wirst bald anders denken und anders sagen. Wenn du erfährst, welche Macht mir gegeben ist, wirst du mich um Gnade anwinseln!“
„Zunächst besitze ich die Macht, und zwar über dich. Über wen du später Macht ausüben wirst, ob über deinen Harem oder auch wohl über deine Hunde, das ist mir gleichgültig. Und nun schweig, sonst kommt die Peitsche über dich. Ich habe keine Lust, mich von einem Mann anbrüllen und verfluchen zu lassen, welcher sich so sehr von Allah und dessen Geboten entfernt hat, daß er sogar imstande ist, an seinem Lebensretter zum Verräter zu werden.“
„Gut, ich schweige; bald aber kommt die Zeit, und sie ist schon nah, in welcher ich sprechen werde. Dann werden Millionen auf meine Stimme hören, und du wirst der erste sein, der vor mir im Staub kriecht!“
Er legte sich wieder nieder. Er sah doch ein, daß Schweigen klüger sei als Sprechen. Abd Asl aber konnte es nicht zu derselben Erkenntnis bringen; oder stand ihm die Vorsicht nicht so hoch wie die Begierde, zu erfahren, was ich während der Zeit meiner Abwesenheit getan und erlebt hatte? Er hatte wohl geglaubt, daß ich in mein Verderben geritten sei; jetzt war ich wohlbehalten zurückgekehrt; wie konnte das geschehen? So fragte er sich. Er wollte und mußte Antwort haben, und anstatt ruhig zu warten, was ich tun oder sagen werde, fuhr er im Anschluß an die letzten Worte des Fakir el Fukara auf:
„Ja, im Staub kriechen, und auch vor mir! Du hast keine Ahnung, in welcher Lage du dich befindest und welche Gefahren dich umschwirren. Mein Sohn wird als Rächer über dich kommen und dich vernichten, wie er den Raïs Effendina vernichtet hat!“
„Ja, den hat er allerdings vernichtet!“ antwortete ich ernst, indem ich eine sehr trübsinnige Miene zeigte.
„Hat er? Hamdullillah, Allah sei Dank!“ jubelte er. „Es ist gelungen. Die Feinde sind zermalmt und werden niemals wieder erstehen!“
„Zermalmt? Nein, sondern verbrannt sind sie worden.“
„Es ist geglückt, es ist geglückt! Hört ihr es, ihr Männer, ihr Freunde, ihr Gläubigen, es ist geglückt! Ich habe es euch mitgeteilt; ich habe es euch leise gesagt. Meine Seele war voller Erwartung, ob es gelingen werde. Nun ist der Teufel mit seinen Asakern zu Staub und Asche verbrannt, und der oberste der Teufel, welcher da vor uns sitzt und es uns erzählen muß, hat die Macht verloren und wird uns freigeben müssen, denn wenn er dies nicht tut, heute gleich tut, erwartet ihn ein Klappern der Zähne, welches ohne Ende ist!“
„Verrechne dich nicht!“ warnte ich ihn im ruhigsten Ton. Darauf fuhr er, im höchsten Grad begeistert, fort:
„Mich verrechnen! Wie kann ich mich irren! Mein Sohn, der Tapferste der Tapfern, der Gefürchtetste der Gefürchteten, der Schrecklichste der Schrecklichen, hat den Raïs Effendina verbrannt und wird nun kommen, uns zu erlösen. Wehe euch, wenn er findet, daß einem einzigen von uns ein einziges Haar von seinem Haupt fehlt! Was an Qualen und Foltern nur zu erdenken ist, wird euch treffen, und ihr werdet heulen, wie die Verdammten heulen, welche auf dem tiefsten Grund der Hölle wohnen. Frei will ich sein, frei und zwar sofort! Du hast deine Ohnmacht einsehen und deine Lächerlichkeit erkennen müssen, Effendi. Laß uns los, und eile fort; fliehe, soweit dich deine Füße und die Füße deines Kamels tragen, sonst kommt das Entsetzen über dich, wie der Löwe über das Schaf, welches sich gegen die Krallen des Mächtigen nicht zu wehren vermag!“
„Daß ich vor einem Löwen nicht
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